Nach fast zwei Jahren Pandemie lässt sich eines sicher sagen: Die Corona-Krise hat die gesellschaftliche Spaltung definitiv verstärkt. Doch nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in deutschen Unternehmen spiegelt sich eine gewisse Spaltung in der Belegschaft wider. Hier treffen sowohl Impfgegner auf geimpfte Personen als auch Anhänger der Firmenpräsenz auf Beschäftigte, die bevorzugt im Home-Office arbeiten. Insgesamt hat das Wir-Gefühl in Firmen spürbar nachgelassen, der persönliche Austausch ist durch Remote Work vielfach weggebrochen und außerdem macht sich Unsicherheit breit - das alles begünstigt Konflikte. Doch wie sollen Unternehmen mit internen Problemen umgehen, wie lassen sich Spaltungen in der Belegschaft reduzieren und wie können Personalabteilungen dem vorbeugen?
Social Resonsibility als Teil der Unternehmenskultur
Zunächst stellt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass sich innerhalb der Unternehmen solche Spaltungen auftun. Zweifellos hat die Pandemie viel dazu beigetragen. Schien es zeitweise so, dass Corona alle gleich treffen und gerade diese Tatsache Menschen in der COVID-19-Pandemie vereinen und zusammenschweißen würde, ist eher das Gegenteil eingetreten. Home-Office-Regelungen und remotes Arbeiten tun ihr übriges. Wie es den Kolleginnen und Kollegen wirklich geht und wie deren aktuelle Arbeitslast aussieht, ist schwer einzuschätzen, wenn das persönliche Miteinander im Büro wegfällt. Auch die allgemeine Unsicherheit, wie es weitergeht, ob nun im Privaten oder im Beruf, hat viele Menschen angreifbarer und dünnhäutiger werden lassen. Dies alles geschieht vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Trends hin zu stärkerer Individualität und persönlichem Aktivismus auch im beruflichen Kontext. Mitarbeitende werden dazu ermutigt, "sie selbst" zu sein und ihre Persönlichkeit stärker einzubringen. Gruppierungen innerhalb der Belegschaft fordern seit Längerem von ihren Unternehmen Haltung zu Themen wie Social Responsibility und Umweltbewusstsein zu beziehen.
Setzt sich die Forderung durch und wird Teil der Firmenpolitik, verpflichten Betriebe alle ihre Mitarbeitenden auf diese Werte und erhoffen sich davon eine starke Unternehmenskultur. Bei COYO wird dieser Trend als äußert positiv eingeschätzt und nicht als entscheidender Hebel zur Lösung des Problems gesehen. Im Vordergrund der Unternehmensphilosophie stehen Individualität und Authentizität, getreu dem Motto: "Hire for Attitude, Train for Skills". Entscheidend für ein harmonisches Miteinander in der Belegschaft ist die Offenheit gegenüber Anderen sowie die Bereitschaft, andere Meinungen zu akzeptieren und wertzuschätzen. Bereits beim Bewerbungsprozess wird verstärkt auf diese Eigenschaften geachtet, um die Diversität in Teams zu gewährleisten. Firmenkulturen, die diese Kompetenzen kultivieren, beugen der Situation vor, dass interne Konflikte ein gravierendes Ausmaß annehmen.
- Tipps zur virtuellen Mitarbeiterführung
Seit der Pandemie gehört virtuelle Mitarbeiterführung zu den Standartaufgaben für jeden Vorgesetzten. Wir haben die wichtigsten Learnings aus dieser Zeit zusammengefasst. - Unterschiedliche Arbeits- und Lebensumstände anerkennen
Zu den größten Herausforderungen zählen die unterschiedlichen Voraussetzungen, womit Teammitglieder bei der Heimarbeit konfrontiert sind. Nicht jeder hat ausreichenden Raum für ein separates Home-Office. Dazu kommen Ablenkungen wie Kinder, Haustiere oder bei Singles ein Gefühl der Isolation. All das hat Einfluss darauf, wie und zu welchen Zeiten Mitarbeiter ihre Aufgaben am besten erledigen können. Vorgesetzte, die offen Verständnis für individuelle Situationen zeigen, schaffen die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. - Stress-Level steuern
Permanenter Stress im Home-Office ist keine gute Voraussetzung, um kontinuierlich gute Arbeit zu leisten. Wer als Führungskraft vermittelt, dass es okay ist, nicht immer perfekt zu funktionieren, nimmt Mitarbeitern etwas den Druck in der Gewöhnung an die neue Normalität. Vielen fällt es mit dieser Gewissheit leichter, Deadlines einzuhalten und den Erwartungen zu entsprechen. - Regelmäßigen Kontakt pflegen
Ein tägliches Gespräch mit Chefin oder Chef - ist das nicht zu viel der Kommunikation? Nein, denn insbesondere bei der digitalen Mitarbeiterführung ist die Regelmäßigkeit des Austauschs entscheidend. Nur so lässt sich einschätzen, ob alles wie besprochen läuft und sich alle im Team den Anforderungen gewachsen fühlen. Missverständnisse und Fehler passieren - ähnlich wie im Büro - vor allem, wenn zu wenig kommuniziert wird. - Neue Technologien nutzen
Nur mit Personen, zu denen man regelmäßigen Kontakt pflegt, können Beziehungen entstehen. Das funktioniert im Zeitalter des digitalen Austauschs über zahlreiche Kommunikationskanäle. Moderne Videokonferenz-Tools wie Zoom, Teams, Google Meet etc. ermöglichen eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht und machen sichtbar, wie es allen Teammitgliedern geht. - Kommunikationsregeln festlegen
Dezentral organisierte Teamarbeit funktioniert am effektivsten, wenn sich alle über die Grundregeln der Kommunikation einig sind. Vorgesetzte können für klare Verhältnisse sorgen, indem sie Häufigkeit, Zweck und Timing des Austauschs und die dafür priorisierten Kanäle festlegen. Videokonferenzen sind in der Regel die erste Wahl für die tägliche Gruppenbesprechung. Gerade größere Gesprächsrunden lassen sich durch simple Tricks so strukturieren, dass auch Meetings mit hoher Teilnehmerzahl geordnet und effektiv ablaufen. Wenn es um dringliche Angelegenheiten oder Nachfragen geht, sind andere Kanäle wie Instant Messaging der bessere Weg. Unified-Communications-Plattformen ermöglichen eine Vielzahl von Anwendungen und Kommunikationskanälen. - Erwartungen definieren
Oft werden beim Übergang von der klassischen Büroarbeit ins Home-Office Aufgaben innerhalb eines Teams neu verteilt oder kommen neue hinzu. Damit Mitarbeiter diese erfüllen können, muss klar sein, was genau von ihnen erwartet wird. Manchen mag es außerhalb der gewohnten Büroatmosphäre anfangs schwerfallen, Aufträge zu priorisieren. Gemeinsam kann geklärt werden, welche Aufgaben Priorität haben und zu schaffen ist. Einfach davon auszugehen, dass jeder weiß, was zu tun ist, ist kontraproduktiv. Besser ist, von Anfang an eine Feedback-Schleife zu vereinbaren, um Erwartungen anzupassen und in den bekannten Applikationen zu dokumentieren. - Ein gemeinsames Ziel verfolgen
Teams funktionieren vor allem dann, wenn alle Mitglieder eine gemeinsame Mission verfolgen. Das dabei entstehende Gemeinschaftsgefühl hilft auch, Unsicherheiten zu überwinden und mit ungewohnten Arbeitssituationen umzugehen. Wenn jeder weiß, was er zum gemeinsamen Erfolg beiträgt, ist das die beste Motivation, Höchstleistungen zu erbringen. Erfolge sollten außerdem gewürdigt werden. - Auf die Ergebnisse konzentrieren
Wie lassen sich Engagement und Selbstverantwortung fördern? Indem Führungskräfte sich auf die gewünschten Ergebnisse konzentrieren und Teammitgliedern den Freiraum lassen, selbst einzuteilen, wie sie zum Ziel kommen wollen. Voraussetzung dafür ist ausreichend Zeit und zuvor aufgebautes Vertrauen. Ist das der Fall, lässt sich auf diesem Weg nicht nur die Kreativität der Mitarbeiter fördern, sondern auch kräftezehrendes Mikromanagement vermeiden. Virtuelle Brainstorms lassen sich beispielsweise in Breakout-Räume aufteilen. Kleinere Teams können dadurch in separaten Sitzungen arbeiten und ihre Ideen sammeln, die anschließend in der größeren Runde präsentiert werden. - Strikte Kontrollmechanismen vermeiden
Regelmäßige Kommunikation und klare Zielvorgaben sind wichtig. Sie dürfen aber nicht dazu führen, dass Mitarbeiter das Gefühl bekommen, im Home-Office überwacht zu werden. Vorgesetzte, die mehrmals täglich penible Rückmeldungen zu erledigten Arbeitsschritten einfordern, signalisieren damit fehlendes Vertrauen. Sie riskieren zudem, dass Teams den Fokus verlieren. Beratung und Betreuung sind besser als strikte Kontrolle. - Neue Team-Mitglieder integrieren
Als neues Mitglied in ein dezentral arbeitendes Team zu kommen, kann zur Herausforderung werden, weil sich die Dynamik einer Gruppe anfangs schwerer erspüren lässt. Umso wichtiger ist es, Neulingen zu Beginn ihrer Tätigkeit das Gefühl zu geben, Teil der Gruppe zu sein. Unternehmen, die bereits über längere Erfahrung in dezentralem Arbeiten verfügen, haben dies zum festen Bestandteil ihres Onboardings gemacht. - Das Wir-Gefühl stärken
Selbst in gut funktionierenden Arbeitsumfeldern kann es gelegentlich zu Unsicherheiten, Unzufriedenheit oder Ängsten der Mitarbeiter kommen. Die Aufgabe von Führungskräften besteht darin, Teams davor zu schützen. Das gelingt am besten, wenn auch die sozialen Aspekte der gemeinsamen Arbeit berücksichtigt werden. Dafür braucht es keine verpflichtenden gemeinsamen Kaffeepausen, aber von Zeit zu Zeit die Gelegenheit für einen lockeren Austausch, der Mitarbeitern das Gefühl gibt, trotz der Distanz wahrgenommen zu werden. Virtuell lässt sich der Teamgeist auch fördern, wenn zur Abwechslung mal eine Happy Hour, ein virtuelles Quizzen oder ein gemeinsames Essen per Videochat organisiert wird.
Wie das Wir-Gefühl zerstört wird
Konflikte unter der Belegschaft können zahlreiche Folgen haben. In den meisten Fällen nimmt die Produktivität und Motivation der Mitarbeitenden ab, da die Konflikte während der Arbeitszeit aufgearbeitet werden. Kollegen, die anderer Meinung sind, werden häufig verurteilt und abgestempelt, was wiederum ein Gefühl der Ohnmacht, Unsicherheit und Ausgrenzung bei den Betroffenen erzeugt. Das eigentlich angestrebte Wir-Gefühl weicht so einer Gruppenbildung und schafft Gräben unter den Angestellten. Wenn das Gefühl entsteht, dass abweichende Meinungen nicht gehört oder angenommen werden, können Mitarbeiter aus Angst vor erneuter Konfrontation verschlossen reagieren. Arbeitgeber, die interne Konflikte unbeachtet lassen, müssen im schlimmsten Fall dann mit Kündigungen rechnen. Damit dieser Worst Case nicht eintritt, sollten Personalabteilungen frühzeitig vorbeugen und eingreifen. Die Herausforderung ist, allen Meinungen einen Raum zu bieten und einen respektvollen Umgang miteinander sicherzustellen - vorausgesetzt sie respektieren die Werte des Unternehmens und den gesellschaftlichen Konsens wie die freiheitlich demokratische Grundordnung. Das gilt sowohl persönlich im Büro als auch digital.
Es gibt viele Mittel und Wege, eine offene Kommunikation unter der Belegschaft zu fördern. Hier sind vor allem die Führungskräfte und Personalverantwortlichen gefragt. Zunächst ist natürlich die Wahrnehmung wichtig, Probleme und Konflikte rechtzeitig zu erkennen. In einer Company Culture, die offen gegenüber der Meinungen und Wünsche der Angestellten ist, sollte das kein Problem darstellen. Um diese Wahrnehmung zu verstärken, muss das Personalwesen eng mit Führungskräften zusammenarbeiten und in ständigem Austausch stehen. Sie sollten als Partner auf Augenhöhe auftreten und sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte unterstützen. Auch Schulungen für leitende Angestellte sind definitiv sinnvoll, denn sie helfen dabei, gemeinsam einen Code of Conduct zu erarbeiten und mit allen zu teilen. Neben der aktiven Förderung auf Führungsebene ist eine offene Feedback-Kultur das A und O. Neben Whistleblower Tools, die dazu verwendet werden können, anonym Feedback abzugeben, kann es auch helfen, regelmäßig Umfragen unter den Mitarbeitenden durchzuführen. So erlangt man ein besser Verständnis davon, was die Belegschaft beschäftigt und wo Probleme liegen oder auftreten könnten. Genauso wichtig wie Umfragen zu initiieren ist natürlich, das Feedback entsprechend aufzuarbeiten und zu teilen, damit es auch wirklich zu Veränderungen führen kann.
5 Tipps für interne Unternehmensumfragen
Wichtig hierbei ist die Regelmäßigkeit: Es reicht nicht, einmal im Jahr nachzufragen, da sich hier mit großer Wahrscheinlichkeit bereits Konflikte gebildet haben. Besser sind wöchentliche Umfragen oder spätestens einmal im Quartal.
Eine inklusive Sprache und Formulierungen entsprechend der Kulturen sind unverzichtbar.
Neben Inklusion ist auch entscheidend, wie die Fragen gestellt werden: Immer wertschätzend und auf Augenhöhe.
Die Fragen sollten wirklich relevant sein und in Bezug zum direkten Arbeitsalltag stehen: Es macht zum Beispiel keinen Sinn, erst im zweiten Halbjahr nach dem Erfolg der Q1-Ziele zu fragen.
Technische Tools wie Jubiwee, Officevibe oder Leapsome helfen, schnell und mit geringem Zeitaufwand die Meinungen der Mitarbeitenden einzuholen.
Abschließend ist festzuhalten, dass unterschiedliche Ansichten völlig normal und in Ordnung sind. Verschiedene Menschen haben unterschiedliche Meinungen und Bedürfnisse. Wie im Freundeskreis und der Familie gibt es natürlich auch unter Kollegen divergierende Meinungen zu gewissen Themen. Gerade in Zeiten einer Pandemie sind Konflikte teilweise unvermeidbar. Wichtig ist hierbei, wie man mit diesen umgeht: Man muss den Mitarbeitenden zuhören, offenen Austausch fördern und eine wertschätzende Feedback-Kultur aufbauen.
Hierfür sollte man Bewusstsein und Akzeptanz schaffen, und zwar indem man mit offener Kommunikation einen transparenten, ehrlichen Austausch unter der Belegschaft fördert. Daher sollte der Arbeitgeber auch aktiv Informationen zu sensiblen Themen bereitstellen. Gerade was persönliche und sensible Themen wie die Home-Office-Pflicht und Corona-Impfung betrifft, denn hier ist das Konfliktpotenzial am höchsten. Interne Konflikte zu lösen ist wichtig, denn heutzutage sind bei einem Großteil der Bewerberinnen und Bewerber der Zusammenhalt im Team sowie die persönliche Identifikation wichtige Kriterien bei der Jobwahl. Man geht nicht mehr nur arbeiten, um Geld zu verdienen, sondern möchte sich zusammen mit Gleichgesinnten persönlich einbringen und etwas schaffen, wo man mit ganzem Herzen bei der Sache ist. Die größte Herausforderung ist, allen ein Arbeitsumfeld zu bieten, in dem sie ihre Potenziale bestmöglich ausschöpfen können. Es kann durchaus helfen, in schwerwiegenden Fällen externe Beratung als Bereicherung hinzuzuziehen, um neue Impulse und Perspektiven einzubringen. (pg)