"Was versteht man unter Technik?"

13.04.2005
Von Johannes Kelch

Ähnlich argumentierte Kai Brandt von der Siemens AG. Der Physiker und Patentanwalt betonte, Siemens wolle ausschließlich "Patentschutz für technische Erfindungen". Als Beispiele nannte Brandt Industrieautomatisierung, Computertomografie sowie Windkraftanlagen. Technische Produkte würden heute überwiegend mit Software als "Keimzelle des ökonomischen und ökologischen Fortschritts" realisiert. Die in der Entwicklung aufwändigen technischen Neuerungen müssten patentierbar sein. Brandt wörtlich: "Patente sind lebenswichtig für Europas Hightech-Unternehmen." An der Patentierbarkeit nichttechnischer Software hingegen habe Siemens keinerlei Interesse, versicherte Brandt.

Aus dem Lager der Softwarepatentgegner stimmte der Informatiker Daniel Riek von Linux-Distributor Red Hat Deutschland dieser Grenzziehung ausdrücklich zu. Solange Software als Mittel genutzt werde, um technische Erfindungen zu implementieren, habe er gegen Patente auf die jeweilige Gesamtlösung keine Einwände. "Widerstand" sei jedoch notwendig gegen Patente für Daten- oder Bildverarbeitung.

Sogar die von Softwarepatentgegnern heftig angefeindete Firma Microsoft sieht das angeblich ähnlich. Dorothee Belz von der Abteilung Law & Corporate Affairs bei Microsoft Deutschland beteuerte: "Microsoft steht hinter dem Vorschlag des Rats." Demnach ist auch das Soft- wareunternehmen mit seiner reichhaltigen Patentsammlung der Ansicht, dass reine Software (etwa für Office, Web-Design, Datenbanken etc.) nicht patentierbar sein sollte.

"Microsoft gegen Trivialpatente"

"Man möge es glauben oder nicht", verkündete Belz dem staunenden Publikum, "Microsoft ist gegen Trivialpatente." In der beginnenden Diskussion in den USA über die ausufernde Patentierungspraxis trete die Gates-Company für Einschränkungen ein. Laut Belz will das Unternehmen vermeiden, dass es sich mit Patentansprüchen kleiner Firmen beschäftigen muss.