Smart-Workplace-Studie 2020

Katalysator für zukunftsfähige Arbeitsplätze

02.09.2020
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Smarte und flexible IT-Arbeitsplätze sind in disruptiven Zeiten von unschätzbarem Wert. Die Pandemie hat die Entwicklung zum New Work beflügelt und Verkrustungen aufgebrochen.
Wie wird der Arbeitsplatz in Zukunft aussehen?
Wie wird der Arbeitsplatz in Zukunft aussehen?
Foto: sdecoret - shutterstock.com

Sollte die Coronakrise eines Tages ad acta gelegt sein, bleibt vermutlich eine Erinnerung an die heiße Phase: Damals hat sich innerhalb kürzester Zeit unheimlich viel verändert - zum Guten wie zum Schlechten. Die Disruption führte auch den klassischen Büroarbeitsplatz an seine Grenzen, weil viele inkrementelle Entwicklungen einfach übersprungen wurden: "Homeoffice ist für die Zukunft gesetzt", titelte die COMPUTERWOCHE im Juli 2020 über die ersten Meilensteine der Pandemiefolgen. Die Apologeten des New Work, die sich über Jahrzehnte dafür engagiert hatten, Büroarbeitsplätze in flexible Strukturen einzubetten. wurden von Corona einfach rechts überholt.

Kein Wunder, dass moderne Arbeitsplätze und Mobilitätskonzepte einen hohen Stellenwert in Unternehmen genießen - lediglich der Dauerbrenner IT-Sicherheit mit seinen Facetten rangiert höher auf der Agenda. Dies ist ein Ergebnis der aktuellen COMPUTERWOCHE-Studie "Smart Workplace 2020", deren Daten in der Hochphase der Pandemie erhoben wurden. Im Fokus: der Status quo beim Arbeitsplatz der Zukunft sowie die Corona-Auswirkungen auf die Entwicklung. Dabei kam unter anderem heraus, dass speziell kleinere Organisationen auf den New Workplace setzen - sei es, um sich vom Feld abzuheben oder um Defizite zu den Konzernen auszugleichen. Zudem gaben gut 40 Prozent der Firmen an, eine übergreifende Strategie für neue Arbeitsplatz- und Mobilitätskonzepte zu haben; ähnlich viele verfügen über Strategien für einzelne Abteilungen oder Bereiche.

Moderne Arbeitsplätze und Mobilitätskonzepte haben einen hohen Stellenwert in den Unternehmen.
Moderne Arbeitsplätze und Mobilitätskonzepte haben einen hohen Stellenwert in den Unternehmen.
Foto: IDG Research Services / Jutta Weber-Vidal

Vielschichtige Workplace-Herausforderungen

Des Pudels Kern ist die Aufgabe, bestehende Bremsen zu lösen - und davon gibt es einige in Technologie und Organisation. Wichtigstes Tätigkeitsfeld ist die IT-Infrastruktur. Hier zeigt die Studie, dass Corona in dem Bereich viele Defizite erst ans Licht gebracht beziehungsweise verschärft hat, beispielsweise durch zusätzliche Homeoffice-Anforderungen. Zudem ist die IT-Infrastruktur aus Sicht der Unternehmen selbst die größte technische Herausforderung für New Work - nachdem sie über Jahrzehnte bezüglich Effizienz und Effektivität optimiert wurde. Weiteren Handlungsbedarf gibt es in den Prozessen und der IT-Sicherheit mit ihren verschiedenen Facetten. Allerdings sei dahingestellt, inwieweit sich die Ergebnisse unterscheiden würden, wäre die Frage einen Monat vor Ausbruch der Pandemie gestellt worden. Dass eine schnelle Mobilisierung der Mitarbeiter in einer traditionell aufgestellten IT-Infrastruktur an Grenzen stößt und Bruchstellen in Prozessen und der Sicherheit aufdeckt, überrascht nicht.

Zur Studie "Smart Workplace 2020"

Auf dem Weg zum Arbeitsplatz der Zukunft warten auch organisatorische Aufgaben wie die Weiterbildung der Mitarbeiter, neue Arbeitszeitmodelle sowie Verbesserungen bei der Akzeptanz, in den Hierarchien sowie den Workflows. Und an Kultur und Architektur könnte man doch auch mal Hand anlegen. Darüber hinaus sind viele Unternehmen selbstkritisch. Sie berichten von Lücken beim IT-Check der vorhandenen Büroarbeitsplätze und dem Abgleich mit den Anforderungen für den Future Workplace: Zwar sind Technologien, Geräte und Lösungen an vielen Stellen schon eingeführt, allerdings ist der Bedarf noch längst nicht überall gedeckt. Da ist es versöhnlich, dass gut 85 Prozent der Mitarbeiter grundsätzlich zufrieden mit der technischen Ausstattung ihres Arbeitsplatzes sind. Darüber hinaus hat Corona die Digitalisierung zumindest einiger Prozesse und Funktionen in der Wertschöpfungskette angetrieben; fast drei von vier Unternehmen sehen hier Fortschritte.

Lückenbehaftete Collaboration Tools

Dies gilt indes nicht für die eingesetzten Anwendungen, mit denen die Zusammenarbeit gefördert werden soll. Gerade einmal in 38,3 Prozent der Unternehmen werden vorhandene Conferencing Tools den Anforderungen gerecht – „im Großen und Ganzen“. Ein klarer Trend nach Größe oder Umsatz der Organisation lässt sich nicht herauslesen. Bei den Workgroup-Anwendungen sieht es noch etwas düsterer aus, weniger als ein Drittel der Firmen ist damit zufrieden. Über die Gründe kann nur spekuliert werden – IT-Infrastruktur, Funktionsumfang, Prozesse, Nutzerfreundlichkeit, Training, die Kultur sowie das Mindset der Anwender fließen in das Urteil ein. Lediglich jede fünfte Organisation hält ihr Social Intranet für geeignet, um die Anforderungen zu erfüllen. Gerade für die Mobilisierung der Mitarbeiter und die Remote-Zusammenarbeit wäre ein besserer Wert angebracht.

Conferencing und Workgrouping Tools sind die meistgenutzen Tools.
Conferencing und Workgrouping Tools sind die meistgenutzen Tools.
Foto: IDG Research Services: erdenbuerger - kreative kommunikation

Auch die Mitarbeiter sind nur bedingt zufrieden damit, wie berufliche Anforderungen durch vorhandene Workplace Tools abgedeckt werden. Allerdings unterscheiden sich die Schwerpunkte der Kritik von denen der Unternehmen. So fallen die Werte für den Nutzen von Tools für Conferencing, Workgrouping und Social Intranet teils deutlich besser aus als die Selbsteinschätzung der Firmen. Bei Self-Service-Management und Online-Projektmanagement ist es indes umgekehrt. Und generell fallen die Noten immer noch nicht gut aus – ob nun 30 oder 40 Prozent der Befragten finden, dass die Anforderungen durch ein Tool im Großen und Ganzen erfüllt werden, so ist dies kein Nachweis einer umfassend gelungenen User Experience.

Die Liste der Aufgaben ließe sich beliebig fortsetzen, und es ist kein Wunder, dass etwa ein Drittel der Organisationen unzureichende Akzeptanz bei Mitarbeitern sowie fehlende personelle (IT-)Ressourcen für den Modernisierungsprozess beklagt – abgesehen vom Budget, das durch Corona in den meisten Fällen geschrumpft sein dürfte. Im Gegenzug locken aber auch viele Ziele, die mit neuen Arbeitsplatz- und Mobilitätskonzepten angepeilt werden können. Aus Sicht der Unternehmen ist etwa beabsichtigt, die Kommunikation, Zusammenarbeit, Kundenzufriedenheit und Unternehmenskultur zu verbessern, aber auch Flexibilität, Agilität und Produktivität sollen durch New Work profitieren. Hinzu kommen noch mehrere weitere Baustellen in den Unternehmen, deren Verbesserung allein für sich genommen schon ein großer Erfolg wäre.

Die Weiterbildung von Mitarbeitern und neue Arbeitszeitmodelle sind die größten organisatorischen Herausforderungen.
Die Weiterbildung von Mitarbeitern und neue Arbeitszeitmodelle sind die größten organisatorischen Herausforderungen.
Foto: IDG Research Services: erdenbuerger - kreative kommunikation

Change Management meets War for Talents

Das wichtigste Argument für New Work ist aber die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern mit zukunftsfähigen Kompetenzen. Über 50 Prozent der Unternehmen sowie 45 Prozent der befragten Mitarbeiter stimmen der These grundsätzlich zu, dass ihre Organisation nur mit einem modernen Arbeitsplatz und attraktiven Arbeitsbedingungen eine Chance im "War for Talents" hat. Hier zeigt sich erst nach einer gewissen Zeit, wie stichhaltig das Argument tatsächlich ist – sollte die Wirtschaft weiter massiv einbrechen, entwickelt sich der Kampf um die Talente zu einem Scharmützel.

In jedem Fall ist Homeoffice nur der Fokuspunkt einer ganzen Palette von Veränderungen rund um den IT-Arbeitsplatz, die schon vor Corona angestoßen wurden – und die kein Projektende haben. Es geht um Vernetzung, Enablement, Flexibilität, Selbstbestimmung sowie die Wertschätzung von Kompetenzen und den eigenen Wertbeitrag als Mitarbeiter. Und auch darum, immer und überall auf Daten zugreifen und mit Kollegen kommunizieren zu können – ohne technische Probleme und Prozesse, die in einer Sackgasse enden.

Die Studie zeigt auch, dass Unterstützung für den Wandel in weiten Teilen der Belegschaft gegeben ist, wenn Unternehmen sich im Gegenzug flexibler und digitalisierter präsentieren. Die Ausgangssituation ist gut, über 43 Prozent der Mitarbeiter haben eher die Vorteile der Veränderung im Blick. Ähnlich groß ist der Anteil derjenigen, die eine neutrale Einstellung aufweisen. Die notwendigen Investitionen speziell in die IT passen auch zu den Anforderungen aus der Krise.

So sind traditionelle Betriebs- und Beschaffungsmodelle nur selten flexibel genug, um in Extremsituationen wirtschaftlich zu reagieren. Die Cloud und virtuelle Meetings können einfach besser skalieren als Büroraum und Softwarelizenzen. Hier gibt die Pandemie einen starken Impuls für Veränderungen, die weit über den Arbeitsplatz und die Streitfrage um Homeoffice hinausgehen. Flexibilität ist auch langfristig die richtige Direktive – schließlich ist nicht davon auszugehen, dass Corona die letzte Disruption der Wirtschaft gewesen ist.

Zur Studie "Smart Workplace 2020"

Die aktuelle Studie "Smart Workplace 2020" gibt es jetzt im COMPUTERWOCHE-Studienshop.
Die aktuelle Studie "Smart Workplace 2020" gibt es jetzt im COMPUTERWOCHE-Studienshop.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Studiensteckbrief

Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner

Platin-Partner: Dell Technologies

Gold-Partner: Jabra; Telefónica

Silber-Partner: Placetel – Cisco Systems GmbH

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Stichprobenziehung in der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media; persönliche E-Mail-Einladungen zur Umfrage

Gesamtstichprobe: 583 abgeschlossene und qualifizierte Interviews; Stichprobe 1 - Unternehmenssicht: 306; Stichprobe 2 - Arbeitnehmersicht: 277

Untersuchungszeitraum: 22. bis 29. Juni 2020

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern

Durchführung: IDG Research Services