Von API bis Two-Speed-IT

Glossar für die digitale Transformation

01.02.2017
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Startup Safari

Im Zuge der Digitalisierung legen traditionelle Unternehmen großen Wert auf einen intensiven Austausch mit Startup-Unternehmen. Sie möchten von deren Innovationskraft und Kreativität profitieren und sich daran erinnern, wie schnell und agil kleine Unternehmen ohne bremsenden Verwaltungsapparat und lähmende Abstimmungsprozesse sein können. Also besuchen sie Startups im Silicon Valley oder auch in London und Berlin.

Sie lassen sich in solchen Startup-Safaris vom Spirit der jungen Unternehmen inspirieren und hoffen, einen Teil dieser Erfahrung im eigenen Konzern umsetzen zu können. Startups, aber ebenso Inkubatoren, Accelerators und Investment-Funds öffnen ihre Tore meistens gerne: Sie versprechen sich Auftraggeber aus der Old Economy, Partnerschaften und Finanzspritzen.

Two-Speed-IT

Große Konzerne haben ihre IT-Organisationen in der Regel so aufgestellt, dass die geschäftskritischen Systeme sicher, belastbar und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend laufen. Das aber ist nicht die Organisationsform, die innovative IT-Initiativen begünstigt, wie sie im Zuge der digitalen Transformation immer häufiger nötig werden - weil der Kunde mit seinen Wünschen den Takt vorgibt und nicht irgendwelche Backend-Systeme.

Um hier schneller und kreativer zu werden, gehen manche Unternehmen dazu über, das Management und die Steuerung der kundenzentrierten Frontend-Systeme von der des Backends zu entkoppeln. Es entsteht eine reaktionsfähige, kundennahe IT und eine stabile, sichere Basis-IT, die sich nicht schnell verändert. In der schnellen IT gilt es, das Feedback der Kunden systematisch in die Produktentwicklung zu integrieren und die Ergebnisse schnell und fortlaufend zu evaluieren. Online-Händler können hier als Vorbild dienen.

In der Backend-IT können Unternehmen ihre für viele Teile des Business bewährten Strukturen bewahren und sich trotzdem für Neues wappnen. Im Idealfall stellt der Two-Speed-Ansatz also das Beste aus beiden Welten bereit. Voraussetzung ist allerdings, dass alle Beteiligten konsequent an einem Strang ziehen. Nach Ansicht der Management-Beratung McKinsey liegt die größte Herausforderung darin, sich darüber zu einigen, wo die Grenzen innerhalb einer Two-Speed-Organisation zu ziehen sind.

Die IT der zwei Geschwindigkeiten, auch bimodale IT, ist in den vergangenen Monaten immer mehr in die Kritik geraten. Warum, das hat das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" treffend beschrieben: Man stelle sich zwei Züge auf unterschiedlichen Schienen vor - ein Personenzug, der mit 200 Stundenkilometern rast, und einen vollgepackten Güterzug, der es auf 60 Stundenkilometer bringt. Das funktioniert schnell und effizient, solange sich beide voneinander unabhängig bewegen. Probleme entstehen, wenn die Passagiere des High-Speed-Zugs immer wieder an die Ladung des Güterzugs heranmüssen. Dann muss an jeder Station auf den Güterzug gewartet werden - das Tempo der langsamen IT dominiert.

Kritiker monieren auch, dass innerhalb der IT-Bereiche eine Zweiklassen-Gesellschaft entstehen kann, in der nur ein Teil der Belegschaft mitgenommen wird in die digitale Zukunft. Befürworter der Two-Speed-IT kontern allerdings, dass eine solche Zwei-Klassen-IT heute auch schon in vielen normalen IT-Organisationen zu finden ist, da nicht alle Spezialisten flexibel oder interessiert genug sind, sich mit anderen Themen als den ihnen bekannten zu beschäftigen. Siehe auch: In 8 Schritten zur bimodalen IT.