E-Procurement: Der Preis ist nicht allein entscheidend

30.08.2001
Von Marcus Ehrenwirth

Darüber hinaus stellt sich die Frage, welcher Anteil des indirekten Beschaffungsvolumens sich tatsächlich elektronisch abwickeln lässt. Benötigt ein Unternehmen vor allem branchenspezifische Produkte, die direkt in seine Wertschöpfung einfließen (so genannte A- und B-Güter), lohnt sich die Einführung eines E-Procurement-Systems meistens nicht. Dies gilt desto eher, je niedriger die Zahl der jährlich anfallenden Bestellvorgänge und je kleiner das Unternehmen ist. In solchen Fällen kommt eher die Teilnahme an einem industriespezifischen oder vertikalen Marktplatz in Frage.

Von der Beschaffung zum Netsourcing

Vertikale Marktplätze sind vor allem dann erfolgversprechend, wenn die Unternehmen, die dort einkaufen wollen, in der Summe über eine gewisse Marktmacht verfügen. Sie hängt indes nicht nur von der Größe der Nachfrage ab, sondern auch davon, wie homogen die nachgefragten Produkte sind.

So dürften chemische Grundstoffe oder Elektronikkomponenten gute Voraussetzungen für den Erfolg elektronischer Märkte bieten. In der Möbelindustrie hingegen, wo das Design eine große Rolle spielt und die Qualität des Holzes noch immer durch Augenschein geprüft wird, sind die nachgefragten Güter heterogener. Marktplätze dürften es also schwerer haben, sich hier zu behaupten.

Ein Blick auf die weltweit existierenden Marktplätze für diese drei Branchen bestätigt eindrucksvoll diese Vermutung: Während man in der Chemieindustrie 57 und in der Elektronikbranche 124 Marktplätze zählt, sind es in der Holzindustrie nur sechs, und diese bedienen auch eher die Zielgruppe Sägewerke oder Papierhersteller, weniger die Möbelproduzenten.

Unternehmensgröße, organisatorisches Verbesserungspotenzial, Art und Menge der nachgefragten Güter und Dienstleistungen sowie die Bedeutung der einzelnen Komponenten der Total Cost of Procurement - dies sind die wichtigsten Bestimmgrößen dafür, ob ein Unternehmen an einem Online-Marktplatz teilnehmen soll und ob gegebenenfalls ein horizontaler, also branchenübergreifender einem vertikalen vorzuziehen ist. Auch die Frage, ob die Anschaffung einer Einkaufssoftware oder die Nutzung im Hosting-Verfahren günstiger ist, entscheidet sich anhand dieser Faktoren.