Datenintegration End-to End

Data Warehouse behält wichtige Analytics-Rolle

29.03.2019
Von 

Michael Kolbenschlag ist Leiter des Geschäftsfelds IT- und Unternehmensberatung bei Rödl & Partner. Er berät bundesweit mittelständische Unternehmen aus ausgewählten Branchen bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen.

Beispiel SAP S/4HANA - Virtuelles DWH an Bord?

SAP bietet mit S/4HANA eine neue und moderne ERP-Lösung, den "Digital Core", mit umfangreichen Analysefunktionen. Neben inhaltlichen Änderungen profitiert die Lösung vor allem durch den Einsatz einer schnellen In-Memory-Datenbank und der Optimierung der (logischen) Datenhaltung. Mithilfe von ABAP CDS (Core Data Services), einer um BI-Semantik angereicherten SQL-Sprache, können virtuelle BI-Datenmodelle direkt im ERP-Kern entwickelt und eingesetzt werden. Die Nutzung erfolgt entweder eingebettet in der Benutzeroberfläche "SAP Fiori" oder in spezialisierten BI-Frontendwerkzeugen (zum Beispiel SAP BO). Klassische SAP ERP-Systeme können mit diesem Funktionsumfang nicht mithalten, weder im Bereich Auswerteperformanz, noch für die BI-Modellerstellung, noch im Bereich Oberflächentechnologie. Vor allem die Verknüpfung transaktionaler - zum Beispiel die Erstellung von Belegen - zusammen mit analytischen Funktionen bietet Anwendern dabei Vorteile in der operativen Nutzung.

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Bildet die zentrale Datengrundlage ein einzelnes S/4HANA-System, bedeutet der Ansatz eines virtuellen DWH in S/4HANA eine valide Alternative. Kommen allerdings weitere Datengrundlagen hinzu, deren Daten nicht in S/4HANA aufgenommen werden oder aufgenommen werden können (Datenmenge, etc.), muss ein DWH-Einsatz (zum Beispiel SAP BW/4HANA) geprüft werden. Weiterhin sind Anforderungen bezüglich Historisierung und Langfristanalyse zu betrachten. Die Technologiegemeinschaft HANA von ERP und BW (und auch allen anderen SAP-Werkzeugen) vereinfacht Datenaustausch und Interaktion auch für diese Anwendungsfälle.

Neben Datenquellen mit strukturierten Daten gilt es zusätzlich, wichtige Informationsquellen in Texten, Bildern oder sozialen Netzwerken zu beachten. Auch diese gilt es zu erschließen und als Entscheidungsgrundlage auswertbar zu machen. Die Sammlung in Data Lakes und wirklichem Big Data, sowie die Zusammenführung mit strukturierten Daten ist eine klare BI-Aufgabe und zumindest teilweise auch eine DWH-Aufgabe. Ein DWH-Ansatz stellt also auch für automatisierte Datenanalysen, wie Analytics, Data Mining oder AI-basierte Ansätze wichtige Weichen.

Business Intelligence systemübergreifend verstehen

Um im Wettbewerb zu bestehen, ist es hilfreich, große Datenmengen zielgerichtet für die fundierte Entscheidungsfindung zu nutzen. DWHs bieten hierbei gegenüber ERP-Systemen den Vorteil, dass sie als Datendrehscheibe (Data Hub) Daten aus verschiedenen Systemen integrieren, harmonisieren und weiterverarbeiten. Dadurch können Reporting und Analyse auf einer umfassenden Datenbasis aufbauen. Zudem legen DWHs den Fokus auf End-to-End-Prozesse und helfen somit, Schwachstellen und Inkonsistenzen über die gesamte Prozesskette hinweg aufzudecken. Gerade moderne ERP-Lösungen bieten zusätzlich einen umfangreichen Werkzeugkasten für operative und prozessschrittbezogene Analysen, deren Nutzung direkt in transaktionale Umgebungen eingebettet ist.

Die Frage, in welcher Umgebung Datenanalyse durchgeführt wird, ist nicht mit einem "ERP oder DWH" zu beantworten, sondern mit einem "ERP und DWH". Die konkrete Ausgestaltung ist dabei Kern von Business Intelligence und als unternehmensglobale Aufgabe zu sehen.