Jahresrückblick 2008

IT-Branche fährt Achterbahn

16.12.2008
Von  und
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Verlierer des Jahres - der Datenschutz

Schreck in der Vorweihnachtszeit: Datenhehler haben Informationen zu Bankverbindungen von rund 21 Millionen Bundesbürgern feilgeboten. Im schlimmsten Fall könnte Geld von Girokonten abgebucht werden, ohne dass der Inhaber jemals eine Einzugsermächtigung erteilt hat. Innenminister Wolfgang Schäuble kündigte an, den Kampf gegen die Datendiebe aufzunehmen und Verstöße gegen schärfer zu ahnden. Die Opposition warf der Regierung indes vor, die notwendigen Maßnahmen versäumt zu haben. Der Winterschlaf könnte die Bundesbürger teuer zu stehen kommen, warnen sie. Dabei werden die Konten doch sowieso schon für Weihnachtsgeschenke geplündert.

Im Juni stellte sich heraus, dass Meldedaten von rund 500 000 Bürgern aus 15 deutschen Kommunen über Monate hinweg frei im Internet zugänglich waren. Ursache der Datenpanne: Die Verantwortlichen hatten das Standardpasswort für die Verwaltungssoftware nicht geändert.

Die Verbraucherschützer trauten ihren Augen nicht. Im August landete ein Datenträger mit Namen, Adressen, Telefonnummern, Geburtsdaten und Bankinformationen von 17 000 Bundesbürgern auf dem Tisch der Verbraucherschutzzentrale Schleswig-Holstein. Mit den Daten wurde offen rege gehandelt. Das Ganze sei nur die Spitze eines Eisbergs, heiß es.

Bundes-Trojaner: Während Innenminister Wolfgang Schäuble unter den Kollegen in den Ländern durchaus offene Ohren für seinen Bundestrojaner und die Online-Durchsuchung gefunden hat, setzte das Bundesverfassungsgericht Schnüffel-Schäuble und der Sammelleidenschaft der Behörden deutliche Grenzen. Rechner dürfen nur unter strengen Auflagen ausgespäht werden und auch für die Vorratsdatenspeicherung (VDS) gelten strenge Regeln. Zwar scheiterte das umstrittene BKA-Gesetz im Bundesrat im ersten Anlauf. Doch trotz aller Vorbehalte deutet sich ein Kompromiss an. Die Regierung will das Vorhaben noch vor Weihnachten durch alle Instanzen peitschen, damit die neuen Regeln im Januar 2009 in Kraft treten können.

Die US-amerikanische Heimatschutzbehörde arbeitet an immer ausgefeilteren Techniken, Flughöfe, Bahnstationen und Grenzübergänge zu kontrollieren. Überwachungssysteme sollen künftig auffällige Verhaltensweisen von Reisenden automatisch erkennen und die Polizei alarmieren. Experten gehen jedoch davon aus, dass es noch Jahre dauern wird, bis diese Technik einsatzbereit sein wird. Bleibt nur zu hoffen, dass man selbst nicht das Opfer einer Beta-Version wird und in Guantanamo landet, nur wegen eines unbedachten Griffs in die Innentasche seiner Jacke.

In Europa sorgten Diskussionen um so genannte Nackt-Scanner für Empörung. Die EU-Kommission hatte Ende Oktober die neue Überwachungstechnik zugelassen, die Personen im wahrsten Sinne des Wortes bis auf die Haut durchleuchtet. Auch deutsche Behörden planen bereits erste Feldversuche mit den Ganzkörper-Scannern. Angeblich lasse sich damit die Sicherheit beispielsweise an Flughäfen verbessern. Gegner sprechen von einer stattlich verordneten, unfreiwilligen Peep-Show.