Von API bis Two-Speed-IT

Glossar für die digitale Transformation

01.02.2017
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Deep Learning/Machine Learning

Maschinelles Lernen ist eine "Revolution in der Künstlichen Intelligenz", wie das Fraunhofer Institut IAIS schreibt. Demnach handelt es sich um eine "Methode der Informationsverarbeitung mit künstlichen neuronalen Netzen", die zu Durchbrüchen in der Bilderkennung, der Sprachverarbeitung (Siri), der Interpretation von Geräuschen oder der Robotik geführt hat. Voraussetzung ist ein großer Datenbestand (Big Data), anhand dessen neuronale Netze trainiert werden können, und ausreichend Rechenpower, die heute beispielsweise in der Public Cloud zur Verfügung steht.

Deep Learning und Machine Learning gehören zu den umstrittenen Technologien, da sie vermutlich einen Teil der menschlichen Arbeit ersetzen werden. Das Erkennen gesprochener Sprache oder das Kategorisieren von Bildern waren bislang Aufgaben, die Menschen vorbehalten waren. Andererseits bieten sich gewaltige Chancen, etwa wenn in der Medizin 3D-Aufnahmen eines Tumors bis ins letzte Detail analysiert und so Auffälligkeiten frühzeitig entdeckt werden können.

Besonders aktiv im Entwickeln und Zukaufen von Lösungen für maschinelles Lernen sind Facebook, Google, Amazon, Microsoft und vor allem Salesforce. Der CRM-Spezialist hat mit PredictionIO, Tempo AI, Einstein und MetaMind Unternehmen übernommen, um die eigene Plattform mit mehr Intelligenz anzureichern. Salesforce-Anwender sollen ihre Kunden automatisiert und dennoch persönlich ansprechen können. Sie sollen Trends und Stimmungen frühzeitig entdecken und Maßnahmen vorausschauend in die Wege leiten können.

Design Thinking

Design Thinking ist ein aus dem Industriedesign abgeleitetes Konzept, um innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Der Ansatz orientiert sich am Kunden: Die Bedürfnisse einer zu adressierenden Zielgruppe werden identifiziert und interpretiert, um daraus Ideen zu entwickeln. Mithilfe von Prototypen, die schon in einer sehr frühen Phase entstehen, werden die Ideen ausprobiert. Es gilt, frühzeitig Einsichten zu gewinnen, um den anfänglichen Kurs jederzeit korrigieren zu können.

Dadurch, dass in Design-Thinking-Projekten interdisziplinär zwischen Abteilungen und Hierarchieebenen zusammengearbeitet wird, gelingt es, das Wissen und die Lösungskompetenz im Team auf eine breite Basis zu stellen und individuelle Erfahrungen Einzelner einzubringen. Neben der sprachlichen Kommunikation spielen dabei flexible Räumlichkeiten, etwa durch mobile Trennwände, und Arbeitsmaterialien für die Dokumentation eine Rolle. Man möchte das Wissen und die Gedanken aller sammeln und möglichst breit sichtbar machen.

Der Design Thinking Process besteht laut Stanford University aus den sechs Phasen Understand, Observe, Point-of-view, Ideate, Prototype und Test. Man beginnt also, gemeinsam das Problemfeld zu verstehen, um im Anschluss daran die Zielgruppe mit ihren Bedürfnissen zu beobachten und zu befragen. Die dabei gewonnenen Einsichten werden zu einem Gesamtbild (Point-of-view) verknüpft, wobei das entstandene Wissen visualisiert und kommunizierbar gemacht wird.

Mit Kreativitätstechniken wie Brainstorming gilt es nun, möglichst viele Ideen zu generieren (Ideate), deren Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit ebenfalls bewertet wird. In der Prototype-Phase werden die Ideen ausprobiert und gegebenenfalls weiterentwickelt. Prototypen können beispielsweise eine App, ein Papiermodell, ein Rollenspiel oder Ähnliches sein. Werden die Prototypen fertig, erfolgt der Dialog mit der Zielgruppe (Test). Er wird akzeptiert, korrigiert oder verworfen.

DevOps

Agile Entwicklungsmethoden sind nur die eine Seite der Medaille, wenn es gilt, zeitnah zu guten Softwarelösungen zu gelangen. Die andere Seite ist ein IT-Betrieb und eine Systemadministration, die ebenfalls schnell und agil sein müssen - damit die gewonnene Zeit für betriebliche Aufgaben nicht wieder verloren geht. Unter dem Begriff "DevOps" werden Ansätze und Tools zusammengefasst, die eine Verzahnung von "Development" und "Operations" unterstützen sollen.

Zentrale Aspekte eines DevOps-Ansatzes sind eine effiziente Zusammenarbeit, Automatisierung sowie voll dokumentierte Prozesse und Live-Monitoring. Grundvoraussetzung ist eine funktionierende Collaboration über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg. Doch daran scheitern viele Unternehmen, da Organisationsstrukturen, Anreizsysteme und Firmenkultur einer schnellen und vertrauensvollen Zusammenarbeit von Entwicklern, Test-Engineers und IT- Administratoren im Wege stehen.

Ein erster Schritt ist die Einführung von einheitlichen und transparenten Systemen, die allen den gleichen Informationsstand bieten. Dies gilt für Code Repositories, System Management Tools sowie Application Performance Monitoring. Besonders sinnvoll ist der Einsatz von automatisierten DevOps-Prozessen beim Betrieb von eCommerce- und Digital-Workloads, bei denen eine hohe Release-Frequenz wahrscheinlich ist und die trotzdem stabil laufen müssen.

Digitalisierung

Nahezu allen Unternehmen ist heute klar, dass sie ihre Geschäftsmodelle, Prozesse und Kundenbeziehungen digitalisieren müssen, um zukunftsfähig zu bleiben. Obwohl jede Branche spezifisch gefordert ist, stehen alle vor der Herausforderung, ihre Customer Relations zu digitalisieren - etwa durch personalisierte Marketing- und Vertriebsansätze, Social-Web-Aktivitäten, Self-Service-Mechanismen, den Einsatz von Portalen, Multi-Channel-Strategien, Apps und vielem mehr.

Im Industrie- und Logistiksektor steht darüber hinaus die Digitalisierung von Produktionsprozessen und Produkten im Vordergrund, wofür Sensorik (Internet of Things), Cloud-basierte IoT-Plattformen, Beacon-Technologie, Datenbrillen und sonstige Endgeräte mit Augmented- und/oder Virtual-Reality-Fähigkeiten und vieles mehr eingesetzt werden kann. Hinzu kommen neue Chancen in Wartung, Service und Support (Smart Services), etwa wenn Ersatzteile oder Kundendienst automatisiert von Maschinen angefordert werden. Dies sind nur einige Beispiele: Jede Branche ist auf ihre Weise durch die Digitalisierung gefordert. Man denke etwa an die Versicherungswirtschaft, die über Wearables und Sensoren mehr über das Verhalten und den Lebensstil der Versicherten lernt und daraus neue Geschäftsmodelle und Tarife strickt.

Nahezu unbegrenzte Rechenkapazitäten - vor allem in der Cloud -, hohe Netzbandbreiten und Entwicklungsfortschritte in Bereichen wie Big Data und Analytics, Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Robotik sind die technischen Voraussetzungen dafür, dass die Digitalisierung so große Fortschritte gemacht hat. Nahezu jeder Mensch und immer mehr Dinge und Maschinen sind heute vernetzt und damit ortsunabhängig lokalisierbar und erreichbar. Kein Wunder, dass die Digitalisierung auch die Datenschützer vor völlig neue Herausforderungen stellt.

Für die IT-Abteilungen ist die Digitalisierung eine Herausforderung, weil die IT zentrale Bedeutung für nahezu jeden anderen Unternehmensbereich bekommen hat. Sie liefert den entscheidenden Wertschöpfungsbeitrag, wenn etwa Autos, Maschinen oder Serviceangebote "intelligenter" werden. Die Corporate IT und die oftmals von den Fachbereichen verantwortete Product IT wachsen immer mehr zusammen. Sensorik, Cloud-Angebote, Machine Learning, Analytics-Tools - all diese Hilfsmittel sorgen dafür, dass Produkte besser, Prozesse sauberer aufgesetzt und betriebliche Entscheidungen zielgenauer gefällt werden können.