Organisation, Technik, Finanzen

Industrie 4.0 und die Risiken

28.09.2016
Von   IDG ExpertenNetzwerk
In seinen beruflichen Stationen bei Siemens, Staufen AG, MT Aerospace und aktuell Webasto trug Dr. Walter Huber überwiegend die Verantwortung für strategische Veränderungen. Aktuell ist er bei Webasto als Director im Produktionsbereich/Manufacturing Engineering beschäftigt. Im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit hat er über 30 Industrie 4.0 Projekte umgesetzt und mehrere Firmen in Richtung Industrie 4.0 transformiert. Hierzu ist auch beim Springer Verlag das Buch mit dem Titel Industrie 4.0 in der Automobilproduktion erschienen. Ein weiteres Buch mit dem Titel Wie Technologien unsere Wirtschaft und unsere Unternehmen verändert erscheint ebenfalls beim Springer Verlag.

Wirtschaftliche Risiken

In der Aufzählung dürfen natürlich wirtschaftliche Punkte nicht fehlen. Industrie 4.0-Projekte müssen sich sowohl wirtschaftlich für ein Unternehmen darstellen lassen als auch einen entsprechenden Return of Investments liefern. Diese Punkte verhindern teilweise das Starten von Industrie 4.0-Projekten. Die wichtigsten hier zu beachtenden Punkte sind:

Vielfach lange ROI-Zeiten: Vielfach sind erhebliche Investitionen im Zuge von Industrie 4.0 Projekten zu tätigen. Die Amortisierungsrate liegt hierbei entsprechend hoch, etwa bei 2-3 Jahren. Somit sollten zumindest die ersten Projekte in diesem Umfeld deutlich kürzere Investitionszeiten aufweisen - was durchaus möglich ist.

Mangelnde Investitionsbereitschaft: Nicht nur McKinsey hat festgestellt, dass deutsche Unternehmen deutlich zu wenig in das Thema investieren.

Verlust von Arbeitsplätzen: Die Digitalisierung wird vor allem zu Arbeitsplatzverlusten in den indirekten Bereichen und bei einfachen Tätigkeiten in der Produktion führen. Die Steigerung der Automatisierung und damit die Reduzierung von Kosten ist ja ein zentraler Punkt bei derartigen Projekten. Es darf aber unter keinen Umständen zu einem Arbeitsplatzabbau kommen, sonst gefährden Sie in Ihrem Unternehmen das ganze Thema - und natürlich auch ihren betrieblichen Frieden. Die Steigerung der Automatisierung muss vielmehr mit einer gleichzeitigen Erhöhung des Absatzes verbunden sein.

Verlust von Geschäftsfeldern: Durch die Digitalisierung treten neue Marktteilnehmer auf den Plan (Amazon, Apple,…) und können etablierte Hersteller (wie Buchhandlungen, Verlage) verdrängen. Über einen "Start-Up-Ansatz" etwa lassen sich, als eine Möglichkeit, neue Wege für etablierte Unternehmen beschreiten.

Mangelnde Forschungsförderung: Es existiert zwar eine gute Forschungs- und Förderlandschaft in Deutschland. Länder wie China und Japan geben aber ein Vielfaches im Bereich Forschungsförderung aus als Deutschland. Auch werden primär Innovationen gefördert und weniger Umsetzungsprojekte basierend auf schon heute etablierten Lösungen. Somit wird der Zurückhaltung bei Industrieunternehmen nicht ausreichend Rechnung getragen.

Gründer-Gen und disruptive Veränderung: In den USA steht ein Vielfaches an Risiko-Capital zur Verfügung als in Deutschland. Dementsprechend ist die Start-Up Szene in den USA deutlich ausgeprägter. Ferner ist das Scheitern, im Gegensatz zu den USA, gesellschaftlich in Deutschland stark negativ behaftet. Eine Konsequenz ist, dass zwar in Deutschland viele Technologien entwickeln, in den USA werden daraus Produkte und Geschäftsmodelle generiert.

Fazit: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Das Aufzeigen von Risiken sollte nicht vor entsprechenden Projekten abschrecken, sondern vielmehr dazu ermutigen. Wenn man den "Feind - also die Risiken - kennt", kann man schon im Vorfeld entsprechende Maßnahmen aufsetzen. Somit gelingen nicht nur die Projekte, sondern es können auch die erhofften Potentiale gehoben werden. (mb)