Interview mit Frank Riemensperger, Accenture

Industrie 4.0 - eine Chance für Deutschland

01.07.2013
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Transformationsprojekte und Bundled Services sind das Kerngeschäft von Accenture. Frank Riemensperger, verantwortlich für die Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, erklärt, was dahinter steckt und welche Chancen der Industrie-4.0-Trend für deutsche Unternehmen birgt.

CW: Wie können die Geschäfte von IT-Dienstleistern wie Accenture künftig noch laufen, wenn immer größere Teile des IT-Service-Stacks zu Commodity-Leistungen werden und sich Trends wie Cloud Computing durchsetzen?

Riemensperger: Immer besser! Die alten Technologien sind nach wie vor im Markt, und gerade in den letzten Jahren kommen laufend Technologieinnovationen - Stichwort SMAC (Social, Mobile, Analytics, Cloud, Anm. d. Red.) - dazu. Wir haben uns längst entsprechend aufgestellt und sind nun auf die wesentlichen Kernprodukte spezialisiert. Dazu gehören Unternehmenstransformationen bei Großkonzernen - und das ist viel breiter angelegt als IT-Projekte. Wer das beherrschen will, braucht ein Bündel von Fähigkeiten in der Management- und Strategieberatung sowie im Technologiebereich.

Frank Riemensperger ist bei Accenture für die Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich.
Frank Riemensperger ist bei Accenture für die Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich.
Foto: Accenture

Es geht darum, komplexe Unternehmensreorganisationen und Automatisierungen vorzunehmen. Der Transformationsaspekt ist dabei der eine Teil, der Betrieb von Services der andere. Das können beispielsweise Application Management Services sein, aber auch Geschäftsprozesse. Diese Services werden im Bündel dauernd komplexer. Wir betreiben heute beispielsweise eine Claims Management Factory, in der wir für unsere großen Versicherungskunden Schadensfälle bearbeiten. Wir haben eigene Mitarbeiter, die solche Fälle regulieren. Das ist ein typischer Bundled Service, den wir anbieten, ein weiterer ist die Airline Reservation für Low-Cost-Fluglinien.

CW: Das, was man gemeinhin Business Process Outsourcing nennt, also…

Riemensperger: Naja, Outsourcing steht ja oft unter der Überschrift ‚Do your mess for less‘. Das ist nicht unser Geschäft. Für uns ist der Transformationsaspekt entscheidend. Traditionell heißt Outsourcing ja: ‚Übernehmt unsere Leute, macht es ein bisschen billiger und transparenter, lasst uns weiter mit unserer Anwendung in unseren Prozessen arbeiten.‘ Das war gestern. Heute geht es darum, Leistungen über standardisierte Schnittstellen zu erbringen. Dem Kunden ist es letztendlich nicht so wichtig, welche Software hinter der Abwicklung der Geschäftsprozesse steht. Er sagt: ‘Wenn wir die Software nicht mehr lizenzieren müssen und Ihr Dienstleister sie in Euer Angebot einbindet, ist uns das nur recht. Ihr bietet uns den bearbeiteten Geschäftsvorfall als Ganzes an.‘

Solche Bundled Services kommen immer mehr. Und dafür sind wir aufgestellt. Wir sind in den 90er Jahren mit Transformationsprojekten groß geworden. Heute heißt die Formel Transformation und Servicebetrieb. Wir haben nun über 260.000 Mitarbeiter, davon allein 150.000 in durchorganisierten Dienstleistungszentren. Dort erreichen wir eine Skalierung, Automatisierung und Professionalisierung, die kein Kunde mehr aus eigener Kraft hinbekäme. Diese automatisierten Dienstleistungszentren sind unserer Nährboden, von dem aus wir unsere Kunden, die Top-2000-Unternehmen weltweit, oft in 20, 30 oder 40 Ländern bedienen.

"CIOs haben den weltweiten Konzernblick"

CW: Beziehen diese Kunden Standard-Geschäftsprozesse von Ihnen?

Riemensperger: Nein, es gibt nur selten dasselbe Produkt über zwei oder drei Kunden hinweg in der gleichen Ausprägung. Die Services sind vergleichbar, werden aber auf den Kunden maßgeschneidert. Unser Ziel ist es, mit den Headquarters der größten Konzerne zu besprechen, wie wir ihre Wachstums- und Effizienzstrategien unterstützen können.

CW: Dann ist die COMPUTERWOCHE ja eigentlich gar nicht der richtige Ansprechpartner für Sie. Oder glauben Sie, dass IT-Entscheider so tief in solche strategische Entscheidungen eingreifen?

Riemensperger: Sie sind für uns sogar ein ganz wichtiges Medium! Die CIOs spielen eine entscheidende Rolle, denn sie haben einen weltweiten Konzernblick. Sie sind bei solchen Entscheidungen nicht nur dabei, sie müssen sie gegenüber dem Vorstand oft sogar präsentieren und vertreten.

CW: Warum legt Accenture weltweit so großen Wert auf seine dezentrale Ausrichtung?

Riemensperger: Nehmen wir Deutschland als Beispiel. Hier sind ungefähr 100 der weltweit 2000 größten Headquarters ansässig. Es gibt über 500 Firmen in Deutschland mit mehr als einer Milliarden Euro Umsatz. Die betreiben alle ein globales Geschäft, haben kontinuierlich Anforderungen an Veränderung und müssen immer effizienter werden mit ihren Infrastrukturen, Anwendungen und Prozessen. Wir müssen deshalb in der Geschäftslogik, wie sie hier am deutschen Marktplatz vorherrscht, denken und heimisch sein. Nur dann verstehen wir, wie aus Deutschland heraus das weltweite Geschäft abgewickelt wird.

CW: Momentan wird viel von der "Digitalen Revolution" gesprochen, der Digitalisierung des Kern-Business von Unternehmen. Erleben Sie wirklich, dass auf Vorstandsebene diskutiert wird, welche Chancen Big Data oder ein Realtime Enterprise bieten?

Riemensperger: Die Aufmerksamkeit steigt, die Themen gewinnen Quartal für Quartal an Bedeutung. Wir reden viel über die vier großen Trends Social, Mobile, Analytics und Cloud , - letztendlich geht es aber nicht um Technologie, sondern um neue Internet-basierte Geschäftsmodelle. Als Präsidiumsmitglied im Bitkom führe ich auch viele Gespräche über das Thema Industrie 4.0. Wir haben hier eine gemeinsame Geschäftsstelle von Bitkom und den Industrieverbänden VDMA und ZVEI eingerichtet. Hier ist schon sehr gut zu erkennen, dass die Einzeltechnologien gerade wie auf einer Perlenkette aufgefädelt werden, um gerade in unseren Leitbranchen mit intelligent vernetzten Produkten neue Geschäftsmodelle zu erschließen. In den letzten vier bis fünf Jahren sind definitiv Dinge passiert, die auch unsere Industrielandschaft verändern werden.

"Apple hat mit dem AppStore eine Lawine losgetreten"

CW: Zum Beispiel…

Riemensperger: Apple hat mit dem AppStore eine Lawine losgetreten. Die Apps von Deutsche Bahn oder Lufthansa zählen heute bestimmt zu den meistgenutzten in Deutschland. Inzwischen gibt es Anwendungsmarktplätze, wo operative Anwendungen, die mit der Umgebung kontextbasiert kommunizieren können, für wenig Geld ins Netz gestellt werden. Die Anwendungen laufen meist in der Cloud. Ein weiterer Trend: Big Data und Realtime Analytics. Letztes Jahr hat SAP den Deutschen Innovationspreis für HANA gewonnen: Realtime Analytics kontextsensitiv eingebettet in die Geschäftssituation.

Wir haben heute Millionen Smartphones, breitbandig vernetzt, App-Lösungen zunehmend mehr kontextsensitiv und ortsbezogen. Wir haben Datenbanktechnologien die es uns erlauben, Sachverhalte blitzschnell auszuwerten und an den Benutzer zurückzuspielen. Da sehen wir tolle Anwendungen!

CW: Was bedeutet das für den Industriestandort Deutschland?

Riemensperger: In unseren Leitmärkten waren deutsche Unternehmen immer in der Lage, komplexe, hochwertige Produkte herzustellen. Jetzt geht es darum, diese Produkte intelligent zu machen. Nicht autistisch intelligent, das waren sie schon in der Vergangenheit, sondern vernetzt intelligent. Nehmen Sie etwa Baumaschinen. Ein Anbieter wie Liebherr kann wahrscheinlich schon heute herausfinden, wo seine Maschinen stehen und wie sie ausgelastet sind. Das könnten aber auch die Blechbiege-Maschinen von Trumpf sein. Die sind schon intelligent und anfunkbar über die Wartung. Aber was wäre, wenn sie sozusagen in einem ständigen wechselseitigen Austausch mit ihrem Hersteller stünden? Wenn 20.000 oder 30.000 Blechbiegemaschinen beliebig definierbare Informationen zurückspielen würden? Was kann ein Maschinenhersteller aus dieser kollektiven Einsatzerfahrung lernen?

Oder wenn Kärcher seine Industriereiniger kommunizieren lassen würde, was draußen im Feld gerade passiert und welche Herausforderungen zu bewältigen sind? Der iWalk von ThyssenKrupp - die "intelligente Rolltreppe" - ist schon kontextsensitiv, da werden Stromverbrauchsdaten zurückgespielt. Produkte intelligent kommunizieren zu lassen, ist nicht teuer. Die Daten gibt es oft bereits, sie müssen nur noch kommuniziert und ausgewertet werden.

Inzwischen gibt es Cloud-basierte Lösungen, die es auch Mittelständlern erlauben, eine Beziehung mit Ihren 20.000 oder 1000.000 Produkten im Betrieb zu haben und die Betriebsdaten zum kollektiven Lernen zu nutzen. Dann geht es um die Use Cases: Was mache ich mit diesen Daten? Ich kann sie in die Realtime Analytic hineingeben und daraus vermarktbare Geschäftsmodelle entwickeln. Einige sind ja offensichtlich, Preemptive Maintenance zum Beispiel oder Einsatzsteuerung oder Ersatzteilversorgung. Aber vielleicht sind auch noch ein paar andere denkbar, wo kollektive Lernerfahrung oder Einsatzszenarien nützlich werden.

Das sind Trends, die unsere Branche beflügeln werden! Wir haben nicht mehr nur den User am Bildschirm oder Smartphone als Kunden, sondern auch noch ein paar Millionen Produkte im laufenden Betrieb. Digitale Geschäftsmodelle werden folgen, sie lassen sich auf die physischen draufsatteln.

CW: Geht es für Accenture künftig darum, dass Portfolio der unterstützten Geschäftsprozesse in dieser Hinsicht auszubauen?

Riemensperger: Absolut, wir bieten zum Beispiel Realtime Analytics as a Service an.

CW: Also füttern Sie SAPs HANA-Appliance im Kundenauftrag?

Virtuelle Kraftwerke helfen bei der Energiewende

Riemensperger: Wir helfen Kunden, unternehmensrelevante Entscheidungen zu treffen. Dafür nutzen wir auch HANA und haben mit Alexander Zeier einen Kollegen an Bord geholt, der HANA mitentwickelt hat. Es ist nicht trivial, Geschäftsmodelle zu entwickeln nach dem Motto: Wie lassen sich aus den kontextsensitiven Daten aus dem Maschinenumfeld Wertschöpfung und schließlich Umsatz generieren? Da ist oft nicht viel Phantasie da.

Einerseits fokussieren wir uns auf Transformation, wir bauen die Infrastruktur auf HANA um, da haben wir einige Pilotkunden. Und dann können wir uns auch hier Bundled Services vorstellen. Wir bringen unsere Analytic Factory mit 1000 Analytikern ein und suchen Allianzpartner aus der Industrie, die die Maschinen kennen. Hier können wir uns gemeinsame Geschäftsszenarien vorstellen.

Ist das jetzt Wishful Thinking? Nein! Gehen wir mal ein paar Industrien durch, wo das passieren wird. Die Energiewende wird nicht funktionieren ohne solche Ansätze. Wir haben uns ja übers EEG eine Erzeugungskraft zugelegt, die in Spitzenzeiten wahrscheinlich größer ist als der Verbrauch in unserem Land. Aber eben nicht immer und nicht planbar. Wir müssen die Energie teilweise für kleines Geld oder sogar umsonst weggeben, weil es auf der Verbraucherseite an intelligenten Systemen fehlt, die den Bedarf erheben und steuern.

Beim Deutschen Innovationspreis, den wir jährlich gemeinsam mit EnBW, Evonik und der Wirtschaftswoche veranstalten, hatten wir im letzten Jahr den CTO der Energy Division von Siemens als Redner zu Gast. Der hat gesagt, wir müssten lernen virtuelle Kraftwerke und virtuelle Verbrauchsnetze zu konfigurieren, jeweils situationsabhängig. Das wird nur gehen, wenn die Produkte intelligent sind, wenn Smart Meters die Verbräuche anzeigen, wenn Fotovoltaik-Anlagen und Gaswerke angeschlossen sind, und wenn da einer sitzt, der wie im Leitstand Supply und Demand zusammenführt. Da sind wir noch lange nicht.

Verbrauchszustände müssen kommuniziert werden, dahinter muss eine skalierbare Cloud-Lösung liegen, in der die Daten gesammelt werden. Und es muss jemand da sein, der mit diesen Daten im Sinne der Realtime Analytic etwas macht und zu entscheidungsrelevanten Informationen kommt. Wie bei einem Flugzeugleitsystem in der Flugsicherung. An dieser Wertschöpfungskette werden so viele beteiligt sein, dass es die ganze Industrie beflügeln kann.

CW: Daraus schließe ich, dass Sie als Accenture sich im Zuge des allgemeinen Digitalisierungstrends in den wichtigen Branchen direkt in die Innovationsprozesse einschalten wollen.

Riemensperger: So ist es. Aber mit dem klarem Fokus, Inventionen in funktionierende Lösungen umzusetzen. Wir sind im Marktzugang nach Branchen gegliedert und haben für jede Branche eine klare Vision, wie die Digitalisierung vorangehen muss. Wenn Sie sich den Online-Handel ansehen, dann ist das schon im Full Swing. Bei der Energie stehen wir noch am Anfang. Die Industrie weiß, wie es gehen müsste, aber wir sind in der Digitalisierungsdurchdringung und den Organisationskonzepten noch nicht so reif und die Marktregulierung tut ihr übriges. Aber Deutschland könnte hier ein Leitmarkt für die Welt werden, wenn wir zeigen können, dass die Energiewende in einem Industrieland funktioniert.

CW: Wie sehen Sie die Potenziale im Gesundheitswesen?

"Wir haben eine Gesundheitskarte, die quasi leer ist"

Riemensperger: Schauen wir uns die Gesundheitskarte an. Das ist in sich widersprüchlich und in hohem Grade inkonsequent! Wir wissen eigentlich, wie es geht, aber dann haben wir aufgrund von irgendwelchen Überlegungen bezüglich Marktzugang, Datenschutz etc. eine Karte herausgebracht, die quasi leer ist. Das war nicht im Sinne des Erfinders. Wie es geht, zeigt Fresenius Medical Care sehr schön. Ich habe deren Vorstand Professor Emanuele Gatti gefragt: ‚Wie macht Ihr das, so schnell profitabel zu wachsen und die Weltmarktführerschaft in der Dialyse immer weiter auszubauen? Blutreinigung über Filter - das ist doch eigentlich ein standardisiertes Geschäft. Was ist Euer Alleinstellungsmerkmal?‘

Gatti sagte, dass die Maschinen weltweit führend seien, dass man aber noch etwas anderes gemacht habe: ‚Fresenius hat angefangen, die Medikamentierung der Patienten in Abhängigkeit von ihrem Zustand vor, während und nach der Behandlung zu analysieren. Wir haben in über Hunderttausenden von Behandlungen gelernt, in welchem Zustand welche Medikamentierung in Verbindung mit der Blutwäsche so förderlich für den Patienten ist, dass der Krankheitsverlauf verzögert wird und der Verlust an Lebensqualität später einsetzt.‘ Wenn also Patienten zu Fresenius kommen, so Professor Gatti, dann haben sie typischerweise eine höhere Lebensqualität mit der Krankheit. Das ist klar ein Alleinstellungsmerkmal, das Fresenius der Analytik verdankt.

Die Hälfte ist medizinische Technik und Behandlungsqualität, die andere Hälfte sind Daten über die Effekte der Nutzung des eigenen Geräts. Das lässt sich auch auf andere intelligente Produkte übertragen. Man könnte sich einen Röntgenapparat vorstellen, der verschiedene Aufnahmen eines Patienten über einen längeren Behandlungsverlauf hinweg macht. Das könnte man mit Hunderttausenden Patienten tun. Mit Hilfe intelligenter Analyse könnten Behandlungsverlaufe kategorisiert werden. Nach einigen Jahren wäre es denkbar, dass so ein Röntgenapparat exakte Hinweise zur Diagnose liefert und darüber hinaus Behandlungsvorschläge macht - auf der Basis von Daten zu Hunderttausenden Patienten mit ähnlichen Krankheitsverläufen.

CW: Diese Idee ist ja nicht ganz neu. Mit Künstlicher Intelligenz sollten schon vor 20 Jahren die Diagnosen im Gesundheitswesen automatisiert werden. Bis heute ist davon in der Praxis kaum etwas angekommen.

Riemensperger: Wir sind heute mit den neuen Technologien wesentlich weiter. Und wir haben einen solchen Kostendruck in der Medizin, ich glaube nicht, dass sich jemand wirklich gegen Innovation wehren würde. Vitaphone, vom SAP-Mitgründer Werner Hector ins Leben gerufen, ist auch ein gutes Beispiel. Der hat eine Platine entwickeln lassen, die Körperfunktionen überwacht. Die findet ihren Einsatz bei Patienten in der häuslichen Pflege. Puls, Herzschlag, Blutdruck - er hat 20.000 Patienten in der Rund-um-die-Uhr-Überwachung, hat ein Call-Center mit Krankenschwestern dahinter, und einen First- und Second-Level-Support mit Ärzten. Der hat schon einige Leben gerettet.

Das ist nicht das Ende der Vision. Wenn man ein paar Jahre lang Hunderttausende Patienten in der Beobachtung hatte, lässt sich viel herausfinden. Man sieht den Zwischenfall eher kommen. Vielleicht registrieren Sensoren, dass der Gang nicht mehr stabil ist, dass ein leichtes Hinken zu erkennen ist. Das deutet möglicherweise auf einen bevorstehenden Schlaganfall hin. Patienten könnten länger in der häuslichen Pflege bleiben, was zudem günstiger wäre, und sie hätten vermutlich mehr Lebensqualität.

Am Anfang steht auch hier ein intelligentes Produkt, das kein Smartphone ist, sondern einen anderen originären Zweck hat. Dann werden die Einzeltechnologien zusammengefügt und es entsteht ein Geschäftsprozess. Das ist eine Riesenchance für Deutschland. Wir haben die intelligenten Produkte, die unsere Fabriken verlassen. Jetzt müssen wir sie kommunizieren lassen. Es liegt an uns, entsprechende Geschäftsmodelle zu entwickeln.

CW: An wem genau liegt es?

Das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 ist auf dem Weg

Riemensperger: Wir alle sind gefordert. Auch wir als Accenture, die wir uns zum Beispiel beim Bitkom engagieren oder bei Acatech mitmachen. Professor Kagermann hat ja das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 in die Wege geleitet. Er ist dabei, wieder eines auflegen, um das Thema Internet-basierende Dienste voranzutreiben. Da möchten wir einen Beitrag dazu leisten. Wir verkaufen ja keine Produkte im eigentlichen Sinne, sondern Ideen, Geschäftsprozesse und Dienstleistungen um deutsche Produkte herum, die idealerweise in der ganzen Welt angeboten werden. Letztendlich hat das mit Intellectual Property zu tun. Wenn es unseren Kunden mit ihrem Geschäft gut geht und wir dazu beitragen, dann ist das eine feine Sache.

CW: Sorgen Sie als Weltkonzern nicht eher dafür, dass diese Geschäftsideen flugs an den Wettbewerb durchgereicht werden?

Riemensperger: Da gibt es Spielregeln! Wenn wir uns daran nicht halten, bekommen wir hier keinen zweiten Auftrag mehr. Vertraulichkeit ist entscheidend, die meisten Kunden haben wir ja auch schon mehr als zehn, oft zwanzig Jahre. Die beauftragen uns immer wieder neu. Manche Geschäftsmodelle sind so, dass sie für einzelne Kunden gemacht werden und geschützt sind. Dann ist das so. IP und Patentschutz sind im globalen Wettbewerb ein ganz entscheidender Wettbewerbsfaktor. (mhr)

Kurzportrait

Frank Riemensperger, Jahrgang 1962, studierte Informatik in Deutschland und den USA. 1989 startete er bei Accenture als Spezialist für komplexe, IT-gestützte Unternehmenstransformationen in Großunternehmen. 1998 wurde er zum Partner berufen.
Seit November 2009 ist Frank Riemensperger Vorsitzender der Accenture-Ländergruppe Deutschland, Österreich, Schweiz. Im April 2011 wurde Frank Riemensperger zum Executive Vice President der American Chamber of Commerce in Deutschland gewählt und engagiert sich im Hauptvorstand des BITKOM, Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.