CW-Roundtable zum mittelständischen ERP-Markt

16.01.2002

Eitel: Unsere Kundenstruktur hat sich in den vergangen Jahren stark geändert. Viele deutsche Mittelständler sind von internationalen Unternehmen übernommen worden. Dem müssen wir Rechnung tragen und unser Produktangebot internationalisieren, um solche Kunden unterstützen zu können. In Nordamerika erzielen wir bereits 20 Prozent unseres Umsatzes. In der Automobilzuliefererbranche machen wir 65 Prozent unserer Produkteinnahmen international. Dieser Dynamik bei unseren Kunden können wir uns nicht entziehen. Bei einem beratungsintensiven Geschäftsmodell ist ein Fokus auf Deutschland vielleicht möglich. Für ein Produkthaus wie Brain International ist Globalisierung dagegen ein Muss – aber mit einer Konzentration auf das Kerngeschäft, also auf bestimmte Branchen und Segmente.

Merten: Da bewegt man sich aber auf einem schmalen Grat: Wer sich nicht international aufstellt, wird vielleicht gekauft, wer aber zu aggressiv internationalisiert, übernimmt sich und geht bankrott. Da muss jeder seinen Weg finden. Daher fokussieren wir uns auf Europa.

CW: Wie internationalisieren Sie bei Proalpha?

Ernst: Zunächst einmal: Uns geht es gut. Proalpha gibt es seit 1992, und seit 1995 schreiben wir ununterbrochen schwarze Zahlen – bei einem Wachstum von über 25 Prozent im vergangenen Jahr. Einen schwächelnden Markt kann ich da nicht erkennen. Unsere mittelständischen Kunden sind international aufgestellt, daher müssen wir das auch sein. Wir halten es da mit Soft M: Eine originäre Internationalisierung ist unmöglich zu leisten. Daher gehen wir dorthin, wo auch unsere Kunden aktiv sind: nach Ungarn, Frankreich und USA. Das ist zwingend nötig. 30 Prozent unseres deutschen Geschäfts würden wir nicht machen, wenn wir nicht in diesen Ländern präsent wären.

CW: Kann man organisch internationalisieren, oder muss man zukaufen? Jaeschke: Das Dilemma der Internationalisierung ist: Man muss eine relevante Position im Heimmarkt haben, um auch außerhalb Deutschlands erfolgreich sein zu können. Daher muss man so lange fokussieren, bis das der Fall ist.

Eitel: Das sehe ich auch so. Nur wenn man eine bestimmte kritische Größe erreicht hat, kann auch das typische Nachzugsgeschäft über international aufgestellte Key Accounts stattfinden, die dann zum Beispiel ihre Produktionsstätten vor Ort mit unserer Software ausstatten. Erst bei entsprechender Masse ist auch der Support vor Ort wirtschaftlich sinnvoll zu realisieren. Zum Beispiel haben wir einen Marktanteil von 24,8 Prozent in der Automobilzulieferindustrie in Deutschland. In diesem Segment haben wir eine der wenigen erfolgreichen Akquisitionen vollzogen, indem wir in den USA einen unserer Hauptkonkurrenten gekauft haben. Das hat uns geholfen, eine relevante Marktposition in USA zu erlangen und nun auch originäre US-Kunden anzugehen.