Möglichst simpel, aber nicht einfacher

24.03.2006
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Das Pflichtenheft flach halten

Dass viele Kunden oft nicht in der Lage seien, allein ein Pflichtenheft zusammenzustellen, darüber sind sich Berater und Hersteller einig. Auf Seiten der Anwender herrsche zumeist große Unsicherheit, meint Godesys-Chef Kühl. Man dürfe ihnen deshalb jedoch keine böse Absicht unterstellen. In den 90er Jahren seien viele ERP-Projekte schief gegangen, erinnert sich der Manager. Viele Experten hätten damals behauptet, dies liege daran, dass die Kunden keine verbindlichen Vereinbarungen mit ihren Softwarelieferanten getroffen hätten. Um auf der sicheren Seite zu sein, würden Kunden daher heute alle verfügbaren Features in ihrem Pflichtenheft abbilden: "Viele denken, dass sie damit nichts falsch machen und für alle Eventualitäten gerüstet sind." Leider sei es nun aber an der Tagesordnung, dass sich Prozesse ad absurdum führten und Funktionen abgefragt würden, die nichts mit den hauseigenen Geschäftsabläufen zu tun haben, berichtet Kühl

"Mich lähmt dieser Featureismus", gibt der Godesys-Chef zu. Mittlerweile bewegten sich die ERP-Lösungen auf einem Niveau, in dem eine Abgrenzung vom Wettbewerb über Funktionen eigentlich nicht mehr möglich sei. Im Grunde genommen sei ERP heute Brot-und-Butter-Geschäft. Die Herausforderung bestehe darin, die Kunden autark am System arbeiten und selbständig sich ändernde Anforderungen abdecken zu lassen. "Standard, aber nicht von der Stange - das ist gefragt", lautet Kühls Fazit.

Anwender verlieren Überblick

Den Anwendern scheint es jedoch nach wie vor schwer zu fallen, die richtigen Anforderungen zu definieren. "Ich kann in mein Pflichtenheft alle möglichen Wünsche hineinschreiben, weiß aber gar nicht, ob das der Markt überhaupt hergibt", beschreibt Frank Kühneweg, IT-Leiter der Seybert & Rahier GmbH, die Situation, in der der Maschinen- und Anlagenbauer vor der Auswahl seines neuen Produktion-, Planungs- und Steuerungssystems (PPS) steckte. Auf der anderen Seite gebe es womöglich schon eine bessere Lösung, als im Pflichtenheft gefordert sei. Aus Anwendersicht sei es schwierig, den Überblick zu behalten. Daher empfehle es sich, externes Know-how hinzuziehen.