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Ray Kurzweil

"Uns steht eine phantastische Zukunft bevor"

21.06.2010
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Böse Maschinen?

CW: Müssen wir keine Angst haben, dass die Maschinen das Kommando übernehmen, uns ein "Terminator"-Szenario droht?

KURZWEIL: Ich teile nicht die Auffassung, dass intelligente Maschinen per se böse sind. Technologie erweitert unsere Kreativität, kann aber natürlich auch auf destruktive Art und Weise verwendet werden, gerade in der Hand von Menschen. Insgesamt glaube ich jedoch, dass wir mehr Nutzen als Schaden aus ihr ziehen. Wenn Sie beispielsweise Thomas Hobbes lesen, können Sie sehen, wie hart und brutal unser Leben noch vor wenigen hundert Jahren war. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag bei 37 Jahren. Das Leben bestand aus harter Arbeit, Krankheit und Armut. Wir haben dank der technischen Entwicklungen eine Menge Leiden hinter uns gelassen. Ich bin nicht so blauäugig, zu glauben, dass dem Fortschritt nur Gutes entspringt: Dieselbe technische Errungenschaft, die uns einerseits hilft, Krebsleiden durch Umprogrammierung von bestimmten Zellen zu bekämpfen, kann andererseits Terroristen bei der Entwicklung biochemischer Waffen unterstützen. Wichtig ist nur, dass wir gegen die schädlichen Auswüchse Abwehrmechanismen aufbauen, wie wir es beispielsweise gegen Softwareviren bereits tun.

CW: Gehen wir weg von der Biologie und hin zu den aktuellen technischen Entwicklungen: Inwieweit wird die IT in nächster Zeit unseren Alltag verändern?

KURZWEIL: Schon heute tragen wir Rechner mit Internet-Zugang in der Hosentasche. Der nächste Schritt ist die Integration von Brillen und Displays, damit Augmented-Reality-Anwendungen überall zum Einsatz kommen können. Sie schauen sich ein Gebäude oder eine Person auf der Straße an und sehen vor ihrem Auge sofort, was sich in dem Gebäude befindet oder wer die Person ist. Schon heute ist das problemlos möglich - bald wird das jedoch etwas völlig Alltägliches sein. Im nächsten Entwicklungsschritt wird Technologie noch einmal kleiner und handlicher werden und sich weiter ausbreiten. Ob es nun die Omnipräsenz von Kommunikationsnetzen oder von IT-Infrastruktur dank Cloud Computing ist: In zehn Jahren wird das alles fester Bestandteil unseres Lebens sein.