Übernahme von Juniper

HPE richtet sich aufs Netzwerk aus

11.01.2024
Von  und
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Michael Cooney ist Senior Editor bei der amerikanischen Schwesterpublikation Network World.

Das sagen Analysten zum Deal

Moor Insights and Technology: Überschneidungen machen Bereinigungen im Portfolio erforderlich

Neben mehr Tiefe im Bereich KI bringt Juniper auch Stärken im Bereich der Infrastruktur für Kommunikationsdienstleister mit, schrieben Will Townsend, Vice President und Patrick Moorhead, Analysten von Moor Insights and Technology in einem Blog-Beitrag zur potenziellen Übernahme Junipers durch HPE. Junipers RAN Intelligent Controller (RIC)-Plattform und die Installationsbasis von Mobilfunkbetreibern könnte den Telekommunikationsgeschäftsbereich von HPE stärken und die jüngste Übernahme von Athonet ergänzen. Die Analysten verweisen zudem darauf, dass zuletzt HPE-Konkurrent Dell Technologies die Entwicklung seines Angebots für Telekommunikationsprovider forciert habe. Die Übernahme von Juniper lasse sich auch als Antwort HPEs auf diese Anstrengungen interpretieren.

Ein anderes Juwel in Junipers Portfolio, auf das HPE ein Auge haben könnte, ist die Apstra-Software zur Automatisierung von Rechenzentren, schrieben Townsend und Moorhead. Apstra speichert in Echtzeit Konfigurations-, Telemetrie- und Validierungsinformationen, um sicherzustellen, dass ein Netzwerk das tut, was der Betreiber möchte. Unternehmen können die Automatisierungsfunktionen von Apstra nutzen, um konsistente Netzwerk- und Sicherheitsrichtlinien für Workloads in physischen und virtuellen Infrastrukturen bereitzustellen.

Seit der Übernahme von Apstra im Jahr 2021 habe Juniper die Plattform mit Features wie Automatisierung, intelligenten Konfigurationsfunktionen, Unterstützung von Hardware und Software verschiedener Hersteller und verbesserten Umgebungsanalysen ausgestattet, um das System für eine größere Anzahl von Rechenzentrumsunternehmen attraktiver zu machen. Die Einbeziehung von HPE in diesen Mix könnte die Technologie noch attraktiver machen.

Die Analysten verweisen allerdings auch auf erhebliche Überschneidungen zwischen den Portfolios von HPE Aruba Networking und Juniper Networking. Es werde eine Bereinigung der Roadmap erforderlich sein, prognostizieren sie. Zweifelsohne sei auch damit zu rechnen, dass einige Lösungen auslaufen werden. Außerdem werde es wahrscheinlich zu einem Personalabbau kommen, da die Produktteams für Unternehmens- und Service-Provider-Netzwerke sowie das interne Vertriebs- und Marketingpersonal zusammengelegt würden, so Townsend und Moor.

Dell'Oro Group: Mit Juniper erweitert HPE seine Reichweite

Juniper sowie HPE mit Aruba seien beide etablierte und angesehen Anbieter von Lösungen für Unternehmensnetzwerke, sagt Mauricio Sanchez, Senior Director, Enterprise Security & Networking Research bei der Dell'Oro Group. Die Überschneidungen im Portfolio beider Unternehmen beschränkten sich auf die SASE-Angebote, da beide Unternehmen SD-WAN- und SSE-Angebote offerierten. Der Overlap im Bereich SASE sollte sich aus Sicht des Analysten allerdings leicht ausräumen lassen, da HPE an dieser Stelle ein viel größeres Geschäft als Juniper vorweisen könne.

Außerhalb von SASE erweitere Juniper die Reichweite von HPE in den Bereichen DDoS, Firewall, Cloud Workload Security und Distributed Cloud Networking, so Sanchez. Juniper bringt eine Reihe von Fähigkeiten im Bereich der Netzwerksicherheitstechnologie mit, die HPE bis dato fehlten. Der gute Ruf von Juniper im Bereich der Cloud- und Kommunikationsdienstleister werde die Glaubwürdigkeit von HPE insgesamt stärken. Allerdings sei der Marktanteil von Juniper im Bereich Netzwerksicherheit im Vergleich zu den drei großen Anbietern Cisco, Fortinet und Palo Alto Networks gering, stellt Sanchez fest.

IDC: Für den Erfolg muss die Integration gelingen

Die Übernahme unterstreicht die Bedeutung von sicheren Netzwerken in einer Zukunft, die von KI geprägt sein wird, sagt Chris Barnard, Vice President für die Bereiche Telecoms and Infrastructure bei IDC in Europa. "Juniper war ein Vorreiter in Sachen fortschrittliche Analytik und KI im Netzwerkbereich, und wir sehen die Übernahme als gute Ergänzung für das Portfolio von HPE und Aruba." Der Deal werde für HPE einen greifbaren Geschäftswert in den Netzwerkmärkten für Unternehmen, Telekommunikationsunternehmen und Cloud-Anbieter bringen sowie zusätzliche Möglichkeiten in Bezug auf Service-, Verbrauchs- und Abrechnungsmodelle bieten. "Wie bei allen großen Akquisitionen wird viel von der erfolgreichen Integration und der Beibehaltung von Schlüsselkompetenzen abhängen", konstatiert der IDC-Analyst.

"Wie bei allen großen Akquisitionen wird viel von der erfolgreichen Integration und der Beibehaltung von Schlüsselkompetenzen abhängen", sagt der IDC-Analyst Chris Barnard.
"Wie bei allen großen Akquisitionen wird viel von der erfolgreichen Integration und der Beibehaltung von Schlüsselkompetenzen abhängen", sagt der IDC-Analyst Chris Barnard.
Foto: IDC

Barnard geht ferner davon aus, dass eine solche Übernahme die Wettbewerbssituation im Netzwerkbereich im weiteren Sinne neu gestalten und Auswirkungen auf Channel-Partner und andere Ökosysteme haben wird, die bereits seit vielen Jahren bestehen.