Grundwissen Arbeitsrecht, Teil 2

Was Sie über Arbeitsverträge wissen sollten

30.06.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Besonderheiten

Gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB sind bei der Anwendung der §§ 305 bis 310 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Noch nicht abschließend geklärt ist, was unter den im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten zu verstehen ist. Unstreitig sind dies Besonderheiten arbeitsrechtlicher Natur. Ob dies auch für tatsächliche Besonderheiten gilt, bleibt den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes im Einzelfall vorbehalten.

Die Diskussion über Besonderheiten im Arbeitsrecht konzentriert sich schwerpunktmäßig auf Vertragsstrafeabreden (möglicher Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB), auf die Frage, ob auch die Entgeltvereinbarung nach Maßgabe von § 307 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 BGB eine Angemessenheitskontrolle zu unterwerfen ist, auf Änderung-, Freiwilligkeit-, und Widerrufsvorbehaltsklauseln (möglicher Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB) sowie auf Ausschlussklauseln (möglicher Verstoß gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB).

Vertragsstrafen in Formulararbeitsverträgen verstoßen zwar gegen § 309 Nr. 6 BGB, jedoch sollen sie auf Grund der angemessenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB grundsätzlich zulässig sein, sofern sie den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen, nur dann sind sie nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Nicht der AGB-Kontrolle sollen Regelungen unterliegen, die den Inhalt der Leistung oder das zu zahlende Entgelt selbst festlegen (str.). Hierfür spricht, dass sonst in das Weisungsrecht des Arbeitgebers eingegriffen würde und eine jahrzehntelange Übung und Rechtsprechung zu Entgeltsonderzahlungen gegenstandslos würde.

Bei Änderung-, Freiwilligkeit- oder Widerrufsvorbehalten hat das Bundesarbeitsgericht in der bisherigen Rechtsprechung solche Klauseln stets dahin interpretiert, dass der Arbeitgeber sein Widerrufsrecht nur nach billigem Ermessen, § 315 BGB, ausüben kann, und das selbst nur dann, wenn der Widerrufsvorbehalt ausdrücklich ein freies Ermessen vorsieht. Vor dem Hintergrund der Anwendbarkeit der §§ 305 bis 310 BGB ist nunmehr vorrangig die Wirksamkeit der Widerrufsklausel selbst zu überprüfen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf vertrat die Auffassung, dass eine typische in Formulararbeitsverträgen verwendete Klausel, mit der sich der Arbeitgeber den jederzeitigen unbeschränkten Widerruf von Leistungen vorbehält, gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist.

Ausschlussklauseln werden künftig einer besonders kritischen Würdigung ausgesetzt sein. Erhebliche Bedenken bestehen gegen die weitere Verwendung der weit verbreiteten, extrem kurzen Verfallfristen von einem Monat von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, da sie von dem gesetzlichen Leitbild einer dreijährigen Verjährung weit entfernt sind.