Verbraucherschützer rügen Kundenkarten

19.01.2004
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Paranoide Kritiker?

Derartige Geschichten grenzten an Paranoia, weist Andrea Schöffner, Sprecherin bei Loyalty Partner, die Verdächtigungen zurück. So erfasse das System lediglich Informationen über Warengruppen und nicht zu konkreten Produkten. Außerdem würden Daten nicht weitergegeben, nicht einmal an die angeschlossenen Partnerunternehmen.

Beispielsweise habe die Kaufhof AG lediglich Zugriff auf die Daten derjenigen Kunden, die sich auch über das Kaufhaus an dem Payback-Programm angemeldet haben. Da die Betreiber ständig im Visier der Presse und der Öffentlichkeit ständen, könnten sie sich Verstöße nicht erlauben. Außerdem gebe es derzeit gar nicht die technischen Möglichkeiten, die von den Verbraucherschutzverbänden heraufbeschworenen Überwachungsszenarien umzusetzen, wiegeln die Betreiber ab.

Das liest sich jedoch in den Hochglanzbroschüren der für die Kartensysteme verantwortlichen IT-Dienstleister ganz anders. So preist beispielsweise die Itellium Systems & Services GmbH, ein Tochterunternehmen der Karstadt-Quelle AG, die am Happy-Digits-Programm teilnimmt, ihr integriertes Customer-Relationship-Management- (CRM) und Data-Warehouse-System an. Damit sollen aus der enormen Menge personalisierter Kundendaten, die etwa fünf Millionen Transaktionen pro Woche in das System einspeisen, aussagekräftige Informationen abgeleitet werden. "Karstadt wollte genauer erkennen, welchen Artikel der Kunde wann und wo kauft", heißt es in einem Werbeblatt des IT-Serviceanbieters.

Die CRM-Lösung enthalte laut den Itellium-Verantwortlichen ein Analyseverfahren zur Prognose des Kundenverhaltens. In dem integrierten Berichtswesen lassen sich ferner Kennzahlen wie Kunden-, Kauf- und Sortimentsinformationen, Kundenhistorie, Konsumkarriere sowie Kundenattraktivität und -bindungsrate im Zusammenhang darstellen. Der Nutzen besteht darin, einträgliche Kunden herauszufiltern und damit die eigenen Marketing-Kosten zu senken, wirbt die Karstadt-Quelle-Tochter.

Auch Tangens will den Versicherungen der Kartenbetreiber nicht so recht glauben. So hätten die Payback-Verantwortlichen bereits vor zwei Jahren einen Prozess verloren, weil zwei Punkte der AGBs unzulässig waren, die die Einwilligung der Kunden zur Datennutzung betrafen. "Es wird weiter Schindluder getrieben", ist sich Tangens mit Blick auch auf andere Betreiber sicher. Hier sei die Legislative gefordert, entsprechende Regeln zum Schutz der Verbraucher gesetzlich zu verankern. Viele Menschen fühlten sich in Deutschland durch Gesetze gut geschützt. Dies sei jedoch ein Trugschluss: "Die Leute sind zu blauäugig."