Home-Office und Impfung

Spaltung der Belegschaft - was tun?

31.01.2022
Von 
Vanessa Mauri Stephan ist Employer Branding Managerin bei COYO.
Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf das Arbeitsklima aus. Wie Firmen Konflikte und schlechte Stimmung unter Mitarbeitern vermeiden, lesen Sie hier.
Sensible Themen wie die Home-Office-Pflicht oder Corona-Impfung bergen großes Konfliktpotenzial. Für Unternehmen ist es deshalb wichtig, internen Problemen vorzubeugen oder sie rasch zu thematisieren.
Sensible Themen wie die Home-Office-Pflicht oder Corona-Impfung bergen großes Konfliktpotenzial. Für Unternehmen ist es deshalb wichtig, internen Problemen vorzubeugen oder sie rasch zu thematisieren.
Foto: Andrii Yalanskyi - shutterstock.com

Nach fast zwei Jahren Pandemie lässt sich eines sicher sagen: Die Corona-Krise hat die gesellschaftliche Spaltung definitiv verstärkt. Doch nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in deutschen Unternehmen spiegelt sich eine gewisse Spaltung in der Belegschaft wider. Hier treffen sowohl Impfgegner auf geimpfte Personen als auch Anhänger der Firmenpräsenz auf Beschäftigte, die bevorzugt im Home-Office arbeiten. Insgesamt hat das Wir-Gefühl in Firmen spürbar nachgelassen, der persönliche Austausch ist durch Remote Work vielfach weggebrochen und außerdem macht sich Unsicherheit breit - das alles begünstigt Konflikte. Doch wie sollen Unternehmen mit internen Problemen umgehen, wie lassen sich Spaltungen in der Belegschaft reduzieren und wie können Personalabteilungen dem vorbeugen?

Social Resonsibility als Teil der Unternehmenskultur

Zunächst stellt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass sich innerhalb der Unternehmen solche Spaltungen auftun. Zweifellos hat die Pandemie viel dazu beigetragen. Schien es zeitweise so, dass Corona alle gleich treffen und gerade diese Tatsache Menschen in der COVID-19-Pandemie vereinen und zusammenschweißen würde, ist eher das Gegenteil eingetreten. Home-Office-Regelungen und remotes Arbeiten tun ihr übriges. Wie es den Kolleginnen und Kollegen wirklich geht und wie deren aktuelle Arbeitslast aussieht, ist schwer einzuschätzen, wenn das persönliche Miteinander im Büro wegfällt. Auch die allgemeine Unsicherheit, wie es weitergeht, ob nun im Privaten oder im Beruf, hat viele Menschen angreifbarer und dünnhäutiger werden lassen. Dies alles geschieht vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Trends hin zu stärkerer Individualität und persönlichem Aktivismus auch im beruflichen Kontext. Mitarbeitende werden dazu ermutigt, "sie selbst" zu sein und ihre Persönlichkeit stärker einzubringen. Gruppierungen innerhalb der Belegschaft fordern seit Längerem von ihren Unternehmen Haltung zu Themen wie Social Responsibility und Umweltbewusstsein zu beziehen.

Setzt sich die Forderung durch und wird Teil der Firmenpolitik, verpflichten Betriebe alle ihre Mitarbeitenden auf diese Werte und erhoffen sich davon eine starke Unternehmenskultur. Bei COYO wird dieser Trend als äußert positiv eingeschätzt und nicht als entscheidender Hebel zur Lösung des Problems gesehen. Im Vordergrund der Unternehmensphilosophie stehen Individualität und Authentizität, getreu dem Motto: "Hire for Attitude, Train for Skills". Entscheidend für ein harmonisches Miteinander in der Belegschaft ist die Offenheit gegenüber Anderen sowie die Bereitschaft, andere Meinungen zu akzeptieren und wertzuschätzen. Bereits beim Bewerbungsprozess wird verstärkt auf diese Eigenschaften geachtet, um die Diversität in Teams zu gewährleisten. Firmenkulturen, die diese Kompetenzen kultivieren, beugen der Situation vor, dass interne Konflikte ein gravierendes Ausmaß annehmen.

Wie das Wir-Gefühl zerstört wird

Konflikte unter der Belegschaft können zahlreiche Folgen haben. In den meisten Fällen nimmt die Produktivität und Motivation der Mitarbeitenden ab, da die Konflikte während der Arbeitszeit aufgearbeitet werden. Kollegen, die anderer Meinung sind, werden häufig verurteilt und abgestempelt, was wiederum ein Gefühl der Ohnmacht, Unsicherheit und Ausgrenzung bei den Betroffenen erzeugt. Das eigentlich angestrebte Wir-Gefühl weicht so einer Gruppenbildung und schafft Gräben unter den Angestellten. Wenn das Gefühl entsteht, dass abweichende Meinungen nicht gehört oder angenommen werden, können Mitarbeiter aus Angst vor erneuter Konfrontation verschlossen reagieren. Arbeitgeber, die interne Konflikte unbeachtet lassen, müssen im schlimmsten Fall dann mit Kündigungen rechnen. Damit dieser Worst Case nicht eintritt, sollten Personalabteilungen frühzeitig vorbeugen und eingreifen. Die Herausforderung ist, allen Meinungen einen Raum zu bieten und einen respektvollen Umgang miteinander sicherzustellen - vorausgesetzt sie respektieren die Werte des Unternehmens und den gesellschaftlichen Konsens wie die freiheitlich demokratische Grundordnung. Das gilt sowohl persönlich im Büro als auch digital.

Es gibt viele Mittel und Wege, eine offene Kommunikation unter der Belegschaft zu fördern. Hier sind vor allem die Führungskräfte und Personalverantwortlichen gefragt. Zunächst ist natürlich die Wahrnehmung wichtig, Probleme und Konflikte rechtzeitig zu erkennen. In einer Company Culture, die offen gegenüber der Meinungen und Wünsche der Angestellten ist, sollte das kein Problem darstellen. Um diese Wahrnehmung zu verstärken, muss das Personalwesen eng mit Führungskräften zusammenarbeiten und in ständigem Austausch stehen. Sie sollten als Partner auf Augenhöhe auftreten und sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte unterstützen. Auch Schulungen für leitende Angestellte sind definitiv sinnvoll, denn sie helfen dabei, gemeinsam einen Code of Conduct zu erarbeiten und mit allen zu teilen. Neben der aktiven Förderung auf Führungsebene ist eine offene Feedback-Kultur das A und O. Neben Whistleblower Tools, die dazu verwendet werden können, anonym Feedback abzugeben, kann es auch helfen, regelmäßig Umfragen unter den Mitarbeitenden durchzuführen. So erlangt man ein besser Verständnis davon, was die Belegschaft beschäftigt und wo Probleme liegen oder auftreten könnten. Genauso wichtig wie Umfragen zu initiieren ist natürlich, das Feedback entsprechend aufzuarbeiten und zu teilen, damit es auch wirklich zu Veränderungen führen kann.

5 Tipps für interne Unternehmensumfragen

  • Wichtig hierbei ist die Regelmäßigkeit: Es reicht nicht, einmal im Jahr nachzufragen, da sich hier mit großer Wahrscheinlichkeit bereits Konflikte gebildet haben. Besser sind wöchentliche Umfragen oder spätestens einmal im Quartal.

  • Eine inklusive Sprache und Formulierungen entsprechend der Kulturen sind unverzichtbar.

  • Neben Inklusion ist auch entscheidend, wie die Fragen gestellt werden: Immer wertschätzend und auf Augenhöhe.

  • Die Fragen sollten wirklich relevant sein und in Bezug zum direkten Arbeitsalltag stehen: Es macht zum Beispiel keinen Sinn, erst im zweiten Halbjahr nach dem Erfolg der Q1-Ziele zu fragen.

  • Technische Tools wie Jubiwee, Officevibe oder Leapsome helfen, schnell und mit geringem Zeitaufwand die Meinungen der Mitarbeitenden einzuholen.

Abschließend ist festzuhalten, dass unterschiedliche Ansichten völlig normal und in Ordnung sind. Verschiedene Menschen haben unterschiedliche Meinungen und Bedürfnisse. Wie im Freundeskreis und der Familie gibt es natürlich auch unter Kollegen divergierende Meinungen zu gewissen Themen. Gerade in Zeiten einer Pandemie sind Konflikte teilweise unvermeidbar. Wichtig ist hierbei, wie man mit diesen umgeht: Man muss den Mitarbeitenden zuhören, offenen Austausch fördern und eine wertschätzende Feedback-Kultur aufbauen.

Hierfür sollte man Bewusstsein und Akzeptanz schaffen, und zwar indem man mit offener Kommunikation einen transparenten, ehrlichen Austausch unter der Belegschaft fördert. Daher sollte der Arbeitgeber auch aktiv Informationen zu sensiblen Themen bereitstellen. Gerade was persönliche und sensible Themen wie die Home-Office-Pflicht und Corona-Impfung betrifft, denn hier ist das Konfliktpotenzial am höchsten. Interne Konflikte zu lösen ist wichtig, denn heutzutage sind bei einem Großteil der Bewerberinnen und Bewerber der Zusammenhalt im Team sowie die persönliche Identifikation wichtige Kriterien bei der Jobwahl. Man geht nicht mehr nur arbeiten, um Geld zu verdienen, sondern möchte sich zusammen mit Gleichgesinnten persönlich einbringen und etwas schaffen, wo man mit ganzem Herzen bei der Sache ist. Die größte Herausforderung ist, allen ein Arbeitsumfeld zu bieten, in dem sie ihre Potenziale bestmöglich ausschöpfen können. Es kann durchaus helfen, in schwerwiegenden Fällen externe Beratung als Bereicherung hinzuzuziehen, um neue Impulse und Perspektiven einzubringen. (pg)