Integrationsangebote im Vergleich

Was iPaaS-Plattformen bieten

18.04.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Gartner hat 17 verschiedene Plattformen für iPaaS verglichen. Lesen Sie, welchen Stärken und Schwächen die Integrationspakete mitbringen.
Eine gute Integration von Anwendungen und Services ist der Schlüssel für eine funktionierende IT-Infrastruktur. Dabei helfen iPaaS-Plattformen. Gartner hat 17 Angebote unter die Lupe genommen.
Eine gute Integration von Anwendungen und Services ist der Schlüssel für eine funktionierende IT-Infrastruktur. Dabei helfen iPaaS-Plattformen. Gartner hat 17 Angebote unter die Lupe genommen.
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IT-Infrastrukturen werden immer komplexer: Anwendungen, Services, Workflows und Datenströme zwischen dem eigenen Rechenzentrum und Cloud-Instanzen verschiedener Anbieter harmonisch und im richtigen Takt zu dirigieren, ist keine einfache Aufgabe. Die Integration ist deshalb für Unternehmen heute unerlässlich geworden, um im digitalen Zeitalter überhaupt wettbewerbsfähig bleiben zu können.

iPaaS (Integration Platform as a Service) hat sich als Schlüsseltechnologie etabliert, um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern. Die IT-Disziplin definiert sich als ein von Anbietern verwalteter Cloud-Service, der es Anwenderunternehmen ermöglicht, Integrationen zwischen einer Vielzahl von internen und externen Anwendungen, Diensten und Datenquellen zu implementieren. Dabei geht es unter anderem auch darum, die Datenkonsistenz sicherzustellen, mehrstufige Prozesse über verschiedene Anwendungen und Dienste hinweg zu unterstützen sowie via APIs zusammengesetzte Dienste zu bauen.

Um diese Integrationsprozesse, Datenpipelines, Workflows und Automatisierungen auf individuelle Unternehmensanforderungen hin zuzuschneiden, offerieren die iPaaS-Anbieter verschiedene Werkzeuge. Das reicht von komplexen Entwicklungsumgebungen bis hin zu intuitiv nutzbaren Low- oder No-Code-Tools.

Gartner hat 17 Anbieter für iPaaS hinsichtlich ihres Portfolios und ihrer Marktpräsenz analysiert, bewertet und in verschiedene Kategorien eingeordnet:

Marktführer: Boomi, Informatica, Microsoft, Oracle, Salesforce (Mulesoft), SAP und Workato

Herausforderer: Amazon Web Services (AWS)

Visionäre: Celigo, Jitterbit, Snap Logic, Software AG, Tray.io

Nischenanbieter: Frends, Huawei, IBM, TIBCO Software

So beschreiben die Gartner-Analysten die Stärken und Schwächen der einzelnen iPaaS-Anbieter:

iPaaS-Marktführer

Boomi

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Boomi verknüpft auf seiner Plattform verschiedene Komponenten: Boomi Integration, Boomi API Management, Boomi AI, Boomi B2B/EDI Management, Boomi Data Catalog and Preparation, Boomi Event Streams, Boomi Master Data Hub und Boomi Flow. Der Schwerpunkt von Boomis Marktaktivitäten liegt hauptsächlich in Nordamerika. Die Präsenz in Europa bewertet Gartner als stark, in der Asien/Pazifik-Region dagegen als eher schwächer ausgeprägt. Nachdem es einige Jahre ruhig um den Anbieter geworden sei, habe Boomi 2023 mit einigen interessanten Erweiterungen seiner Plattform aufwarten können, hieß es von Seiten der Analysten. Dazu zählten ein neuer Event-Streaming-Dienst und mehrere neue KI-basierte Services.

Stärken: Gartner hebt vor allem Boomis KI-Aktivitäten hervor. Damit verbessere sich die Produktivität wie auch die Sicherheit, zum Beispiel mit kürzeren Disaster-Recovery-Zeiten. Außerdem vereinfache sich mit Hilfe von KI generell die Nutzung der Plattform. Die Analysten loben zudem Boomis Bereitstellungsmodell. Neue Funktionen wie Boomi Labs zur Förderung der Zusammenarbeit, Boomi Event Streams und Boomi Integration Quick Start ließen sich so zügiger ins Laufen bringen. Aktivitäten wie Kundenerfolgs- und Schulungsprogramme kämen bei den Anwenderunternehmen gut an.

Schwächen: Der Betrieb der Boomi-Dienste ist über verschiedene Data-Center-Standorte verteilt. Kunden sollten sich daher genau erkundigen, welche Mischung von Diensten und Plattformen für ihre individuellen Anwendungsfälle erforderlich ist. Außerdem gibt es einige kleinere Lücken im Portfolio. Gartner zufolge verfüge Boomi zwar über einige grundlegende Funktionen für Managed File Transfer (MFT) und intelligente Dokumentenverarbeitung (IDP). Wer an dieser Stelle mehr Features benötigt, werde auf Partnerlösungen verwiesen.

Informatica

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Informatica bietet seinen Kunden Cloud-API- und Anwendungsintegration, ein Cloud-B2B-Gateway, einen Cloud-Integration-Hub sowie API-Manager, API-Center, Cloud-Datenintegration und Cloud-Mass-Ingestion als Dienste auf seiner Intelligent Data Management Cloud (IDMC)-Plattform an. Der geografisch und aus Branchenperspektive breit aufgestellte Anbieter fokussiere sich Gartner zufolge derzeit auf vorkonfigurierte Packaged Integration Processes (PIPs), um die Attraktivität seiner Plattform zu erhöhen.

Stärken: Informatica bietet eine breite Palette an vertikalen und branchenspezifischen Lösungen an, für verschiedene Geschäftsbereiche, Anwendungsökosysteme und Branchen-Clouds sowie Public-Cloud-Infrastrukturen. Gartner hebt Informaticas Fokus auf Sicherheit hervor. Insgesamt wären die Kunden mit dem Betrieb der Plattform auch vor dem Hintergrund eines weit verzweigten Partnernetzwerks sowie zahlreicher Produktivitätsfunktionen sehr zufrieden.

Schwächen: Informatica adressiert mit seiner Plattform in erster Linie komplexe Integrationsszenarien. Anwender mit einfacheren Anforderungen könnten sich den Analysten zufolge mit dem Funktionsangebot überfordert fühlen. Außerdem gebe es einige funktionale Lücken was Kollaborationsfunktionen angeht. Allerdings habe der Anbieter bereits durchblicken lassen, diese im Laufe des Jahres 2024 schließen zu wollen.

Microsoft

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Microsoft bietet in seiner Cloud die Azure Integration Services an. Dazu gehören Azure API Management, Azure Logic Apps, Azure Service Bus, Azure Event Grid, Azure Functions, Azure Data Factory und Power Automate. Der Softwarekonzern ist weltweit gut aufgestellt und stellt Funktionen für alle Benutzergruppen zur Verfügung. Gartner verweist zudem auf Microsofts zweigleisige Strategie mit der Azure-Plattform für IT-Spezialisten und der Power Platform für Business-Technologen.

Stärken: Die starke globale Präsenz und das breit aufgestellte Partner-Support-Netzwerk spiele Microsoft in die Karten, sagt Gartner. Kunden könnten darauf bauen, dass der Anbieter auch künftig in Integrationstechnik investieren werde. Das sei auch für Microsoft selbst wichtig, um die Akzeptanz seiner Azure-Cloud zu erhöhen. Die Analysten heben zudem Microsofts flexibles und transparentes Preismodell positiv hervor. Das ermögliche es Unternehmen, klein anzufangen und in ihrem eigenen Tempo weiterzumachen. Freemium-Testoptionen täten ein Übriges, um potenzielle Kunden anzulocken.

Schwächen: Microsoft konzentriert sich aus Gartner-Sicht auf allgemeine Integrationsfunktionen. Zwar erhielten Kunden über die Azure Integration Services Landing Zone Vorlagen und Anleitungen für Integrationsszenarien. Es fehlten jedoch PIPs für spezifische Branchen-, Line-of-Business- und andere Anwendungsfälle. Darüber hinaus offenbare Microsofts Doppelstrategie Lücken, kritisieren die Analysten. Für Business-Technologen, die komplexe Integrationsanwendungsfälle lösen wollten, fände sich in der Microsoft-Matrix kein Platz. Anwendern müsse auch klar sein, dass sich der Konzern mit seinem Integrationsangebot auf das eigene Cloud-Ökosystem konzentriere.

Oracle

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Oracles iPaaS-Angebot umfasst Oracle Integration (einschließlich Process, Insight, File Server, B2B und Visual Builder), Oracle Cloud Infrastructure (OCI) API Gateway, OCI Queue, OCI GoldenGate, OCI Data Integration, Oracle SOA Suite on Marketplace, Oracle Internet of Things (IoT) Cloud Service, OCI Streaming, Oracle Digital Assistant und OCI AI Services. Gartner betont Oracles Vision hinsichtlich Hyperautomatisierung. Der Softwarekonzern biete eine Reihe von Funktionen an, die Anwendungsintegration und End-to-End-Automatisierung von Geschäftsprozessen kombinierten.

Stärken: Diese Kombination von Integration und Automatisierung sieht Gartner als Stärke im Oracle-Portfolio. Dazu komme eine breite Unterstützung verschiedenster Anwendungsfälle über unterschiedliche Plattformen in der Cloud und On-premises Rechenzentren. Die Analysten loben zudem die Leistungsstärke und die Security-Features der Oracle-Plattform. Dazu komme eine starke globale Präsenz mit einem breiten Partnernetz und 46 Public-Cloud-Regionen in 23 Ländern. Das biete den Kunden in den meisten Regionen einen umfassenden Zugang zu lokalem Oracle-Fachwissen, hieß es.

Schwächen: Das Angebot von Oracle sei vor allem für Kunden attraktiv, die auch die Geschäftsanwendungen von Oracle nutzten, konstatiert Gartner. Das Ökosystem sei zu sehr in sich geschlossen. Dazu kämen funktionale Defizite in einzelnen Bereichen. Oracle hinke der Konkurrenz hinterher, wenn es um innovative Funktionen gehe, beispielsweise um die Produktivität von Integratoren zu steigern oder die KI-Unterstützung bei der Integrationsentwicklung.

Salesforce (MuleSoft)

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Salesforce iPaaS-Angebot besteht im Wesentlichen aus der MuleSoft Anypoint Platform, die Integrations-, Automatisierungs- und API-Managementfunktionen umfasst. Die MuleSoft Anypoint Platform beinhaltet Design Center (zur Erstellung von Integrationen und APIs), Exchange (zur gemeinsamen Nutzung von Integrationsressourcen) sowie Flex Gateway, API Manager und API Governance (zur Verwaltung von Integrationen). Der SaaS-Anbieter versuche den Analysten zufolge, über Low-Code-Automatisierung und KI die Produktivität der Entwickler zu erhöhen.

Stärken: Gartner lobt vor allem die Vielzahl an Konnektoren sowie das breite Spektrum an Funktionen auf der Salesforce-Plattform, vor allem im Bereich der Integration von Composite Services. Darüber hinaus gebe es Pakete zur Erstellung von Automatisierungsworkflows, für die Orchestrierung von Geschäftsprozessen sowie ein Branchenpaket mit vorgefertigten Lösungen für die verschiedenen Salesforce Clouds. Die vom Anbieter reglementierte Architektur sorge für einen hohen Standardisierungsgrad. Gartner lobt die Reife der Plattform sowie den guten Support. Kunden erhielten über eine globale Datenbank mit Implementierungspartnern Zugriff auf ein breites Spektrum an professionellen Dienstleistungen.

Schwächen: Die mehrschichtige, zusammengesetzte Service-Integrationsarchitektur adressiert vor allem komplexe strategische Transformationsszenarien. Diese ist Gartner zufolge jedoch für einfache Anwendungsfälle oft zu schwerfällig. Die Bemühungen, diese Komplexität mit Hilfe von Automatisierung zu entschärfen, müssten noch reifen. Der Anbieter sollte außerdem daran arbeiten, sein Integrationsportfolio unter den beiden Dachmarken Salesforce und Mulesoft übersichtlicher für die Kunden zu sortieren. Auch hinsichtlich der Abrechnungsmetriken gebe es noch zu viel Verwirrung. Kosten seien vielfach nur schwer einzuschätzen und zu kalkulieren.

SAP

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SAP bietet ihre Integration Suite als eine Schlüsseltechnologie auf der SAP Business Technology Platform (BTP) an. Der deutsche Softwarekonzern verfügt über ein breites global verteiltes Niederlassungs- und Partnernetzwerk. Gartner hebt SAPs Branchenexpertise hervor und verweist auf die Pläne des Anbieters, branchenorientierte, vorgefertigte Lösungen entwickeln zu wollen. Mit der Einführung von Edge Integration Cell hätten sich zudem die Möglichkeiten des Produkts für hybride Einsatzanforderungen der Kunden verbessert.

Stärken: Die SAP Integration Suite biete den Analysten zufolge eine breite Palette von Funktionen für die Integration von Anwendungen, Daten, Prozessen, künstlicher Intelligenz und Geschäftsprozessen. Diese seien zwar hauptsächlich auf das SAP-Anwendungsökosystem ausgerichtet, ermöglichten aber auch die Integration von Nicht-SAP-Anwendungen. Über den SAP Business Accelerator Hub erhielten Kunden Zugang zu vorgefertigten integrierten Lösungen, die auf zentrale Kernprozesse im Business ausgerichtet sind, wie zum Beispiel Lead to Cash, Recruit to Hire und Source to Pay. Gartner verweist außerdem auf die breite Infrastrukturunterstützung. SAP betreibe Rechenzentren in allen geografischen Regionen und könne auf AWS, Microsoft Azure, Google Cloud Platform und Alibaba Cloud sowie vor Ort in den Rechenzentren der Kunden betrieben werden.

Schwächen: SAP müsse noch daran arbeiten, sein iPaaS-Angebot als universelle Integrationsplattform im Markt zu platzieren. Derzeit werde die Integration Suite immer noch als sehr SAP-zentrisch wahrgenommen. Um das zu ändern, müssten die Walldorfer auch am Geschäftsmodell schrauben, das vor allem darauf abzielt, Integration und BTP zusammen mit SAP-Anwendungen zu verkaufen. Grundsätzlich sollte SAP auch am Preismodell arbeiten. Dieses sei zu starr und passe sich nicht flexibel genug an verschiedene Marktsegmente und Unternehmensgrößen an, kritisieren die Analysten.

Workato

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Workato bietet seine Enterprise Platform für iPaaS-Funktionen an. Die Plattform wird direkt an Endbenutzer und an ISVs verkauft, die Integrationsfunktionen in ihre Produkte einbetten wollen. Der Anbieter ist vor allem in Nordamerika, Europa und Teilen des asiatisch-pazifischen Raums tätig.

Stärken: Workato kann Gartner zufolge mit seiner Vielseitigkeit, den Sicherheits-Features und der Funktionsbreite seiner Plattform punkten. Die intuitive Benutzeroberfläche, vorgefertigte Inhalte und KI-Unterstützung zur Erstellung von Integrationen und Konnektoren würden sich aus Kundensicht positiv auf die Produktivität in der Arbeit auf der Plattform auswirken. Die Analysten heben auch die Marketing-Bemühungen der Workato-Verantwortlichen hervor. Dazu zählten KI- und Automatisierungs-Hackathons, Hochschulkooperationen, die Präsenz bei Branchenveranstaltungen und Partnerschaften mit Beratungsunternehmen.

Schwächen: Workato müsse daran arbeiten, seine Marktpräsenz geographisch und über die AWS-Cloud-Plattform hinaus zu erweitern. Das sei derzeit noch ein limitierender Faktor für potenzielle Kunden. Darüber hinaus sollte der Anbieter Gartner zufolge sein Preismodell modifizieren. Das sei zwar transparent und leicht verständlich. Die Kosten könnten jedoch in bestimmten Nutzungsszenarien schnell in die Höhe schießen.