Harte Zeiten für Internet-Dienstleister

02.04.2002
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Einer der Gründe für den jähen Fall der einstigen Börsenlieblinge war ihr rasantes Wachstum während des Internet-Booms. Kabel New Media etwa hatte mit vier Mitarbeitern begonnen - nicht einmal zwei Jahre später beschäftigten die Hamburger fast 1000 Menschen. Ähnlich explosionsartig entwickelten sich die Personalstände bei Razorfish oder der ebenfalls schwer angeschlagenen Concept AG. Dabei übernahmen sich die Internet-Beratungsfirmen mit zum Teil kaum nachvollziehbaren Akquisitionen, mit denen sie sich als Full-Service-Agenturen positionieren wollten. Doch die Erwerbungen konnten nur unter großen Mühen und Kosten integriert werden, weil die nötigen internen Strukturen nicht vorhanden waren. „Wir sind in der Internet-Euphorie zu schnell und zu unstruktruiert gewachsen“, räumt Paulus Neef, Gründer und Vorstand von Pixelpark, rückblickend ein. Das rapide Wachstum ging dabei nicht

selten zu Lasten der Kunden. „Es blieb ja kaum Zeit, ausgewogene Projektteams aufzubauen“, gesteht Stefan Hetges, Geschäftsführer der seit Anfang des Jahres unabhängig von der US-Mutter operierenden Web-Agentur Razorfish Germany. Das habe das Vertrauen in die Kompetenz der Web-Dienstleister nachhaltig erschüttert.

Das Image hat gelitten

„Es gab eine ganze Reihe von Agenturen, die sich quasi alles - von der Konzeption über die Markenkompetenz und Gestaltung bis hin zur SAP-Integration - auf die Fahnen geschrieben haben“, kritisiert auch Matthias Schrader, Vorstand des vorrangig auf E-Commerce spezialisierten Dienstleisters Sinner Schrader. Versprechungen, die jedoch nicht zu halten waren: „Diese Anbieter haben viel verbrannte Erde hinterlassen und dem Ruf der gesamten Branche geschadet.“ Hinzu kam das Platzen der Dotcom-Blase: Die Web-Dienstleister rennen heute keine offenen Türen mehr ein wie zu Zeiten des Internet-Booms, als in der Old Economy noch wenig Wissen über die Möglichkeiten im Web und deren Umsetzung vorhanden war. Mittlerweile haben fast alle Unternehmen ihre eigene Website - die damals vorrangige Tätigkeit der Agenturen, das Web-Design, ist kaum noch gefragt. „Das Internet-Geschäft hat sich im  letzten Jahr fast komplett aufgelöst“, bilanziert Ulrich Dietz von GFT Technologies aus St. Georgen im Schwarzwald. „Nice-to-have-Projekte werden überhaupt nicht mehr - andere Web-Aktivitäten nur noch schrittweise in Angriff genommen“, bestätigt Schrader. „Selbst fest budgetierte Projekte werden oft nicht freigegeben.“

Wachsende Konsolidierung

Die schwache Auftragslage seit Beginn der Dotcom-Krise hat zu einer geringeren Auslastung der Kapazitäten, niedrigen Margen im Kerngeschäft, einen extremen Preisdruck und schließlich zu einer zunehmenden Konsolidierung geführt. Wegen ihres tief gesunkenen Börsenwerts sind viele der noch übrig gebliebenen Dienstleister attraktive Übernahmekandidaten - speziell für große IT-Servicekonzerne, die ihr Portfolio um die gestalterische Komponente ergänzen wollen. Auch Werbeagenturen sehen in der Akquisition von Internet-Beratungsfirmen eine Möglichkeit, ihren Kunden klassische Werbung und Online-Dienstleistungen aus einer Hand zu bieten. Ein Beispiel für diese Strategie ist die Übernahme der Concept AG durch WPP/Ogilvy One.