Behörden halten sich bei Outsourcing zurück

30.07.2003
Von 
Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.

Geplant war das in dieser Weise nicht, denn ursprünglich wollte die Stadt ihre gesamte DV-Abteilung, deren Leiter damals schon Kühne war, in eine klassische Private-Public-Partnerschaft einbringen. Gemeinsam mit IBM gründete Leipzig die Lecos GmbH, an der die deutsche IBM 51 Prozent, die Stadt Leipzig 49 Prozent der Anteile hielt. Doch die Hoffnungen, die beide Seiten in dieses Projekt setzten, erfüllten sich nicht. Das Ziel, künftig bessere Ergebnisse für noch weniger Geld zu erzielen, war offenbar schwerer zu erreichen als gedacht. So ließ sich die Applikationslandschaft nicht standardisieren. Ebenfalls nicht einlösen konnte der Dienstleister sein Versprechen, zusätzliche Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Auch die erwarteten zusätzlichen Aufträge für das Joint Venture blieben aus.

Doch es lief nicht alles schief. „Dank IBM verfügen wir heute über ein gut funktionierendes Service-Management, was effizientere Abläufe und wenig Kommunikationskonflikte garantiert“, lobt Kühne nachträglich die Leistung der IBM. „Gegenüber früher hat sich die Qualität unserer Prozesse um ein Vielfaches verbessert.“ Dennoch: Nach gut 18 Monaten ruderte man schließlich wieder zurück, und die Stadt Leipzig übernahm im Juli vergangenen Jahres die Anteile von IBM an der IT-Ausgründung.

Die Zahl der Mitarbeiter ist seither von gut 95 auf rund 120 gestiegen. Kühne ist überzeugt davon, seine Dienste auch anderen Kommunen anbieten zu können: „PPP steht zunehmend weniger für Public-Private- als für Public-Public-Partnership. Denn die Kommunen können es sich einfach in Zukunft nicht mehr leisten, alle Aufgaben individuell zu erledigen.“ Auslagerung müsse sein. Wenn Städte sich dabei an kommunale Dienstleister wenden könnten, statt an genuine Privatfirmen, umgingen sie das Problem unterschiedlicher Kulturen.

Die können nämlich zu erheblichen Schwierigkeiten führen. „Der größte Unterschied zwischen der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst liegt in der Mentalität der Mitarbeiter.“ Diese Feststellung kommt Walter Gora, Vice President Government Industry Practise bei EDS, nach 15 Jahren Erfahrung im deutschen wie internationalen Behördendschungel leicht über die Lippen. Ihm zufolge reagieren Mitarbeiter in der Privatwirtschaft sehr flexibel. Im öffentlichen Dienst dagegen schalten die Beschäftigten bei Veränderungen auf stur.

Lange werden sich die Behörden den Luxus einer Blockadementalität jedoch nicht mehr leisten können. Die Bedürfnisse, Erwartungen und Ansprüche der „Kunden“, also Bürger und Unternehmen, wachsen mit den zunehmenden technischen Möglichkeiten, die sie aus der Privatwirtschaft kennen. Stichworte wie transparente Dienstleistungen, Kundenorientierung oder Rundum-Services werden mittlerweile auch den Staatsdienern abgefordert - von einem Internet-Auftritt sowie funktionierenden Kommunikationsstrukturen ganz zu schweigen.