Managed Services Roundtable

Wer hält das Zepter in der Cloud?

21.02.2020
Von 
Iris Lindner ist freiberufliche Journalistin für Elektronik und Automatisierung.
Die meisten Managed-Services-Provider haben sich auf die Herausforderungen der neuen, hybriden IT-Welt technologisch und personell eingestellt. Doch sie stoßen an ihre Grenzen, wenn der Kunde keine klare Digitalstrategie verfolgt.
Die Teilnehmer der Round-Table-Diskusion zum Thema Managed Services.
Die Teilnehmer der Round-Table-Diskusion zum Thema Managed Services.
Foto: IDG

Ob im eigenen Unternehmen oder in der Cloud: Die IT-Landschaften werden komplexer. Dies ist ein wichtiger Grund dafür, dass Firmen Aufgaben wie IT-Sicherheit, Wartung von Anwendungen oder das Monitoring von IT-Infrastrukturen en bloc als klar definierte Services von Dienstleistern beziehen.

Genau das steckt hinter Managed Services: Service-Provider erbringen wiederkehrende, teilweise standardisierbare IT-Dienstleistungen im Kundenauftrag. In Serviceverträgen werden Service Level Agreements (SLAs) formuliert, die Art, Umfang und Qualität der Leistungen festlegen. Doch was über Jahre gut funktionierte, wird nun mit den Anforderungen durch die Cloud-Migration schwieriger. Die Herausforderungen dabei liegen - nicht nur, aber auch - im technologischen Bereich.

So scheitert aktuell immer noch bei manchem Unternehmen die Migration in die Cloud ganz banal daran, dass am Firmenstandort eine Breitbandlücke klafft. Eine von der COMPUTERWOCHE geleitete Diskussion mit verschiedenen Managed-Services-Providern zeigte aber, dass es ein noch viel größeres und grundlegenderes Problem gibt: Viele Firmen wissen nicht, wohin sie wollen, ihnen fehlt eine klare Digitalstrategie.

Nicht selten glauben die Verantwortlichen, mit einem vage formulierten "Cloud-first-Ansatz" alle Fragen beantwortet zu haben, doch dabei bleibt oft unklar, was sie eigentlich erreichen wollen. Ihnen fehlt die Vision, wie ihr Geschäft in ein paar Jahren aussehen soll. In der Folge haben solche Betriebe auch keinen detaillierten Überblick über die Prozesse, die angefasst werden müssten, um die digitale Transformation voranzutreiben.

Die Managed-Services-Provider stehen damit vor der Aufgabe, ihre Kunden intensiver zu beraten, als das früher nötig war. Dabei geht es auch um die Frage, welcher Cloud-Ansatz der richtige ist. Noch immer herrscht große Unsicherheit darüber, welche Daten und Anwendungen den großen Hyperscalern überlassen werden können. Auch die großen Konzerne haben hier weiterhin Vorbehalte. Da gibt es unbeantwortete Sicherheitsfragen, aber auch unterschiedliche Sichtweisen darauf, wie sich Business und IT aufstellen sollten, um Cloud-Angebote und -Lösungen end-to-end effizient zu nutzen.

Ganzheitlicher Umbau erforderlich

Dass der Umbau des IT-Betriebsmodells Unternehmen herausfordert, mag ein einfaches Beispiel verdeutlichen: Nahm die Bereitstellung eines virtuellen Servers on-premises mitunter mehrere Wochen in Anspruch, so lässt sich das in der Cloud binnen weniger Stunden realisieren. Diese hohe Verfügbarkeit klingt nach einem eindeutigen Vorteil, aber tatsächlich bringt sie die klassischen Unternehmens- und IT-Prozesse komplett durcheinander, weil das Business dafür oft noch nicht bereit ist.

Trotz solcher Widrigkeiten hat die Transformation in den meisten Betrieben begonnen - manchmal auch nur deshalb, weil ein digital affineres Unternehmen aufgekauft wurde und nun den digitalen Wandel treibt. Managed-Services-Provider spüren die Unsicherheit ihrer Kunden. So wollen viele Unternehmen einerseits keine Outsourcing-Verträge mehr abschließen, die über fünf Jahre angelegt sind, andererseits wollen sie aber doch auslagern. Auch stellt sich die Frage, ob und in welchem Ausmaß geschäftskritische Aufgaben an einen IT-Dienstleister abgegeben werden sollen. Das sind Grundsatzentscheidungen, die Geschäftsführung, Business und IT-Abteilung gemeinsam treffen müssen.

Dienstleister für die Cloud

Vom Cloud-Trend profitieren vor allem die Hyperscaler Amazon, Microsoft, Google und Alibaba. Anwender wählen diesen Weg, um neue Geschäftsprozesse zu etablieren und vorhandene zu beschleunigen. Auch wollen sie flexibler auf sich verändernde Wettbewerbssituationen reagieren können. Zu den Vorteilen einer cloud-basierten Infrastruktur gehören Self-Services für Einzelnutzer, ein hoher Automatisierungsgrad sowie ein transparentes Finanzmanagement.

Für Managed-Services-Provider ergeben sich damit neue Chancen, aber auch Herausforderungen: Um Consumption-Services anbieten zu können, benötigen sie eine Cloud-Management-Plattform, die ihnen hilft, das Optimum aus dem gesetzten IT-Budget herauszuholen. Und sie müssen Verträge richtig managen, um ihre Verpflichtungen einzuhalten und einen Ausgleich für die nicht verfügbaren Skills zu schaffen.

Im Endeffekt handelt es sich dabei um ähnliche Dienstleistungen wie in On-Premises-Zeiten, doch wird gut ausgebildetes Personal gebraucht, das die Cloud-Welten von Amazon, Microsoft, Google oder Alibaba kennt. Damit die Orchestrierbarkeit funktioniert, sind auch die Abhängigkeiten dieser Systeme untereinander wichtig. Und schließlich geht es darum, den Überblick zu behalten und Schatten-IT zu verhindern.

Viele Fachabteilungen verfügen über ein eigenes Budget und haben kein Problem damit, mal eben bei einem Hyperscaler einen Service zu buchen. So entsteht Unwissenheit darüber, wo welche Daten liegen, die Gefahr der Angreifbarkeit wächst. Hier mit Managed Services gegenzusteuern, ist eine echte Herausforderung.

Informationen zu den Partner-Paketen der Studie Managed Services

Wer steuert Managed Services?

Nach Meinung der Diskutanten müssen ihre Kunden das Cloud-Management keineswegs in der internen IT platzieren. Die einzelnen Services müssen gesteuert werden. Doch von wem? Künftig werden die Fachabteilungen ihre eigenen Applikationen cloud-native entwickeln und an Lieferanten herausgeben, um dann konsumbasiert abrechnen zu können. Entstehen hierbei differenzierende Services, so muss dies ebenso die Kernkompetenz der Kunden bleiben wie die strategische Führung. Eines der Probleme dabei ist, dass viele nicht in der Lage sind, die Security Services, das Financial-Management oder auch den Betrieb über eine Cloud-Plattform skalierbar zu nutzen.

In Sachen Steuerung ist auch wichtig, ob es sich um systemkritische Anwendungen in Produktionsbereichen handelt. Mit deren Ausfall würde neben dem finanziellen auch ein Imageschaden einhergehen. Deshalb ist es eine Vertrauensfrage, ob die Steuerung solcher Services nach außen vergeben werden soll. Sobald vernetzte Fabriken die Fertigungslandschaft besiedeln, wachsen OT und IT zusammen, und die Frage nach der Verantwortung stellt sich erst recht. Nicht zuletzt spielt beim Servicemanagement die Geschwindigkeit eine wichtige Rolle. Wenn der Druck vom Markt eine Änderung der Geschäftsprozesse erfordert, muss direkt gehandelt werden. Dies gelingt am schnellsten, wenn sich die IT-Abteilung zusammen mit einem Netzwerk von Partnern auf das Managen der Services konzentriert.

Studie "Managed Services": Sie können sich noch beteiligen!

Zum Thema Managed Services führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Entscheidern durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, dann hilft Ihnen Frau Regina Hermann (rhermann@idgbusiness.de, Telefon: 089 36086 384 ) gerne weiter. Informationen zur Managed-Services-Studie finden Sie zum Download (PDF).

Wer also letzten Endes die Hoheit über die Steuerung der Managed Services haben wird, hängt maßgeblich vom Reifegrad des Unternehmens ab. Noch sind viele Betriebe weit davon entfernt, diese Verantwortung in die Fachbereiche zu verlagern. Bis es dazu kommt, muss entweder die interne IT-Organisation diese Aufgabe übernehmen und den Geschäftseinheiten Services liefern, oder man setzt auf ein externes Provider-Management. Hinter jeder Variante steckt eine organisatorische Herausforderung, geschuldet der vorherrschenden Hierarchie. Um diese aufzubrechen, braucht es eine klare Strategie und sorgfältige Kosten-Nutzen-Kalkulationen. Eines ist klar: Cloud ist nicht automatisch billiger.

Auch die neue Welt bleibt hybrid

Der Bedarf an Managed Services hängt also auch davon ab, ob ein Unternehmen bereit ist, sich organisatorisch neu aufzustellen, zusätzliches Budget einzuplanen und sich eventuell von einem Cloud-Anbieter abhängig zu machen. Erzeugt eine Notsituation Veränderungsdruck? Oder möchte das Unternehmen schlicht innovativer werden?

Man muss heute kein Start-up sein, um in die Cloud zu gehen. Lediglich unternehmenskritische Daten oder solche, bei denen der Gesetzgeber eine lokale Datenhaltung verlangt - etwa bei Patientendaten -, machen weiterhin eine hybride Welt notwendig. In einer Cloud-first-Welt wird es künftig zwei parallele Entwicklungen geben. Die eine ist die Steuerung dezentraler Strukturen aus der Cloud heraus. Die andere betrifft die Flexibilität, Daten von einer Cloud in die andere zu schieben.

Je mehr Firmen Cloud-native gehen, desto weiter werden sie ihre Integrationsmöglichkeiten ausbauen. Und dass diese Multi-Cloud-Lösungen die technologischen und die finanziellen Abhängigkeiten von den Cloud-Anbietern reduzieren, kommt nicht nur den Kunden zugute, sondern auch den Managed-Services-Providern. Sie haben dadurch noch mehr Möglichkeiten, ihren kontinuierlichen Service stetig zu optimieren.

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