IT-Sanierung ohne Scheuklappen

26.05.2003
Von 
Peter Gruber arbeitet für die Portale Computerwoche und CIO.

Für Langkamp dokumentiert der Ansatz der gemeinsamen Prozessoptimierung einen Sinneswandel im Unternehmen. Dadurch werde über die Grenzen der IT-Abteilung hinaus ein stärkeres Kostenbewusstsein, aber auch mehr Sensibilität für die IT geweckt. Das Besondere an dem Modell ist nämlich, dass sich jede Prozessmaßnahme auch in den Zahlen der verantwortlichen Geschäftseinheit auswirkt, erklärt er die Motivation und belegt sie mit Fakten. So sei es im letzten Geschäftsjahr gelungen, insgesamt 129 Millionen Euro zu sparen. Davon resultierten 53 Millionen Euro aus der IT-gestützten Prozessharmonisierung in den ICN-Geschäftsbereichen. Sie wurden deshalb nicht in der IT-Abteilung, sondern in den Kostenstellen der Process Owner als Sparerfolg verbucht.

Verfeinerte TCO-Methode misst Sparerfolg

Stellt sich die Frage, wie ICN und jetzt auch der gesamte Siemens-Konzern es schaffen, die Wirkung von Prozessen und Projekten exakt in Euro und Cent auszudrücken. In Langkamp würde nicht das Herz eines Bankers schlagen, wenn er nicht wissen und belegen wollte, was unter dem Strich für jeden aus dem IT-Budget investierten Euro für seine Abteilung, aber auch deren „Kunden“, die ICN-Geschäftseinheiten, herausspringt. Er führte deshalb eine TCO-Methode (TCO = Total Cost of Ownership) ein, die finanzmathematisch weiter greift als herkömmliche Rechenmodelle für den Return on Investment (RoI). Sie berücksichtigt nicht nur die Kosten der IT, sondern bezieht auch die Einsparpotenziale bei Prozesskosten sowie die Profitabilität eines Projekts für die Geschäftseinheiten in die RoI-Bewertung ein. Das ist möglich, weil die Abteilung Business Processes die Prozessdurchlaufzeiten von heute und morgen misst und die Differenz in Euro umgerechnet

mit in die RoI-Berechnung aufnimmt. Dazu zählen zum Beispiel Einsparungen in den Geschäftsgebieten bei Funktionskosten und Manpower.

Damit die für jedes Vorhaben errechneten RoI-Kennziffern nicht zu „Folien-Euros“ verkommen, werden sie im PACT-Programm von ICN hinterlegt - das auf der top+ Systematik der Siemens AG basiert - und gelten damit als Messlatte für eine erfolgreiche Projektrealisierung. PACT steht für „Profit and Cash Turnaround“ und hat eine eigene Logik. In diesen Pool dürfen nur Zahlen aus Projektaktivitäten eingestellt werden, die durch eine Optimierung Produktivitätsvorteile garantieren. Budgetkürzungen sind kein Bestandteil von PACT. Für das laufende Geschäftsjahr hat ICN IT wieder einen beachtlichen Beitrag in PACT angemeldet, der aus der IT-Konsolidierung und der Prozessoptimierung resultieren soll.

Jedes Vorhaben beginnt mit einem elektronischen Projektantrag plus RoI-Berechnung, die vom zuständigen ICN-Geschäftsbereich sowie Projektleiter eingereicht werden. Im nächsten Schritt erfolgt dann im Zuständigkeitsbereich der IT eine Validierung der RoI-Kalkulationen durch die Abteilung Project Controlling und Services (PCS) sowie eine technologische Einsatzprüfung des Projekts durch die Strategieabteilung. An dieser Stelle wird auch kontrolliert, ob der Plan die Richtlinien der Konzern-IT erfüllt. Nimmt das Projekt diese Hürde, wandert es auf den Desktop des CIO, der darüber befindet und es dann im „IT-Business Council“ mit den Verantwortlichen der Geschäftsbereiche sowie dem Finanzchef von ICN erörtert. Anschließend geht das Vorhaben in das PACT-Programm ein.