CW-Roundtable zum mittelständischen ERP-Markt

16.01.2002

Hertel: Wir sind mit unserem Umsatzwachstum von 19 Prozent in den ersten neun Monaten zufrieden – immerhin haben wir es organisch erzielt. Sowohl auf der Umsatz- als auch auf der Ergebnisseite haben wir uns von Quartal zu Quartal gesteigert. Und die Verluste der Vergangenheit waren unvermeidlich. Wir mussten in unser Produkt und das Auslandsgeschäft investieren. Man kann sich als mittelständischer Softwarehersteller nicht mehr nur als nationales Unternehmen positionieren. Die notwendige Internationalisierung war aber teurer als gedacht. Außerdem haben wir zu spät erkannt, dass sich ein Wachstum von 50 Prozent und mehr nicht bis in alle Ewigkeit erzielen lässt. Auf der Produktseite haben wir in ERP II investieren müssen.

CW: Bei der Ausweitung des Geschäfts hat sich auch Bäurer eine blutige Nase geholt. War die Strategie, viele Mitbewerber zu kaufen, trotzdem richtig?

Reinhard: Wir waren sicher ein Kind des Neuen Marktes. Die Strategie, Mitbewerber zu kaufen, um Kunden zu bekommen, war richtig. Aber wir haben das zu schnell und zu intensiv betrieben sowie von der Management-Seite nicht aktuell genug aufbauen können. Jetzt bereinigen wir unser Portfolio und konzentrieren uns wieder auf das Kerngeschäft. Diese Aktivitäten zeigen erste Erfolge. Was uns noch Probleme macht, sind die Abschreibungen unserer Investitionen.

CW: Die Internationalisierung hat auch PSI nicht das gebracht, was Sie sich davon versprochen haben, oder?

Jaeschke: Wer am Neuen Markt ist, kann bestimmte Modetrends nicht auslassen. Sonst gerät man unter Druck durch Analysten und Banken. Dabei haben wir Fehler gemacht - die wir nun korrigieren. Internationalisierung ist trotzdem teilweise ein Muss: nämlich um Kunden auch im Ausland zu unterstützen. Das machen wir zum Beispiel in London. Es ist allerdings sehr schwer, den konkreten Bedarf hierfür zu ermitteln. Von unseren Kunden erhalten wir hier sehr diffuse Signale. Um zu wachsen, brauchen wir jedoch nicht zu internationalisieren. Das können wir auch in Deutschland.

Merten (Soft M): Für mich liegt die Wahrheit in der Mitte. Man muss sich zwar international aufstellen, aber nicht fremde Heimmärkte angehen. Den originär französischen Kunden erreichen wir als deutscher Mittelständler nur sehr schwer. Daher ist es besser, Kunden zu folgen und dadurch in anderen Märkten Fuß zu fassen. Darüber hinaus bin ich nicht der Meinung, dass für den Support eine Präsenz vor Ort nötig ist. Besser ist eine internationale Eingreiftruppe, die von Deutschland aus die Probleme in fremden Ländern löst. Anders ist der internationale Support gar nicht zu finanzieren.