Möglichst simpel, aber nicht einfacher

24.03.2006
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Diese Ohrfeige für Checklisten will Karsten Sontow, Vorstand der Trovarit AG, nicht hinnehmen. Das Aachener Unternehmen bietet mit dem "IT-Matchmaker" einen Funktionskatalog, anhand dessen Anwender ihre Anforderungen definieren können. Dieser vorgefertigte Katalog entbinde die Verantwortlichen in den Unternehmen jedoch nicht davon, sich Gedanken über ihre Anforderungen zu machen, mahnt der Berater. Die Kunden müssten zunächst genau spezifizieren und priorisieren, welche Funktionen die neue Software haben soll.

Teil des Business

Die Hersteller sollten eigentlich zufrieden sein, von ihren Kunden mit einem solchen Anforderungskatalog konfrontiert zu werden. Damit könnten sie schnell einordnen, ob die eigenen Produkte auf die Ansprüche des Kunden passen und damit überhaupt eine Chance besteht, den Auftrag zu bekommen. Sicherlich seien manche Pflichtenhefte überfrachtet, räumt Sontow ein - beispielweise dann, wenn herauskomme, dass ein Kleinunternehmen laut Eigendefinition eine komplexe SAP-Suite benötigt: "Da ist schnell viel zusammengeschrieben." Es könne jedoch nicht sein, dass sich die Anbieter nicht mit den Kompendien auseinandersetzen wollen, weil dies Arbeit bedeutet: "Das ist schließlich ihr Business."

10 Tipps zum richtigen Pflichtenheft

  1. Arbeiten Sie zunächst ein Grobkonzept aus. Damit lassen sich schnell die wichtigsten Softwarekandidaten herausfiltern.

  2. Vorgefertigte Checklisten sind hilfreich, können im Feinkonzept aber nicht die Analyse der eigenen Prozesse ersetzen.

  3. Richten Sie ihre Funktionsforderungen exakt an den eigenen Abläufen aus. Mehr Funktionen, die letztlich nicht gebraucht werden, machen die Sache nur komplexer und vor allem teurer.

  4. Ein dickes Pflichtenheft bedeutet nicht automatisch ein gutes Pflichtenheft.

  5. Achten Sie auf die Konsistenz Ihrer Forderungen. Widersprüchliche Angaben zeigen den Anbietern, dass Sie zu wenig nachgedacht haben, und machen Sie angreifbar.

  6. Mit einem detaillierten Forderungsprofil sind Sie auf der sicheren Seite. Bleiben Sie unbedingt dabei und lassen Sie sich nicht auf später vertrösten.

  7. Kein Anbieter wird jede Funktion abdecken können. Allerdings sollte er Vorschläge unterbreiten können, wie Lücken zu schließen sind.

  8. Machen Sie Ihren Anforderungskatalog zum Teil des Vertrags. Dann überlegen die Hersteller zweimal, wo sie ihre Häkchen setzen.

  9. Achten Sie auf die Unabhängigkeit externer Berater. Prüfen Sie gegebenenfalls die Projekthistorie und achten Sie darauf, ob bestimmte Anbieter oder Produkte favorisiert werden.

  10. Lassen Sie sich das Pflichtenheft nicht vom Softwarehersteller diktieren.