"Bewerben ist ein Projekt"
CW: Welche Chancen haben denn Absolventen, direkt nach dem Studium in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen?
Glaser-Radtke: Tja, das ist häufig das Problem. Da, wo sich gute Absolventen anbieten, werden sie oft nur als Praktikanten eingestellt. Der Bereitschaft, junge Leute in die Praxis mit einer realistischen Schrittgeschwindigkeit einzubinden, so dass sie in das Projektgeschäft und in dessen besondere Anforderungen hineinwachsen können, stehen meistens der Kostendruck und der Wunsch nach einem schnellen ROI entgegen. Viele Lebensläufe von jungen Bewerbern zeigen häufig die ersten zwei Jahre nach Studienabschluss eine Reihe von Praktika auf. Hier muss sich die Einstellung der Branche ändern, denn ohne eine Investition in junge Leute werden wir auch in Zukunft nicht die benötigten Potentiale ausreichend zur Verfügung haben. 2016 wird die durchschnittliche Belegschaft 55,6 Jahre alt sein.
CW: Müssen die Älteren von ihren Gehaltsforderungen runter gehen, damit sie gegen die Jüngeren punkten können?
Glaser-Radtke: Diese Frage kann man eindeutig mit "Nein" beantworten. Meine vorherigen Ausführungen machen deutlich, dass im Segment der Beratung - vielleicht anders als in anderen Branchen - der Umgang mit heiklen Projektsituationen, das Führen von Teilprojekten oder großen Projektteams, die Verantwortung für ein- bis zweistellige Projektbudgets neben sehr gutem Prozess-Know-how viel Erfahrung, Menschenkenntnis, Projektmanagement- und Soft Skills bedeuten.
- Was macht einen guten Projektleiter aus?
Ein ganzes Bündel an Kompetenzen! Schauen Sie selbst... - 1. Fachliche Kompetenzen
Projekt-Manager sollten über Branchen- und Unternehmenswissen verfügen. - 2. Methodisches Wissen
Projektleiter sollten die Standardwerkzeuge im Projekt-Management anwenden können. - 3. Soziale Fähigkeiten
Projektziele lassen sich vor allem erreichen, wenn die Projekt-Manager viel Kommunizieren und Netzwerke knüpfen können. - 4. Durchsetzungsfähigkeit....
...ist für einen Projekt-Manager ebenso wichtig wie andere Führungsqualitäten. - 5. Die Unterstützung des Managements...
...muss sich ein Projektleiter sichern können. Dazu gilt es, das Projekt strategisch einzuordnen und die Stammorganisation einzubeziehen. - 6. Interkulturelle Kompetenzen
Projekt-Manager sollten offen, respektvoll und gerecht gegenüber allen Mitarbeitern sein und dabei auch kulturelle Unterschiede berücksichtigen. - 6. Interkulturelle Kompetenzen
Projekt-Manager sollten offen, respektvoll und gerecht gegenüber allen Mitarbeitern sein und dabei auch kulturelle Unterschiede berücksichtigen.
CW: Wie vermitteln Sie ältere Kandidaten an Unternehmen? Müssen Sie da auf Unternehmensseite viel Überzeugungsarbeit leisten?
Glaser-Radtke: Zunächst führe ich ein Vorgespräch mit den Fach- und Personalabteilungen der Unternehmen, die Vakanzen ausgeschrieben haben. Da geht es dann um die benötigten Qualifikationen der Kandidaten sowie die Gehaltsspanne. Hier sprechen wir auch über die Altersstruktur der Teams. Der Wind hat sich gedreht und meistens spielt aber das Alter keine übergeordnete Rolle. Ich hatte beispielsweise einen Kunden, ein Anwenderunternehmen mit outgesourcter IT-Tochter, deren Mitarbeiter zwischen 35 bis 45 Jahre alt waren. Diese Firma wünschte sich Bewerber, die altersmäßig dazu passten, also bis maximal 53 Jahre. Diese Offenheit nach oben hat es vor ein paar Jahren nicht gegeben. Der demografische Wandel hat eine große Dynamik in den Arbeitsmarkt gebracht.
CW: Wie sieht der Vermittlungsprozess genau aus?
Glaser-Radtke: Ich nehme eine Vorauswahl der Kandidaten vor, prüfe das Leistungsprofil gegen die Anforderungen des Kunden ab, führe zunächst ein Telefoninterview und erstelle ein Profil über deren Fach- und Methodenkompetenz sowie deren Persönlichkeit. Generell kommen Ältere dann in Frage, wenn sie offen sind und eine hohe Flexibilität mitbringen und noch den Wunsch haben, etwas zu bewegen, sich selbst noch einmal herauszufordern. Jemand, der zwar wechseln will, aber seine Annehmlichkeiten, z.B. eine Arbeitszeit von 9 to 5 zu haben, nicht aufgeben möchte, ist für das Beratungsgeschäft nicht geeignet.
CW: Wie alt war der älteste Kandidat, den Sie vermittelt haben?
Glaser-Radtke: Es handelte sich um eine Kandidatin! Die Dame war 58 Jahre alt, Senior Consultant im SAP-Umfeld und arbeitete für ein großes Beratungshaus unter lauter jüngeren Kollegen. Sie fühlte sich zunehmend unwohl und wollte wechseln, hatte jedoch Angst, dass sie in ihrem Alter keine neue Stelle mehr finden würde. Allerdings hatte sie enorme Erfahrung im SAP-Umfeld sowie weitreichendes Prozesswissen, zudem eine offene, ansprechende Persönlichkeit - die Soft Skills stimmten also, so dass es nicht lange dauerte, sie zu vermitteln. Es bedurfte lediglich eines Telefoninterviews und eines persönlichen Gesprächs. Beim zweiten Gespräch stand bereits fest, dass sie eingestellt wird.
CW: Dennoch haben viele 50+-Kandidaten Schwierigkeiten, einen neuen Job zu bekommen. Woran liegt das?
Glaser-Radtke: Wie gesagt, unsere Branche IT / SAP ist sicherlich etwas Besonderes. Aber für alle 50+ Kandidaten kann man sagen: Bewerben ist wie ein Projekt. Es kommt darauf an, wie professionell man seine Bewerbung angeht. Generell sollten Bewerber egal welchen Alters ihre Bewerbung wie ein Projekt planen und auch so vorantreiben. Ein Projekt wird in Meilensteine aufgeteilt und Teilziele und Hauptziele definiert. Dies sind auch die Grundlagen für eine gute Bewerbungsstrategie. Wenn der Kandidat weiß, was er kann und was er will, ist der nächste Schritt, zu prüfen, ob die Unterlagen komplett sind. Ist der Lebenslauf optimal gestaltet, macht es Sinn, zusätzlich ein Qualifikationsprofil/Projektprofil zu erstellen? Ist das Anschreiben attraktiv und nicht von der Stange, ist das Bewerbungsfoto qualitativ hochwertig und aktuell? Hier geht es um einen Verkaufsvorgang, um Self-Marketing! Zudem sollten Kandidaten ihr Netzwerk nutzen und sich überlegen, wer einen weiter empfehlen kann. Hierbei kann einem auch eine professionelle Karriereberatung helfen, die die Gesamtstrategie entwirft und auch Vorstellungsgespräche mit einem proben kann. Nicht zuletzt baut eine Karriereberatung das Selbstwertgefühl der Bewerber auf, was sich wieder positiv auf die Bewerbung auswirkt.
- Bewerbungsgespräch
"Warum sollen wir gerade Sie einstellen?" Als Bewerber zahlt es sich aus, auf diese Frage im Vorstellungsgespräch vorbeireitet zu sein. Was Sie sonst noch über eine erfolgreiche Bewerbung wissen sollten, das sagt Ihnen Cornelia Riechers, Autorin des paradoxen Bewerbungsratgebers "So bleiben Sie erfolgreich arbeitslos.", in den folgenden zehn Tipps. - Traumberuf
Der erfolgreiche Bewerber weiß, was er will. Er hat das, was er am allerliebsten tut, zu seinem Beruf gemacht. Die Freude an seiner Arbeit gibt ihm immer genug Kraft, um sich und seine Familie damit zu ernähren, auch in schlechten Zeiten. Wenn er in einer Firma seinen Job verliert, findet er im Handumdrehen etwas Neues oder macht sich selbständig. - Eigeninitiative
Der erfolgreiche Bewerber wartet nicht, wie der Mann auf dem Bild, bis jemand an seiner Haustür klingelt und ihm seinen neuen Job auf dem Silbertablett serviert. Er wird selbst aktiv und setzt alle Hebel in Bewegung. In seine Bewerbungskampagne investiert er genauso viel Arbeit wie in eine Vollzeitanstellung. Rückschläge verkraftet er gut, weil er immer mehrere Eisen im Feuer hat. - Zielgerichtete Bewerbung
Der erfolgreiche Bewerber sieht ein Unternehmen nicht als Anlaufstelle für seine Versorgungsansprüche. Vielmehr agiert er wie ein Verkäufer, der dem Arbeitgeber einen Nutzen bietet und dafür eine Vergütung erhält. Er zeigt dem Unternehmen, was er leisten kann, um dessen Umsätze und Gewinne zu steigern. - Selbstpräsentation
Der erfolgreiche Bewerber knausert nicht und übertreibt nicht. Sein Foto misst etwa sechs mal neun Zentimeter, seine schlichte, praktische Bewerbungsmappe umfasst maximal sieben bis zehn Dokumente. Sein Anschreiben passt auf ein Blatt; sein Lebenslauf darf sich über zwei bis drei Seiten erstrecken. Beim Vorstellungsgespräch tritt er bescheiden, jedoch nicht unterwürfig auf und strahlt Selbstvertrauen aus, ohne arrogant oder anmaßend zu wirken. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung: verkrampfte Hände und unruhige Füße wirken unsicher. - Stärken und Schwächen
Der erfolgreiche Bewerber besinnt sich auf seine besonderen Stärken. Dann findet er heraus, welche Unternehmen Bedarf an seinem Können haben. An diese wendet er sich, lange bevor sie ein Stellenangebot veröffentlichen. So erschließt er den verdeckten Stellenmarkt und verschafft sich dadurch Vorteile. - Wege zum Markt
Der erfolgreiche Bewerber kennt mehr als einen Weg zum neuen Job. Er reagiert auf Angebote in Printmedien und Internet-Jobbörsen, er schaltet auch ein eigenes Stellengesuch. Die Möglichkeiten der Agentur für Arbeit schöpft er aus, einschließlich der angeschlossenen Institutionen wie ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung). Er geht von selbst auf Firmen zu, nicht nur per Telefon, Brief und E-Mail, sondern auch persönlich. Sein berufliches und privates Kontaktnetzwerk nutzt er, um seinen Aktionsradius zu erweitern. Und er optimiert seinen Auftritt mit der Unterstützung eines Outplacement- oder Karriereberaters. - Bewerbungsmappe
Der erfolgreiche Bewerber gestaltet seine Bewerbungsunterlagen so, dass der Arbeitgeber seine Eignung für den angestrebten Job erkennt. Er legt den Schwerpunkt auf diejenigen Erfahrungen und Kompetenzen, die ihn dafür qualifizieren. - Anschreiben
Der erfolgreiche Bewerber befasst sich gründlich mit einem Stellenangebot, bevor er es beantwortet. Seine Analyse beginnt ganz oben, bei der Selbstdarstellung des Unternehmens und der Beschreibung der Aufgaben. Er versteht, worauf es bei der ausgeschriebenen Position ankommt, und arbeitet in seinem Anschreiben Punkt für Punkt alles ab, was er in Bezug auf die Anforderungen zu bieten hat. Dabei vergisst er auch seine Englisch- und IT-Kenntnisse nicht. - Vorstellungsgespräch
Im Vorstellungsgespräch zeigt der erfolgreiche Bewerber, dass er sich mit seinem zukünftigen Unternehmen und seiner Tätigkeit dort intensiv beschäftigt hat und dass er die anstehenden Aufgaben lösen kann. Außerdem spürt man seine Freude an genau dieser Arbeit, deshalb hat er die Nase vorn und kann die Konkurrenz ausstechen. - Einarbeitungszeit
In der Probezeit achtet der erfolgreiche Bewerber vor allem darauf, sich in das bestehende Team einzufügen. Er weiß, dass sein Erfolg nur zu zwanzig Prozent von seinen fachlichen Leistungen abhängt. Weil er dafür sorgt, dass sein Chef und seine neuen Kollegen ihn mögen, umgibt ihn automatisch auch der Nimbus des Tüchtigen.