Behörden halten sich bei Outsourcing zurück

30.07.2003
Von 
Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.

In der Tat gibt es bisher in Deutschland keinen Fall, in dem die komplette IT einer Behörde an einen externen privaten Dienstleister ausgelagert wurde. Denn es sind nicht nur die erwähnten datenrechtlichen Argumente, die viele Behörden davor zurückschrecken lassen. Auch die besonderen Arbeitsbedingungen des öffentlichen Dienstes spielen hierbei eine wichtige Rolle. Die mit Outsourcing verknüpfte Neuordnung der Personalstruktur oder der Abbau von Arbeitsplätzen beeinflusst zwar auch die Entscheidung in privaten Organisationen. Doch wenn es um den Übergang von Beamten oder öffentlichen Angestellten in privatrechtlich organisierte Arbeitsverhältnisse geht, wird die Sache richtig kniffelig - und nicht zuletzt auch wieder eine Frage der Gesetzgebung, sprich Politik.

Eine weitere Eigenart des öffentlichen Dienstes speziell im Hinblick auf IT ist die extrem heterogene Systemlandschaft in den Behörden. Vor allem die unterschiedlichen Verwaltungsaufgaben führten zu diesem Wildwuchs. „Eine Kommunalverwaltung ist in ihrer Vielfalt kaum zu übertreffen“, bestätigt Lecos-Geschäftsführer Kühne. Die benötigten Fachanwendungen reichten von Software für das Standesamt, die Friedhofsverwaltung, das Einwohnermeldewesen, die Kfz-Zulassungsstelle, die Sozialhilfe bis hin zu speziellen Lösungen für Prozesse wie die Ausstellung von Waffenscheinen.

Diese zahlreichen Anwendungen zu konsolidieren und zu standardisieren ist sicher keine einfache Aufgabe. Unmöglich ist es jedoch nicht, „Sie können viele Fachapplikationen heute durch Standardsoftware besetzen“, ist EDS-Vertreter Gora überzeugt. Hier empfehle sich der Einsatz von Lösungen von SAP oder - auf kommunaler Ebene - eines spezialisierten Anbieters wie Navision.

Beamte sind besser als ihr Ruf

Die Frage der Standardisierung bezieht sich jedoch nicht nur auf Software. Ein Projekt mit Modellcharakter dürfte in dieser Hinsicht die Initiative des Landes Bayern sein. Das dortige Staatsministerium der Justiz modernisiert seine gesamte IT-Infrastruktur: 12300 Arbeitsplätze im ganzen Land sollen auf den elektronischen Rechtsverkehr vorbereitet werden, so die offizielle Ankündigung von Justizminister Manfred Weiß. Ein Teil des EU-weit ausgeschriebenen Auftrags ging an die Unisys Deutschland GmbH. Das Unternehmen sorgt unter anderem für den IT-Betrieb, betreut die Server-Zentren und deckt die gesamte Bandbreite der Managed Services ab.

Ernst Vögtle, Global Infrastructure Services Country Manager von Unisys, sieht nach rund acht Monaten ein deutliches Potenzial zur Konsolidierung. „Allein die unterschiedlichen Hardwaresysteme zu standardisieren verspricht eine ordentliche Steigerung der Produktivität.“ Nach einem jahrelang unkoordiniert verlaufenen Beschaffungswesen - „da wurde schnell mal ein PC im Aldi gekauft“ - laufen nun sämtliche Hardwarekäufe, von PCs bis Netzkomponenten, über einen Kanal. Vögtle bricht eine Lanze für die Beamten: „Was ich hier an Flexibilität und Dynamik erfahren habe, ist nicht annähernd vergleichbar mit der Trägheit, die ich in manchen Großkonzernen kennen lernen musste.“ Für ihn liegt einer der Knackpunkte, der Outsourcing behindert, eher in dem hohen Sicherheitsbewusstsein der Behörden, das sich auch in der IT niederschlägt. Schließlich müssen die Verantwortlichen für die jährlichen