IT-Sanierung ohne Scheuklappen

26.05.2003
Von 
Peter Gruber arbeitet für die Portale Computerwoche und CIO.

Doch mit der Konzeption allein ist es nicht getan. Die für das Controlling zuständige Abteilung PCS überwacht in der Folge jeden Meilenstein des Projekts auf die Einhaltung des Zeitplans, Budgets sowie der Qualitätsanforderungen. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, wird für die nächste Stufe grünes Licht gegeben. Insgesamt durchläuft ein Vorhaben von der Idee über die Realisierung und Freigabe bis hin zum Rentabiltätscheck fünf so genannte Härtegradprüfungen. Die letzte erfolgt in der Regel drei Monate nach dem Projektabschluss, um zu messen, ob das in PACT definierte Einsparpotenzial ausgeschöpft oder der prognostizierte Profit eingefahren wurde.

„Der Zyklus hat Millionen an Fehlleistungskosten gespart, die früher entstanden wären“, lobt Langkamp den Nutzen des Controlling-Verfahrens. Durch die Implementierung dieses Tools sowie des Process-Engineering-Ansatzes in der Konsolidierungsphase war die Grundlage für die Zentralisierung der ICN IT geschaffen. Im Sommer 2001 konnte Langkamp die dezentralen OI-Abteilungen dann in seine IT eingliedern und die ersonnenen Projekt- sowie Prozessmechanismen mit Leben füllen.

Konsolidierung kostet Arbeitsplätze Anschließend folgte dann im Herbst 2001 die dritte Stufe seines IT-Umbaus, die „Zellteilung“. Langkamp gliederte die zentrale IT in ein Projekthaus und den Dienstleister XS Shared Services auf. Während die eine Abteilung in Auftrag gegebene IT-Konzepte plant und realisiert, fungiert XS als Service-Provider, der die fertigen Projekte dann als Produkte an die Geschäftseinheiten verkauft. Dabei wird jedes Produkt durch eine Leistungsbeschreibung mit Name, Inhalt, Service-Level, Vertragspartner, Kosten pro Monat sowie Helpdesk-Rufnummer transparent gemacht.

Mit der Aufstellung der IT als Dienstleister hat Langkamp sein auf zwei Jahre angesetztes Sanierungsprojekt Ende März abgeschlossen und den Staffelstab an seinen Stellvertreter Gerhard Otterbach übergeben. In Zahlen ausgedrückt, lässt sich seine Bilanz sehen: Er hat das nationale IT-Budget der ICN von 585 Millionen Euro im Jahr 2000 sukzessive auf 386 Millionen Euro verschlankt. Dieser Zielwert für 2003 wird laut Otterbach zum Geschäftsjahresende im September erreicht werden. Dazu haben die Konsolidierungs- und Optimierungsaktionen erheblich beigetragen. Allerdings konnte Langkamp diese Rosskur nicht ohne Personalabbau verordnen. Zirka 220 Mitarbeiter der IT mussten aufgrund des von der Konzernleitung beschlossenen Abbauprogramms ihre Arbeitsplätze räumen. „Ich wusste, dass man sich mit einem Umbau dieser Größenordnung keine Freunde macht“, sagt er und weist auf das neue Berufsbild seiner Zunft hin: „Ein CIO sollte zunehmend zum

Veränderer und Gestalter werden, um das Unternehmen bei der Erfüllung seiner Geschäftsstrategie zu begleiten. Er sollte sich daher sukzessive von der Verantwortung für Commodity IT-Services verabschieden.“

Mission Rosettanet Stefan Langkamp ist Kosmopolit. Vermutlich widerstrebt es ihm schon deshalb, den Denkhorizont und Aktionsradius eines CIO auf einen Geschäftsbereich zu begrenzen. „Wenn ein CIO aufhört, einen Prozess an der Unternehmensgrenze zu definieren, macht er keinen guten Job“, schreibt er der Zunft ins Stammbuch. Auf Langkamp trifft diese Kurzsicht nicht zu. In seiner Funktion als CIO bei ICN war er „prozesstechnisch“ immer auf Weltreise. In Sachen externe Prozesse wurde er über den Bereich ICN hinaus mit dem konzerninternen und internationalen Projekt „Sixpack“ (siehe Kasten) aktiv. Jetzt geht er noch einen Schritt weiter und lässt jenseits der Siemens-Grenzen Taten folgen. Langkamp hält nämlich nichts von der Unsitte, wie er es nennt, Firmen durch Portale abzugrenzen. „Dieser Portalurwald treibt uns in den Ruin“, schimpft er, weil seine Vorstellungen in punkto Prozesse viel weiter reichen. Sein Ziel ist eine weltweite