Computop-Gründer Ralf Gladis

"Das Bargeld wird verschwinden"

21.03.2019
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Paydirekt funktioniert so nicht

Ralf Gladis, CEO und Gründer von Computop, glaubt nicht an den Paypal-Konkurrenten Paydirekt, der von der deutschen Kreditwirtschaft eingeführt wurde.
Ralf Gladis, CEO und Gründer von Computop, glaubt nicht an den Paypal-Konkurrenten Paydirekt, der von der deutschen Kreditwirtschaft eingeführt wurde.
Foto: Computop

Die deutsche Kreditwirtschaft habe versucht, mit Paydirekt ein eigenes Zahlungssystem zu etablieren, das Paypal Konkurrenz machen soll. Doch der Handel werde es nur einsetzen, wenn ihm die Kunden folgten. Dafür spreche im Moment nicht viel. "Eigentlich finde ich es gut, dass wir eine deutsche Entsprechung für Paypal haben, aber das läuft alles viel zu langsam", mahnte Gladis. "Man hat viel Geld in die Hand genommen, etliche Leute eingestellt und versucht nun verzweifelt Paypal einzuholen. Aber das ist noch ein weiter Weg, ich hoffe, dass die Unterstützung der Banken lang genug anhält, um eine solide Stellung im Markt zu etablieren."

Der Computop-Gründer ging ausführlich auf die Herausforderungen im Handel ein. Insbesondere im E-Commerce gehe es vor allem um das Erkennen und Erfüllen von Kundenbedürfnissen - auf allen Kanälen. Es brauche hochentwickelte, intelligente Technologie für die Cross-Channel-Vermarktung, dort werde gerade eine Menge Geld investiert. "Ganz ehrlich: Die Banken sind da komplett außen vor", so Gladis. "Selbst die weltweit tätigen Banken sind nicht wirklich global aufgestellt. Ein Händler, der eine globale Lösung braucht, bekommt sie nicht von den Banken. Zwar vermitteln diese oft den Eindruck, dass sie globale Lösungen hätten, das ist aber faktisch nicht so. Ehrlicherweise gilt das übrigens auch für viele von uns Zahlungsdienstleistern."

PSD2 stellt Banken vor neue Herausforderungen

Mit der zweiten Payment Service Directive (PSD2), die Mitte September 2019 in Kraft tritt, dürften die Veränderungen im EU-weiten elektronischen Zahlungsverkehr noch einmal einen kräftigen Schub bekommen. Die PSD2 sieht vor, dass Finanzdienstleister auf Wunsch ihrer Kunden Drittanbietern, etwa aus dem Fintech-Umfeld, via APIs sichere Systemzugänge schaffen müssen - und das europaweit. Ziel der EU ist es, das Wettbewerbsumfeld im Sinne der Bankkunden zu verbessern.

Die Banking-Welt ist im Wandel, und selbst das Geschäft mit Kredit- und Debit-Karten, deren Abwicklung die Banken meistens an einen Acquirer ausgelagert haben, geht einer unsicheren Zukunft entgegen. Im Vergleich zu Paypal, AliPay, WeChat oder Handy-Payment waren Karten zumindest in Deutschland bisher alles andere als komfortabel einsetzbar. Daran sind laut Gladis die deutschen Banken nicht ganz unschuldig.

"Wenn Sie sich in Europa umschauen, haben die meisten Institute im Ausland viel früher angefangen, Kreditkarten mit Nahfunk auszustatten." Die NFC-fähigen Karten hätten das Konsumverhalten der Menschen in Großbritannien oder Skandinavien massiv verändert. "Die Menschen dort sind daran gewöhnt, dass ihre Karte alles kann. In Deutschland haben wir von unseren Banken EC-Karten bekommen, die fast nichts konnten. Man konnte sie im stationären Handel an POS-Terminals nutzen, sonst nirgends."

Die Deutschen wissen nicht, was Kreditkarten können

Wie der Computop-Manager ausführte, kennen die Deutschen gar nicht all die Möglichkeiten, die eine Karte biete. Die Vorliebe für Bargeld hierzulande rühre daher, dass wir nicht wüssten, wie bequem und vorteilhaft eine Karte eingesetzt werden könne. In England gebe es inzwischen mehr Karten- als Barzahlungen. In skandinavischen Ländern müssten sich Konsumenten bereits rechtfertigen, wenn Sie mit einem größeren Bargeldbetrag zahlen wollten.

"Am Ende wird nicht nur die Karte das Bargeld verdrängen, das Bargeld wird verschwinden. Es ist schon tot, wir wollen das nur noch nicht wahrhaben. Es ist für den Handel die teuerste Variante. Es muss hergestellt, transportiert und verteilt werden - das kostet", so Gladis. Mit dem Aufkommen Internet-of-Things-(IoT-)fähiger Geräte änderten sich die Marktbedingungen noch einmal. Dann werde es Tausende von Gegenständen geben, die Zahlungstransaktionen selbsttätig und in Abhängigkeit von bestimmten Bedingungen einleiten könnten. "Die Konsumenten werden das Bargeld auch deshalb abschaffen, weil sie immer mehr Aufträge an die Geräte selbst vergeben werden. Das Auto wird das Tanken und Parken selbständig bezahlen."