Web-Architekturen ante portas

12.04.2002
Von 
Daniela Hoffmann ist freie IT-Fachjournalistin in Berlin.

Einige Softwareschmieden haben ihre alten Client-Server-Anwendungen mittlerweile ganz beiseite gelegt und ein Web-basierendes Pendant neu entwickelt. Andere setzen auf angestrickte Internet-Features oder parallele Client-Technologien. Der Aufwand, unterschiedliche Clients anzubieten, wird nach Ansicht von Thompson jedoch dazu führen, dass die Hersteller auf lange Sicht nur ein Frontend etablieren werden.

Gerade bei hochspezialisierten Punktlösungen wie dem Kampagnen-Management, muss man sich die Frage nach Sinn und Unsinn von Web-Features stellen. Schließlich werden Marketing-Aktionen selten ad hoc aus dem Home-Office gefahren. Auch bei datenintensiven Analyse-Applikationen ist fraglich, ob nicht die Performance des Desktops vorzuziehen ist. "Web-Features sind besonders da interessant, wo es um den mobilen Zugriff geht. Ansonsten ist die Leistung der Windows-Anwendungen noch immer besser als bei den Browser-Applikationen", sagt Naujoks.

Am stärksten Web-orientiert ist nach Analystenmeinung Peoplesoft. Nach der Übernahme von Vantive schrieb der Hersteller die CRM-Software in "People Tools" um. Ob sich allerdings bei der Migration von der alten Windows-Lösung alle Masken unbeschadet mitnehmen lassen, ist laut Ed Thompson fraglich. "Es hängt davon ab, wie viel man individuell angepasst hat. Einiges wird wohl in den Papierkorb wandern müssen."

Vierschichtige Internet-Architektur

Mit dem zum Patent angemeldeten "Power HTML" besteht jedoch die Möglichkeit, ohne "Active X" oder Java bei der Datenerfassung beispielsweise im Call-Center auch Shortcuts anstelle der Maus zu nutzen. Die vierschichtige Peoplesoft-Internet-Architektur sieht vor, dass vom Application-Server dynamisch JSP-Seiten auf dem Web-Server erzeugt werden, die dieser wiederum als reine HTML-Seiten gegenüber dem Client (einem beliebigen Standard-Browser) interpretiert. Der Application-Server basiert auf dem "Tuxedo"-Transaktions-Server von Bea, der um Peoplesoft-Business-Prozesse erweitert wurde und über eine "native SQL"- Schnittstelle auf die Kunden-, Produkt- und Metadaten zugreift.

Marktführer Siebel setzt seit der im November erschienenen Version 7 mit Vollkraft auf Web-Technologie und Java. Mit der so genannten Smart Web Architecture soll die nur noch über Browser bedienbare Software dennoch ebenso komfortabel zu handhaben sein wie bisher die Desktop-Applikationen. So sollen Spaltenabschnitte per Drag and Drop einzufügen oder das direkte Markieren und Ändern eines Eintrags möglich sein. Um Call-Center-Anwender zu unterstützen, lässt sich die Software auch mit Keybord-Shortcuts bedienen.