Bard macht Fehler

Google kann Microsofts KI-Vorstoß nicht kontern

09.02.2023
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der mit Spannung erwartete KI-Aufschlag von Google verpuffte unspektakulär. Die Ankündigungen blieben zumeist vage, dazu kam ein peinlicher Fehler des neuen Hoffnungsträgers Bard.
Google hat seinen KI-Aufschlag erst einmal ins Netz gesetzt. Im Duell der IT-Titanen punktet derzeit Microsoft.
Google hat seinen KI-Aufschlag erst einmal ins Netz gesetzt. Im Duell der IT-Titanen punktet derzeit Microsoft.
Foto: Andrey Burmakin - shutterstock.com

Google hat die Gelegenheit, im KI-Ankündigungs-Ping-Pong Boden auf Microsoft gutzumachen, erst einmal verpasst. Auf einem mit Spannung erwarteten Event am 8. Februar in Paris präsentierte der Suchmaschinenspezialist weitgehend Bekanntes und vermochte auch zum kurz zuvor angekündigten Konversations-Bot Bard nichts Neues zu erzählen.

Sundar Pichai, CEO von Google und dem Mutterkonzern Alphabet, hatte überraschend schon am 6. Februar erste Details zu Bard in einem Blog-Beitrag vorab veröffentlicht. Damit wollte Pichai wohl den Microsoft-Verantwortlichen den Wind aus den Segeln nehmen, die einen Tag später am 7. Februar verkündeten, wie KI-Modelle aus der GPT-Reihe des Partners OpenAI in die eigene Suchmaschine Bing und den Edge-Browser integriert werden sollen.

Von einer Integration in die Internet-Suche oder den Chrome-Browser ist bei Google noch nicht die Rede. "Wir haben gerade den nächsten großen Schritt getan und Bard diese Woche für vertrauenswürdige Tester freigegeben", sagte Googles Senior Vice President Prabhakar Raghavan und wiederholte damit die Botschaft Pichais von Anfang der Woche. Es gehe darum, das Feedback aus internen und externen Tests einzuholen, um sicherzustellen, dass Bard den hohen Ansprüchen an Qualität, Sicherheit und Bodenständigkeit genüge, bevor der Bot der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden könne, hieß es.

Bards Weltraumfehler - falsches Teleskop

Wie wichtig solche Tests sind, zeigte ein Fehler, der Bard unterlief. In der Werbung für den Bot, wurde dieser gefragt, was man einem neunjährigen Kind über die Entdeckungen des James-Webb-Weltraumteleskops erzählen könnte. Bard antwortete unter anderem, dass mit James Webb die ersten Aufnahmen eines Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems gelungen seien. Doch das ist falsch, wie aufmerksame Beobachter schnell herausfanden. Bereits 2004 hatte das europäische Very Large Telescope ein Foto eines Exoplaneten aufgenommen. Seitens Google verlautete, dieser Fehler zeige, wie wichtig ein strenger Testprozess sei.

Was ist ChatGPT?

Neben Bard hat Google einige weitere KI-Funktionen vorgestellt, die in den kommenden Monaten in verschiedene Dienste des Anbieters eingebaut werden sollen. Beispielsweise sollen User Inhalte auf Bildern und Videos besser mit weitergehenden Informationen anreichern können. Dafür soll Google Lens mit zusätzlichen KI-Funktionen ausgestattet werden. So könnten Inhalte, egal ob selbst aufgenommen, per Social Media zugeschickt oder im Netz gefunden, analysiert und identifiziert werden.

Google will nach und nach seine Dienste mit KI aufbohren

Auch Google Maps erhält neue KI-Features. Der Konzern hatte bereits im vergangenen Jahr Immersive View angekündigt. Damit sollen sich User ein realistisches Bild von ihren Zielorten machen können. Für die Erstellung der entsprechenden 3D-Ansichten nutzt Google "Neural Radiance Fields" (NeRF), eine KI-Technik, die anhand gewöhnlicher 2D-Bilder räumliche Nachbildungen von Objekten erzeugen kann, etwa von Museen oder Restaurants. Der Umfang des Angebots ist allerdings noch begrenzt. Immersive View startet Google zufolge in London, Los Angeles, New York, San Francisco und Tokio. In den kommenden Monaten sollen Amsterdam, Dublin, Florenz und Venedig folgen. Live View, die Augmented-Reality-Erweiterung von Lokationen wie Flughäfen und Bahnhöfen, will Google ebenfalls mit Hilfe von KI weiter ausbauen.

Auch in anderen Diensten sollen KI-Modelle künftig sukzessive eine größere Rolle spielen. Dazu zählen der Übersetzungsdienst Google Translate wie auch verschiedene Angebote aus dem Bereich Kunst und Kultur. Damit lassen sich beispielsweise Kunstwerke nach bestimmten Stilvorgaben schaffen, Musik komponieren, Dance-Moves kreieren oder bienen- und insektenfreundliche Gartenpläne entwickeln.

Enttäuschung bei den Anlegern

Alles in allem hatte Google in Paris - bis auf Bard, dessen Geheimnis Google-Chef Pichai im Grunde schon zwei Tage zuvor gelüftet hatte, nicht viel Neues anzubieten. Viele Ankündigungen blieben vage, interessierte Nutzer zumeist auf einen nicht näher bezeichneten Termin in der Zukunft vertröstet. Eine Antwort auf die ChatGPT-Welle, die Microsoft momentan virtuos reitet, blieb aus.

An der Börse kam Googles KI-Vorstellung denn auch nicht gut an. Die Google-Aktie verlor rund sieben Prozent an Wert. Rund 100 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung lösten sich im zunehmend hitziger geführten KI-Wettbewerb in Luft auf.