Dienst nach Vorschrift lähmt viele Firmen

12.11.2003
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Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Dieses Verhältnis ist, so die Ausgangsthese, nicht nur durch die rechtlich bindenden Regelungen im Arbeitsvertrag, sondern auch durch einen "psychologischen Vertrag" mit Elementen wie Vertrauen, Selbstwertgefühl, Emotionen, Sinnsuche und Verpflichtung gegenüber dem Unternehmen geprägt. Wurde früher die Loyalität der Mitarbeiter mit einer langfristigen Beschäftigungsgarantie seitens der Unternehmen honoriert, ist das Verständnis der Firma als Schicksalsgemeinschaft seit Anfang der 90er Jahre und den immer neuen Entlassungswellen zerstört. "Im Arbeitsleben hat sich eine neue Unverbindlichkeit breit gemacht. Ohne Emotionen und Ideale haben viele nur noch den eigenen Vorteil im Blick", beschreibt Fliaster. "Während des Börsenhypes sind Führungskräfte damit gut gefahren."

Viele haben dank großzügiger Aktienoptionsmodelle im Boom groß abkassiert, ohne später zur Verantwortung gezogen zu werden, als der Aktienkurs und oft auch das Unternehmen den Bach hinuntergingen. Langfristig schadet solch opportunistisches Verhalten dem Unternehmen und erhöht seine Anfälligkeit für Krisen. Darum regen die Münchner Wissenschaftler an, durch einen neuen psychologischen Vertrag Führungskräfte emotional wieder enger an das Unternehmen zu binden und so die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Dazu gehört etwa, die Manager für gute Leistung zu belohnen, sie aber auch in die Haftungsverantwortung zu nehmen, wenn etwas nicht klappt.

Voraussetzung dafür ist, Inhalt und Ausmaß der erwarteten Leistung vorher genau festzulegen. Bei dieser Definition ist auch zu berücksichtigen, wie sich das Verhalten der Manager auf die Leistung der Mitarbeiter auswirkt. Ein Hebel sind auch die Entgeltsysteme: "Es darf keine Anreize für die oberen Führungskräfte geben, die als Nebeneffekt die Mitarbeiter demotivieren", sagt Fliaster. Wenn in Krisenzeiten beispielsweise Gehälter gekürzt werden müssen, sollten davon alle Einkommen, auch die des Managements, betroffen sein.

"Wir brauchen ein Vergütungssystem, das die gemeinsame Verantwortung für die Zukunft des Unternehmens widerspiegelt", sagt Fliaster. Seiner Ansicht nach setzt ein ausgewogenes Vergütungssystem für Führungskräfte ein positives Zeichen für die gesamte Belegschaft. Ebenso wichtig sind die größeren Entscheidungsfreiheiten für die so genannten Wissensarbeiter, von deren Leistung und Zustimmung gerade Hightech-Unternehmen abhängen: "Innovation und Wertschöpfung werden zunehmend von kleineren, transparenteren Organisationseinheiten geschaffen, deren jüngere Mitglieder heute selbstbewusster aufzutreten scheinen als früher." Zwar fordern bereits heute viele Arbeitgeber den Mit-Unternehmer statt den Mitarbeiter, vergessen dabei aber, dass Mit-Unternehmer auch Mitsprache wollen.

Den Druck abbauen

Mitarbeitermotivation ist für Siegfried Lautenbacher ein zwiespältiger Begriff. "Natürlich ist sie wichtig. Aber wenn ich so weit bin, dass ich über sie nachdenken muss, habe ich bereits einen Fehler gemacht." Für den Geschäftsführer des mittelständischen IT-Dienstleisters Beck et al. aus München ist die richtige Auswahl beziehungsweise Mischung der Mitarbeiter der entscheidende Schritt, damit später die Stimmung im Unternehmen passt. Neben Kollegen- und Arbeitsumfeld müssten die Aufgaben passen. Sie sollten anspruchsvoll und abwechslungsreich sein und den Mitarbeitern Gestaltungsspielraum lassen. "Der Druck in unserer Branche ist in den vergangenen drei Jahren stark gestiegen, der muss gemeinsam abgebaut werden", sagt Lautenbacher.