Zufriedene Gesichter bei der Karlsruher Messegesellschaft: Die Learntec meldet für das Jahr 2020 einen Ausstellerzuwachs von 24 Prozent und ein Besucherplus von 34 Prozent. Die Veranstaltung profitiert von der Not der Unternehmen, die ihr knapper werdendes Personal mit modernen Lerntechnologien schulen müssen, wollen sie im Zeitalter des digitalen Wandels wettbewerbsfähig bleiben. Digitales Lernen sei nicht nur ein Zukunftstrend, sondern mittlerweile ein wichtiger Wachstumsmarkt, bilanzierte Britta Wirtz, die Geschäftsführerin der Messe Karlsruhe, die diesjährige Aus- und Weiterbildungsmesse Learntec. Mit 411 Ausstellern aus 17 Nationen verzeichneten die Badener einen kräftigen Zuwachs (Vorjahr 341), die Besucherzahl wuchs um ein Drittel auf 15.600.
Zu den Besuchermagneten gehörte ein Future-Lab, das die Messegesellschaft gemeinsam mit Bosch Software Innovations eingerichtet hatte. Dort waren Zukunftstechnologien rund um das digitale Lernen auszuprobieren. Einen zweiten Schwerpunkt bildete das Thema Virtual und Augmented Reality (AR/VR): Besucher konnten sich in Vorträgen informieren und im Ausstellungsbereich Anwendungsbeispiele ansehen, etwa in der Maschinenwartung oder auch in der Mitarbeiterschulung. Und natürlich hat jede Messe mittlerweile einen Startup-Bereich, in dem sich junge Firmen präsentieren können. In Karlsruhe waren 48 Newcomer präsent.
Tradition hat auf der Learntec die Auszeichnung "Lernanbieter des Jahres". Die Inside-Unternehmensgruppe räumte hier gleich drei Titel ab. Weitere Sieger in ihren Kategorien waren die Firmen Engram, Everskill sowie die Know-How-AG und HQ Interactive Mediensysteme.
Learntec 2020: LinkedIn baut Lerngeschäft aus
Nicht fehlen darf auf einer solchen Veranstaltung das größte berufliche Online-Netzwerk LinkedIn, das allein in Deutschland, Österreich und der Schweiz über 14 Millionen Teilnehmer hat und sein Lerngeschäft stark ausbaut, wie Jonas Vrany versicherte. Er verantwortet im deutschsprachigen Raum das Bildungsgeschäft seines Arbeitgebers. Weltweit biete man den Mitgliedern rund 15.000 Kurse in sieben Sprachen an, in Deutschland seien es mittlerweile 2.500.
Alle Kurse produziert LinkedIn selbst, pro Woche sind es um die 60. Natürlich müssen solche Kurse jederzeit auf allen Endgeräten abgerufen werden können, denn "Lernen on-the-Job wird immer wichtiger", meinte Vrany. Mitarbeiter sollten daher unabhängig von Standort und Zeitpunkt auf Lerninhalte zugreifen können. LinkedIn favorisiert ein Abomodell, sprich: Mitglieder oder Arbeitgeber bezahlen eine bestimmte Jahresgebühr für ihre Mitarbeiter und haben Zugriff auf alle Inhalte. Vrany wird philosophisch: "Wir wollen das Lernen demokratisieren", die Mitarbeiter sollten selbst bestimmen, was sie lernen möchten, nicht nur die Arbeitgeber. Es liege letztendlich auch im Interesse der Firma, wenn sich Mitarbeitende generell um ihr Fortkommen kümmerten.
E-Learning: Das Netflix der Bildungsbranche
Während der LinkedIn-Manager das Lernen demokratisieren will, nimmt man beim Bochumer Startup Masterplan den Mund noch ein bisschen voller: "Wir wollen das Lernen revolutionieren", sagte Gründer Stefan Peukert. Und weiter: "Unser Ziel ist es, das Netflix der Bildungsbranche zu sein." Damit ist das Geschäftsmodell schon weitestgehend erklärt. Das vor drei Jahren gegründete Unternehmen mit mittlerweile 65 Mitarbeitern setzt auf qualitativ hochwertige Inhalte - sowohl bei der Produktion von Lernvideos als auch bei der Aufbereitung von Themen.
Anhand eines "Grundkurses Digitalisierung" erläuterte Peukert, wie er das mit der Revolution meint. Die erste Einheit soll Mitarbeiter branchenübergreifend mit verschiedenen Lektionen "mental fit machen für den Wandel und digitale Kompetenzen". Danach erstellt ein Algorithmus eine "personalisierte Lernwelt" für jeden Lernenden und macht Vorschläge zu weiteren Kursen.
Peukert ist überzeugt, dass dieses Zusammenspiel von Lernplattform und Content einen "maximalen Lerntransfer" sicherstellt. Wie man das von anderen Online-Plattformen kenne, lasse sich alles - also in diesem Fall das gesamte Lernverhalten - messen, und so könne sein Unternehmen individualisierte, auf jeden Mitarbeiter zugeschnittene Inhalte anbieten. Unternehmen könnten die firmenspezifischen Inhalte zusätzlich in die Masterplan-Lernplattform integrieren.
Learntec: Darauf kommt es bei Lernplattformen an
Worauf Firmen achten sollten, wenn sie sich für die Einführung einer Lernplattform entscheiden, darüber sprach Christian Förg, General Manager für die Region EMEA (Europe, Middle East, Africa) bei Saba. Das Unternehmen gehört zu den weltweit großen Anbietern von Lern-Management-Software, und Förg kennt das Personalgeschäft aus unterschiedlichsten Blickwinkeln, zumal er HR-Management-Positionen unter anderem bei HP und Media Saturn bekleidet hat. Ihm fallen vier Kriterien ein, auf die ein Personaler bei der Einführung einer Lernplattform achten sollte:
"Die Benutzeroberfläche muss so einfach und intuitiv wie möglich zu bedienen sein", rät Förg. Inhalte sollten leicht zugänglich und immer auf dem neuesten Stand sein.
"Die Lernplattform muss personalisierbar sein", sagt Förg und meint damit, dass Mitarbeiter die Inhalte, die sie online finden, einfach in ihren Lernplan integrieren und auch Kollegen vorschlagen können sollten. Wichtig sei bei den Lernangeboten, dass auch ausreichend obligatorische Kurse verfügbar seien.
"Idealerweise sollte Lernen kollaborativ und spielerisch im Team möglich sein", empfiehlt der Saba-Manager weiter. Mitarbeiter könnten so von den Stärken und dem Know-how der anderen profitieren. Doch damit nicht genug: Durch "die soziale Interaktion lernen die Beschäftigten gern und behalten die Inhalte länger in ihrem Gedächtnis".
"Lernen sollte flexibel möglich sein", lautet Förgs letzter Hinweis zur richtigen Auswahl einer Lernplattform. Mitarbeiter müssten von allen verfügbaren Endgeräten auf ihre Lerninhalte zugreifen können, damit sie sich zum Beispiel auch in den Pausen oder in der Freizeit fortbilden könnten - immer dann, wenn sie gerade Zeit und Lust haben.
Christian Förg gibt zu bedenken: "Lernen ist nicht einfach nur ein Tool oder ein Produkt, das das Unternehmen einem Mitarbeiter zur Verfügung stellen sollte." Dahinter müsse eine Strategie stehen, die auf einen "nachhaltigen Erfolg" ausgerichtet ist. Aufgabe der Firma müsse es sein, zu evaluieren, auf welchem Wissensstand jeder einzelne Mitarbeiter ist, und dann die richtigen Lerninhalte zur Verfügung zu stellen und die Lernformate zu fördern, die den größten Erfolg garantieren.
Lernen: Die KI-getriebene Zukunft
Dass man auch auf einfachen und unorthodoxen Wegen gute Lerninhalte verbreiten kann, zeigte die Bildungstochter der Industrie- und Handelskammern. Projektreferent Ömer Seker berichtete darüber, dass die DIHK-Bildungs-Gesellschaft die Lizenz für einen kostenlosen Online-Lehrgang mit dem Titel "Elements of AI" erworben habe. In Finnland hätten sich schnell 270.000 Teilnehmer registriert, auch hierzulande habe sich schon eine fünfstellige Zahl von Interessenten angemeldet.
Ziel sei es, so Seker, über die IHKs mittelständischen Unternehmen und deren Beschäftigten KI-Grundlagenwissen zu vermitteln. "Wir wollen die IHK als kompetenten Partner in Sachen KI und Digitalisierung positionieren", so der Projektreferent selbstbewusst. Seker versicherte, dass für den 20 bis 40 Stunden umfassenden Kurs keine Mathematik- und Programmierkenntnisse erforderlich seien. Er kombiniere theoretische Wissensvermittlung mit praktischen Übungen. Inhaltlicher Partner in Deutschland ist die Gesellschaft UnternehmerTUM, ein Institut der TU München.