Gebrauchtsoftware

Alles, was Recht ist

09.03.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

So geht es weiter

Wie die Vorzeichen derzeit stehen, wird der Streit noch eine ganze Weile weitergehen. Nach dem Urteil des OLG München, in dem die Richter keine Revision zuließen, hat Usedsoft Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt. Experten erwarten, dass die Richter im Sommer darüber entscheiden, ob sie den Fall annehmen oder nicht. Kommt der Streit vor das höchste deutsche Gericht, ist mit einem endgültigen Urteil nicht vor zwei Jahren zu rechnen. Haben die Richter am BGH kein Interesse an dem Fall, ist das Urteil des OLG München rechtskräftig.

Eine Frage der Interpretation

Angesichts der gegensätzlichen Urteile kann von rechtlicher Sicherheit keine Rede sein. Wie nicht anders zu erwarten, interpretieren die Streithähne die Richtersprüche ganz unterschiedlich.

  • Während die Softwarehersteller das Urteil des OLG München derart interpretieren, dass der gesamte Handel mit gebrauchten Lizenzen auf einer wackligen rechtlichen Basis steht, verweisen die Händler darauf, dass es hier nur um den Spezialfall Oracle und Online-Lizenzen geht.

  • Wirklich relevant seien aus Sicht der Gebrauchtanbieter die Urteile der Landgerichte in Hamburg und München.

  • In diesen Fällen hätten die Richter im Gegensatz zum OLG München jedoch nicht aus urheberrechtlicher Sicht argumentiert, wiegeln die Softwarehersteller ab. Der Streit habe sich dort um das Wettbewerbsrecht und Kaufrechtsfragen gedreht.

Die Urteile hängen stark vom Gerichtsstand und den Richterpersönlichkeiten ab, sagt Olaf Sosnitza, Professor an der Universität Würzburg. Es sei ganz normal, dass die Landgerichte konträr urteilten. Letztendlich hätten die höheren Instanzen die Aufgabe, zu einer einheitlichen Linie zu finden. "Ein kluger Anwalt weiß, wo er klagen muss", bestätigt sein Kollege Thomas Hoeren. Beispielsweise sei München immer ein guter Standort gewesen, wenn es um die Durchsetzung der Interessen der Softwareindustrie gehe.

Im Namen des Gesetzes

Angesichts der jahrelangen Streits um die Rechtmäßigkeit von Gebrauchtsoftware stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber an dieser Stelle nicht Klarheit schaffen müsste. Doch auch dies wird kontrovers diskutiert:

  • Microsoft zufolge muss das Gesetz nicht nachgebessert werden. Schließlich sei das Urheberrecht erst in den 90er Jahren novelliert worden, als alle schon wussten, dass es digitale Medien gibt. Außerdem werde genau unterschieden zwischen Verbreitungs- und Vervielfältigungsrecht. Es könne nicht sein, dass jedes Mal, wenn über die Auslegung eines Gesetzes gestritten werde, Forderungen nach neuen Gesetzen laut würden.

  • Das sieht Thomas Hoeren, Juraprofessor an der Universität Münster jedoch anders. Das Urheberrecht stamme aus dem Jahr 1965. Zwar habe es im Laufe der Jahre Ergänzungen und Novellierungen gegeben, am Erschöpfungsgrundsatz sei jedoch nie gearbeitet worden.

Das soll sich offenbar ändern. Bundestag und Justizministerium haben bereits durchblicken lassen, dass es eine weitere Novellierung, den so genannten dritten Korb, des Urheberrechts geben wird. In diesem Zusammenhang will sich der Gesetzgeber unter anderem umstrittenen Fragen wie beispielsweise der Online-Erschöpfung annehmen. Bis das Gesetz durch alle Gremien und Instanzen verabschiedet ist, wird es jedoch noch einige Zeit dauern. Experten zufolge wird in der laufenden Legislaturperiode nichts mehr passieren. Nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 müssten sich zunächst Regierung und Ausschüsse neu ordnen. Alles in allem dürfte es mindestens zwei Jahre dauern, bis der dritte Korb durch ist.