CW-Roundtable zum mittelständischen ERP-Markt

16.01.2002

Jaeschke: Heutige ERP-Software ist noch viel zu wenig mit dem Execution-Level verknüpft. Nur die Planung von unternehmensinternen Produktionsprozessen ist nicht das, was der Kunde will. Die Software soll nämlich unternehmensübergreifend auch die Ausführungsebene verwalten. Man muss den konkreten Schalter im Leitstand kennen, sonst fliegt einem das Kraftwerk um die Ohren oder die Fertigung steht still. Heute müssen noch zu oft die Informationen, die aus den ERP-Systemen kommen, in der Fertigung durch den Vorarbeiter ausgeglichen werden. Aber diese notwendige Anpassung kann nicht ein einziger Anbieter vornehmen. Die bedarf vieler auf kleine Segmente spezialisierter Unternehmen, um das richtig zu machen.

CW: Das Differenzierungsmerkmal Ihrer Unternehmen gegenüber SAP ist also, dass Sie einen Schalter mehr als SAP kennen?

Jaeschke: Nein, dass SAP keinen Schalter kennt.

Wilhelm: Das sind zwei unterschiedliche Strategien, sich am Markt zu positionieren. Eine Standardsoftware kann nicht alles abdecken. Sonst würde sie beliebig kompliziert. Daher muss man sich entscheiden: Entweder für das Volumengeschäft, in dem man ein mehr oder weniger universelles Produkt sehr oft verkauft und dies mit Partnern auch implementiert, oder für die Suche nach einer sehr kleinen Nische, in der man ein Lösungsgeschäft betreibt.

CW: Keiner beherrscht das Volumengeschäft so gut wie Microsoft. Macht Ihnen dessen Einstieg in das ERP-Geschäft durch die Übernahme von Great Plains Sorgen?

Hertel: Noch nicht. Aber das muss man genau beobachten. Wenn ein so kapitalkräftiges Unternehmen in einen Markt eintritt, dann ist der Erfolg theoretisch möglich. Aber es besteht auch die Gefahr, dass die Übernahme nicht funktioniert. Das ist nicht selten der Fall, wenn ein kleines Unternehmen von einem großen übernommen wird.