Interview mit Andreas Nolte, CIO Allianz Deutschland

Was die Allianz Deutschland im Silicon Valley gelernt hat

25.01.2018
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Andreas Nolte, CIO der Allianz Deutschland: "Es zählt am Ende nur das Feedback der Kunden, nicht die Meinung einzelner - auch wenn die eine wichtige Rolle im Unternehmen spielen."
Andreas Nolte, CIO der Allianz Deutschland: "Es zählt am Ende nur das Feedback der Kunden, nicht die Meinung einzelner - auch wenn die eine wichtige Rolle im Unternehmen spielen."
Foto: Allianz Deutschland AG

Die Agilisierung der Softwareentwicklung funktioniert nur, wenn die Fachbereiche viel stärker als bislang in Entwicklungsprozesse involviert werden. Sie haben ja eben auch beschrieben, dass die Product Owner oft von der Fachseite stammen. Damit reicht ein kultureller Change in der IT kaum aus, Sie brauchen ihn im gesamten Unternehmen!

Andreas Nolte: Das ist definitiv so. Wenn man solche Initiativen rein aus der IT treibt und niemand mitmacht, wird man keinen Erfolg haben. Da kommt dann so ein "Water-Scrum-Fall" raus: Man ist innerhalb der IT vielleicht agil aufgestellt und arbeitet in Sprints, doch Test- und Demand-Prozesse folgen dem Wasserfall-Prinzip.

Wie haben wir das adressiert? Als wir die Idee hatten, haben wir eine Reise ins Silicon Valley gemacht und uns das angeschaut. Dabei waren neben den IT-Verantwortlichen auch unser CEO, unser COO sowie die Leiter Marktmanagement und Betriebsorganisation dabei. Im Grunde genommen haben wir den Prozess, wie programmiert wird, stark an Pivotal angelehnt. Wir haben verschiedene Ansätze verglichen und den Eindruck gewonnen, dass das die beste Art und Weise ist, Software zu entwickeln.

"Das Team verspricht etwas und hat dann 100 Tage Ruhe zum Arbeiten"

Von Anfang an war unser Management im Boot, allen voran unser CEO der Allianz Deutschland, Manfred Knof. Er hat den Change aktiv begleitet. Das war sicher einer der Erfolgsfaktoren bei der gesamten Geschichte. In einem nachfolgenden Meeting mit allen Top-120-Führungskräften der Allianz Deutschland war Agilität dann auch der Schwerpunkt des ersten Tages. Wir hatten externe Sprecher, den Strategiechef von Pivotal etwa, und wir haben viele Vorträge edukativer Art gemacht, wie man ideal in dieser agilen Methodik zusammenarbeitet.

Danach ist auch noch ein unternehmensweites Transformationsprojekt aufgesetzt worden, das uns nach wie vor begleitet. Die Organisation muss ja lernen, dass sich der Erfolg nur dann einstellen wird, wenn sie eine gewisse Autonomie an die Teams abgibt. Das Team verspricht etwas und hat dann 100 Tage Ruhe zum Arbeiten. Was Sie auf keinen Fall machen dürfen, ist, alle zwei Wochen einen Lenkungsausschuss einzuberufen oder sonst wie zu versuchen, von außen Einfluss zu nehmen.

Bei der Geschichte zählt am Ende nur das Feedback der Kunden, nicht die Meinung einzelner - auch wenn die eine wichtige Rolle im Unternehmen spielen. Eine Organisation muss lernen, dass die typischen Lenkungskreise mit den verschiedenen Hierarchieebenen nicht mehr in diese Art zu entwickeln hineinpassen. Wir haben also sukzessive die Steuerungsgremien abgeschafft und durch Reviews in den Training Centers ersetzt. Jeder der will, ist dort eingeladen und darf seine Meinung äußern, aber die Verantwortung wird im Team belassen.