Harte Zeiten für Internet-Dienstleister

02.04.2002
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Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Um das, was den Web-Agenturen noch an potenziellem Geschäft geblieben ist, kämpfen sie inzwischen mit den klassischen Beratungsunternehmen. Die Analysten der Meta Group gehen davon aus, dass die am Neuen Markt notierten Internet-Dienstleister 2004/05 höchstens zehn Prozent des Markts unter sich aufteilen werden. Allein die acht größten globalen IT-Beratungshäuser würden im Jahr 2004 weltweit über 20 Milliarden Dollar umsetzen. Das ist laut Meta-Group-Berater Achim Heidebrecht das Doppelte des Umsatzes, den alle Web-Agenturen zusammen generieren.

Web-Design bringt kaum noch Geld

Grund für die zunehmende Dominanz der großen Consulting-Firmen im Internet-Geschäft ist neben ihren langjährigen Kundenbeziehungen vor allem die wachsende Komplexität von E-Business-Projekten, der die meisten Agenturen, die bislang hauptsächlich mit der Website-Konzeption und -Gestaltung ihr Geld verdienten, nicht gewachsen sind. "Der Markt für Web-Design am Frontend ist implodiert", bringt Markus Kerber, Chief Financial Officer (CFO) bei GFT, das Dilemma auf den Punkt.

Stattdessen geht es heute in erster Linie um die Anbindung der E-Business-Anwendungen an die Backend-Systeme. Und da, so Meta-Berater Heidebrecht, haben die traditionellen Beratungshäuser vor den Internet-Dienstleistern einen klaren Vorsprung. Speziell im B-to-B- und B-to-E-(Business-to-Employee-)Bereich stehe nicht die Gestaltung, sondern die Integration der Anwendungen im Vordergrund: "Das Design - das macht doch maximal zehn Prozent der Kosten aus. Rund 20 Prozent entfallen auf Technik, und der Rest - das ist die Abbildung von Prozessen zwischen Zulieferern, Partnern und Kunden." Um Linux, Datenbank- und Netzwerk-Server, Weitverkehrsnetze und alle möglichen verschiedenen Clients erfolgreich zu integrieren, fehlt es den einstigen Stars der New Economy laut Heidebrecht nicht unbedingt an den entsprechenden Kenntnissen, aber an Erfahrung. "Die wissen oft nicht, wie man Daten aus einem Mainframe holt."

Auch im System- und Security-Management könnten die Agenturen mit den klassischen IT-Beratern und Systemintegratoren nicht mithalten: "Wenn das jemand beherrscht, dann nur die großen Consulting-Firmen", so der Experte. Diesen Vorwurf weist Sinner-Schrader-Vorstand Matthias Schrader zurück. Er räumt zwar ein, dass es sich etwa bei der Implementierung von J2EE, XML oder Soap mittlerweile um Standard-Skills handle, über die sich die Anbieter nicht mehr voneinander abgrenzen könnten. Seiner Ansicht nach bieten aber auch Projekte, die rein auf die Geschäftsprozessoptimierung ausgerichtet sind, keinen Wettbewerbsvorsprung. "Die meisten Veränderungen finden künftig in der Schnittstelle zwischen Unternehmen, Lieferanten, Partnern und Endkunden statt", glaubt der Firmenchef.

"Und das funktioniert nur mit einer kundenorientieren Perspektive." Entscheidend sei daher, Lösungen aus einer Hand anbieten zu können: "Die Integration der Frontend-Prozesse in die IT sowie Marketing- und Kundenbindungsprozesse und Personalisierung - das kann ein rein auf Technik ausgerichteter Dienstleister nicht", ist Schrader überzeugt.