Für die DMS-Anbieter wird die Luft dünn

28.05.2002
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Bei Filenet hingegen nennen sich die Vertriebsveranstaltungen „Move it“. Sie werden von der Hamburger Havi Computer-Service GmbH ausgerichtet, die im vergangenen Geschäftsjahr von Ceyoniq verkauft worden war, weil sie angeblich nicht zum Kerngeschäft gehört hat. Es winken günstige Konditionen für die Lizenzen und die Implementierung, heißt es von Filenet, einer Firma, die stets als „Mercedes“ der DMS-Branche galt.

Überhaupt ist die „Preisflexibilität“ im Markt plötzlich sehr groß, berichten Insider. Das Geschäft verläuft schleppend, ausruhen kann sich kein Anbieter. Machbarkeitsstudien gibt es viele, konkrete Projekte werden nur selten in Angriff genommen. „Das Wettrennen um die Gunst der Kunden ist hart“, beurteilt Analyst Bartsch von der BW Bank die Lage. Viel hat sich an den schlechten Rahmenbedingungen zum ersten Quartal des Jahres nicht geändert, als Investitionszurückhaltung, Überkapazitäten und die saisonale Schwäche zusammen kamen und den Absturz der Firmen auslösten.

Migrieren? Laut Volker Halstenbach, Berater bei Zöller & Partner, können sich die von den Firmenpleiten betroffenen DMS-Anwender mit einer Migration Zeit lassen, solange die Zukunft der Lieferanten und der Tools nicht geklärt ist: „Wer bereits produktiv tätig ist, sollte nicht hektisch zur Konkurrenz überwechseln.“ Eine Garantie, dass der Ersatzlieferant in einigen Jahren noch existiert, ist zudem niemals gegeben. Dies hängt auch nicht von der vermeintlichen finanziellen Stärke des Unternehmens ab, wie die Beispiele „Arcis“ (Siemens) und „Megadoc“ (Philips) zeigen. Nutzer sollten ihre DMS-Konzepte darauf ausrichten, möglichst unabhängig vom einzelnen Hersteller zu sein. Nach Ansicht Halstenbachs könnten Anwender auch die Gelegenheit nutzen, sich in der so genannten zweiten Reihe der DMS-Anbieter umzusehen. Dort seien im Laufe der Jahre teilweise sehr interessante Konzepte entwickelt worden.

Angesichts der eingefrorenen IT-Budgets ist es mehr als fraglich, ob Anwender in den nächsten Wochen auf eine neue Plattform migrieren, bloß weil der alte Lieferant zahlungsunfähig ist. „Allein durch die Insolvenz fällt uns nichts in den Schoß“, schätzt Ixos-Sprecher Huth die Lage ein. Man sei verhalten optimistisch für die nächsten Monate, störe sich aber daran, dass die gesamte Branche in Verruf geraten ist: „Jetzt müssen wir mithelfen, Schadensbegrenzung zu betreiben.“

Experten für Schadensbegrenzung

Mit Schadensbegrenzung hat Ixos immerhin Erfahrung, schließlich purzelten die Münchner vor zwei Jahren überraschend von einem hohen Ross herunter. Verluste waren aufgelaufen, die Finanzmarktkommunikation agierte nicht immer glücklich. Zudem hatten sich die Ixos-Gründer Eberhard Färber und Hans Strack-Zimmermann kurz vor der Gewinnwarnung von jeweils 300 000 Aktien getrennt - das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel schaltete sich ein. Von der negativen Entwicklung habe man nichts geahnt, lautete damals die Rechtfertigung.