„Was fehlt, ist die Aufbruchstimmung“

23.01.2003
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Unterschiedliche Marktbedingungen

Ansonsten erschöpft sich der Spielraum der deutschen Töchter vor allem auf die Anpassung der Unternehmensstrategie an regionale Marktgegebenheiten: „Überlegungen wie: in welche Märkte will ich rein, auf welche Produkte beziehungsweise Zielgruppen lege ich stärkere Schwerpunkte - das wird in der Regel lokal entschieden“, beschreibt CA-Manager Rasp.

Vor allem beim Vertrieb weichen die deutschen Marktbedingungen von den US-amerikanischen ab: Während die Amerikaner grundsätzlich mehr vom direkten Vertrieb halten, wird angesichts der mittelständisch geprägten Unternehmensstruktur in Deutschland das klassische Account-Modell über Partner präferiert: Um Kundennähe bieten zu können, muss der Vertrieb dezentral organisiert werden, da die Kunden übers ganze Bundesgebiet verteilt sind. Und das geht nur mit Partnern.

Im Softwaregeschäft können unter Umständen die jeweiligen gesetzlichen Anforderungen dafür sorgen, dass die Märkte unterschiedlich bearbeitet werden müssen. So ist der hiesige Markt für Dokumenten-Management-Systeme laut Filenet-Geschäftsführer Gessinger wegen der strengen Aufbewahrungspflichten „archivlastiger“ als in anderen Ländern. Außerdem gebe es mehr Anbieter, und der Preisdruck sei stärker.

Ein weiterer Unterschied, den die hiesigen Niederlassungen US-amerikanischer IT-Anbieter beachten müssen: Während es in den USA vorrangig um einzelne Produkte geht, sind in Deutschland eher Gesamtlösungen inklusive Consulting gefragt. Kundenbetreuung hat hierzulande einen wesentlich höheren Stellenwert: „Umfassende Beratung ist wichtig, weil die Kunden mehr Fachkompetenz haben und die Einkaufsprozeduren komplexer und stärker auf Qualität ausgelegt sind“, erläutert Borland-Manager Narings.

Grundsätzlich gilt der deutsche Anwender als in besonderem Maße technisch versiert und faktenorientiert. „Mit den amerikanischen Marketing-Folien kann man die Deutschen nicht überzeugen“, bringt es Sun-Chef Wilke auf den Punkt. Da die Kunden Produkte und Dienstleistungen gründlicher und kritischer begutachten, bevor sie einen Vertrag unterschreiben, müssen die Anbieter bereit sein, unter Umständen nicht nur Standardinstallationen aufzubauen, sondern projektspezifische Testszenarien, die der Kunde vor dem Kauf ausprobieren kann.