Goldene Zeiten für Troubleshooter

21.01.2004
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Das kleine Einmaleins des Organisierens

Danach sei vor allem das "kleine Einmaleins" des Projekt-Managements gefragt gewesen, um die festgefahrene ERP-Einführung doch noch zu schaffen. So hat Baur Projektpläne erstellt, Meilensteine festgelegt und Teilprojekte abgebrochen, die nicht mehr zu den geänderten Unternehmenszielen passten. Das erfolgreiche Ende des ERP-Projekts wurde dann im Unternehmen mitgeteilt, der Vorstand bedankte sich zum ersten Mal persönlich während eines Abschlusstreffens bei den beteiligten IT-Mitarbeitern. Damit war der erste Schritt für ein besseres Image der IT-Abteilung getan, aber auch für die Motivation der Experten.

Zum Job eines Interims-Managers gehört es in der Regel auch, unangenehme Wahrheiten bis hin zu Entlassungen zu verkünden - oft holen sich Unternehmen externe Führungskräfte auf befristete Zeit nur aus diesem einen Grund ins Haus. Baur wehrt sich aber gegen pauschale Vorgaben zum Personalabbau und hält es für seine Pflicht, der Geschäftsführung zu verdeutlichen, wie viel IT-Mitarbeiter man braucht, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Wenn hier eine Übereinkunft erzielt ist, sollte man als Interims-Chef klar sagen, welche Arbeitsplätze in der IT-Abteilung sicher sind, und die Mitarbeiter nicht einer permanenten Ungewissheit aussetzen.

Harte Verhandlungen mit den Lieferanten

An der Kostenschraube konnte Baur bei den Kögel Fahrzeugwerken aber auch nach der Analyse der Dauerschuldverhältnisse drehen. Bald stellte sich heraus, dass über Jahre hohe Lizenzen und Wartungsgebühren für Softwaremodule bezahlt worden waren, obwohl sie nicht in Anspruch genommen wurden. "Auch in den Auseinandersetzungen mit den IT-Lieferanten hat man als externer Manager eine bessere Ausgangsposition", sagt Baur. Mit unverstelltem Blick nahm sich der Restrukturierungsprofi zudem die geplanten IT-Investitionen vor, unterzog sie einer genauen betriebswirtschaftlichen Prüfung und überlegte, ob die Ausgaben unbedingt nötig waren. Baurs Erfahrungen: "Nicht jede Migration oder Tool-Anschaffung, die in der Expansionsphase ins Auge gefasst worden ist, bleibt auch in Zeiten der Restrukturierung notwendig."

Als IT-Leiter auf Zeit brauchte Baur in erster Linie sein betriebswirtschaftliches Wissen und verließ sich bei der Beurteilung der reinen Technik und Infrastruktur auf die Einschätzung der IT-Mitarbeiter: "Man kann sich nicht in jedes Tool einarbeiten, sonst verzettelt man sich." Schließlich hatte er binnen acht Monaten nicht nur die Kosten zu senken, sondern auch die IT-Abteilung und ihre Schnittstellen zum Rest des Unternehmens neu zu organisieren. Zunächst legte er fest, dass künftig alle Anforderungen an die IT beantragt, begründet und schließlich von einem Gremium bewilligt oder abgelehnt wurden. Dann ordnete er den einzelnen Fachabteilungen IT-Koordinatoren zu, die ehemals im Bereich Organisation arbeiteten und nun als "Anwalt und Berater der Fachbereiche" fungierten.