Künstliche Intelligenz und Cloud Computing im Einklang

KI wird zum Game Changer in der Public Cloud

31.01.2018
Von 


René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.

Microsoft Azure wird zum AI Hub

Auf Grund seiner breiten Kundenbasis im Unternehmensumfeld und seinem umfassenden Portfolio an Cloud- und AI-Services hat Microsoft grundsätzlich gute Voraussetzungen, sich auch im AI-Umfeld als eine führende Größe zu etablieren. Insbesondere durch das umfangreiche Angebot an Produktivitäts- und Geschäftsprozesslösungen stehen für Microsoft die Zeichen gut, um bei Unternehmensanwendern oben auf der Agenda zu stehen.

Microsoft steckt mit Produkten wie Windows, Office 365 oder Dynamics 365 mitten im digitalen Ökosystem vieler Unternehmen weltweit. Und damit an einem Punkt, wo sich exakt die Daten befinden oder Datenflüsse stattfinden, die genutzt werden können, um Machine-Learning-Algorithmen zu trainieren und Neuronale Netze aufzubauen. Microsoft Azure ist der zentrale Hub, an dem am Ende alles zusammenläuft und die dafür notwendigen Cloud-basierten AI-Services zur Verfügung stehen, um eine AI-Strategie umzusetzen.

Google investiert am meisten in AI

Was die Cloud betrifft, hinkt Google weiter hinter AWS und Microsoft hinterher. Allerdings könnte AI hier zum Game Changer werden. Vergleicht man aktuell Googles AI-Service-Portfolio mit dem von AWS und Microsoft, dann lässt sich festhalten, dass Google zwar eigentlich ein Nachzügler unter den innovativen Anbietern von Public-Cloud- und AI-Services ist. Andererseits haben Googles AI-Investitionen eine Summe von 3,9 Milliarden US-Dollar erreicht. Im Vergleich dazu hat Amazon bisher nur 871 Millionen US-Dollar und Microsoft nur 690 Millionen US-Dollar in AI investiert. Bei Google mangelt es halt an der konsequenten Exekution.

Aber: Google hat weltweit bereits mehr als eine Million AI-Nutzer (überwiegend durch die Akquisition der Data Science Community "Kaggle") und besitzt extrem viel AI-Know-How (unter anderem durch die Akquisition von "DeepMind"). Zudem gilt Google unter Entwicklern als die leistungsstärkste AI-Plattform mit den fortgeschrittensten AI-Tools.

Zudem ist TensorFlow die führende AI-Engine und für Entwickler die wichtigste AI-Plattform, mit welcher schon zahlreiche AI-Projekte umgesetzt wurden. Weiterhin hat Google mit den Tensor Processing Units (TPUs) eigene Prozessorchips entwickelt, die speziell für den Einsatz mit TensorFlow abgestimmt sind. Mit Cloud AutoML hat Google erst kürzlich einen MLaaS-Dienst angekündigt, mit dem auch unerfahrene Machine-Learning-Entwickler eigene Deep Learning Modelle bauen können.

Wenn man sich dann noch vor Augen hält, wo Google unter anderem mit dem Android OS seine Finger im Spiel hat (beispielsweise Smartphones, Haushaltsgeräte, Smart Home oder Autos), wird das Potenzial der AI-Services auf der Google Cloud Platform deutlich sichtbar. Der einzige Wehrmutstropfen besteht - weiterhin - darin, dass Google nur Entwickler bedienen kann. Der ausschlaggebende Zugang zu Unternehmen, wie Microsoft ihn besitzt, fehlt immer noch.

AI wird der Game Changer in der Public Cloud

Der Markt für AI-Plattformen und AI-Services befindet sich derzeit noch in der Anfangsphase. Doch mit dem wachsenden Bedarf, Kunden intelligente Produkte und Services anzubieten, werden Unternehmen dazu übergehen, sich Unterstützung zu suchen. Und Fakt ist, dass nur der leichte Zugang zu Cloud-basierten AI-Services und die dafür notwendige und schnell zur Verfügung stehende Rechenleistung die Entwicklung neuer "intelligenter" Produkte, Services und Geschäftsmodelle ermöglicht.

Für Unternehmen macht es daher keinen Sinn, AI-Systeme inhouse aufzubauen, da sich diese dort unter anderem nicht performant und skalierbar betreiben lassen. Zudem sollte der Zugriff auf die Endgeräte und die weltweit verteilten Daten, die ausgewertet werden müssen, nicht vernachlässigt werden. Das ist nur durch weltweit skalierte und gut vernetzte Cloud-Plattformen möglich.

Für die Anbieter könnte AI zum Game Changer in der Public Cloud werden. Nachdem AWS und Microsoft das Feld anführen, hat es Google bis heute dort nicht geschafft, signifikant Boden gut zu machen. Mit seinem AI-Portfolio könnte sich das aber ändern. Vor allem TensorFlow und die Beliebtheit unter Entwicklern spielt Google dabei in die Karten.

Aber dort sind AWS und Microsoft bereits auf der Hut und gehen sogar gemeinsam dagegen vor. Mit "Gluon" haben beide zusammen eine Open-Source Deep Learning Bibliothek entwickelt, die sehr ähnlich funktioniert wie TensorFlow. Zudem muss man AWS und Microsoft zusprechen, dass sie ein breites Angebot von AI-Engines (Frameworks) unterstützen und eben nicht nur TensorFlow.

Ob Google eines Tages AWS einholen wird, bleibt zu bezweifeln. Aber Microsoft könnte schnell den Atem zu spüren bekommen. Für Microsoft wird es ausschlaggebend sein, wie schnell Unternehmenskunden vom AI-Service-Portfolio überzeugt werden können und ob währenddessen das Verständnis vermittelt wird, andere Microsoft-Produkte und Services (zum Beispiel Azure IoT) in die AI-Strategie einfließen zu lassen.

Amazon wird mit seiner dualen Strategie, dem Fokus auf Entwickler und Unternehmen, den Public-Cloud-Markt auch weiterhin anführen und die Heimat für all diejenigen - insbesondere Cloud-nativen - AI-Nutzer sein, die nicht ausschließlich TensorFlow einsetzen wollen. Hinzu kommt die große und auf Innovationen ausgerichtete Kundenbasis, die versteht, welchen Nutzen AI-Services bergen.