"All-in-one"-Lösungen gibt es nicht

"XML ist kein Dokumentenstandard"

14.09.2001

Anwender sollten deshalb systematisch vorgehen: so konkret wie möglich die funktionalen und technischen Anforderungen ermitteln, Produkte anschauen, Kollegen nach deren Erfahrungen fragen. Auf der Grundlage des Anforderungskatalogs sollten die Entscheider dann zwei oder drei Produkte auswählen und sich die Dinge zeigen lassen, die sie benötigen.

2. "All-in-one"-Lösungen gibt es nicht. Die Themen Workflow, DMS, CMS, WCM, Output-Management, Portale etc. verlangen nach sehr spezifischen Funktionen. Ein Projekt ist zum Scheitern verurteilt, wenn alles unter einen einzigen "Produkt"-Hut gebracht werden soll. Unternehmen sollten daher darauf achten, welche Lösungen der Anbieter konkret installiert hat, nicht was heute als neueste Vision ankündigt wird.

3. Eine unklare Zielsetzung birgt die Gefahr, dass das DMS-Workflow-Projekt jede funktionale Lücke der vorhandenen Systeme schließen muss. Gerade das Thema Workflow lädt durch seine Unschärfe - die von den Anbietern ja nicht gerade verhindert wird - dazu ein, dem Projekt vieles von dem aufzuhalsen, was an Anwendungsbaustellen vorhanden ist. Eine frühzeitige klare Festlegung, welche Probleme gelöst werden müssen, sollen oder dürfen, beugt dem vor.

4. Ein großes Risiko steckt schließlich in der Unterschätzung der Folgen einer DMS-Einführung, etwa für die Arbeitsplatz-Ergonomie. Was bei der Einzelbelegbearbeitung noch nicht auffällt, bemerkt der Anwender, wenn er komplexe Aktenberge am PC bearbeiten soll. Statt einem zwei Quadratmeter großen Schreibtisch steht ihm jetzt nur noch ein vergleichsweise kleiner Bildschirm zur Visualisierung zur Verfügung. Statt der 3D-Sicht auf den Dokumentstapel gibt es nur 2D mit eher kümmerlichem Ersatz wie Reiterchen (Tabs), Baumstrukturen etc. Statt dem schnellen Blättern mit dem Daumen in einem 500-Seiten-Ordner muss er jetzt das Blättern am Bildschirm mit seinen Engpässen Bildschirm, Videokarte, LAN, Platten-I/O etc. lernen und akzeptieren. Das wird nur in Kauf genommen, wenn diese Nachteile durch spürbare Vorteile für den Benutzer oder das Unternehmen überkompensiert werden: Durch Wegeersparnis, einfaches Recherchieren und Weiterleiten von

Dokumenten oder höhere Verfügbarkeit von Akten beispielsweise. Sind diese Vorteile in der Anwendung aber nicht relevant und sind die Dokumente dazu noch komplex und umfangreich wie Projektdokumentationen mit Tausenden von Seiten oder auch nur sehr groß - etwa A0-Zeichnungen in Konstruktionsbüros - dann drohen Performance- und Akzeptanzprobleme, die zum Scheitern des Projekts führen können.