Interview mit Hagen Rickmann

Was bedeutet Cloud für den User?

26.03.2011
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Cloud-Kürzel und Private Cloud

CW: Die Anwender werden mit Cloud-Begriffen und -Kürzeln überhäuft. Inwieweit unterscheidet sich Cloud von Konzepten, die unter Begriffen wie ASP, SaaS, Virtualisierung und Hosted VoIP vor zwei bis drei Jahren en vogue waren?

Rickmann: Die Techniken sind jetzt wesentlich reifer. So sind die Zugriffsmöglichkeiten deutlich standardisierter geworden, und die nötigen Bandbreiten sind nun da. Viele technische Voraussetzungen, die früher etwa beim Application-Service-Providing (ASP) fehlten, sind heute geschaffen. Diese Techniken sind inzwischen Standard und abrufbar. Das ist ein wesentlicher Unterschied für die Voraussetzungen für Cloud Computing. Ansonsten finden Sie alle die Begriffe, die Sie genannt haben, in Cloud Computing wieder. Allerdings sind noch nicht alle diese Ansätze reif genug, um die genannten fünf Kriterien zu erfüllen.

CW: Das heißt konkret?

Rickmann: Bleiben wir bei ASP.Hier ist es nicht unbedingt gewährleistet, dass ich die Lösung hoch- skalierbar beim Provider abrufen kann. Ebenso ist ein schnelles Hoch- und Runterfahren der Rechenleistung bei den bisherigen ASP-Modellen nicht gewährleistet. Gerade diese Anpassung an einen unterschiedlichen Bedarf ist für mich aber der entscheidende Unterschied zwischen Cloud und den herkömmlichen Verfahren. Beim Cloud Computing sind Voraussetzungen und Standards geschaffen, um variabel Leistung abzurufen.

CW: Cloud ist demnach die ausgereifte Version bereits bekannter Ansätze wie Application-Service-Providing?

Rickmann: Ja, das können Sie so sagen. Und ich bleibe bei der Eingangsdefinition. Wenn nur Teile dieser Kriterien erfüllt werden, dann ist es für mich keine vollständige Cloud-Lösung.

CW: Das ist die technische Seite. Wo ziehen Sie die Grenzlinie zwischen Public und Private Cloud?

Rickmann: Hier werden beide Cloud- Modelle über die Applikationsseite definiert (breit versus standardisiert). Allerdings gibt es in beiden Cloud-Modellen beispielsweise auch reine Infrastrukturangebote, was eine Definition erschwert. Die Unterscheidung ergibt sich deshalb zunächst einmal über die Sicherheit einer Cloud-Umgebung, wodurch dann eben in dem einen Fall (private) in der Regel nur wenige Nutzer über eine hohe Technologiebandbreite (Applikationen, aber auch Infrastrukturplattformen etc.) verfügen. Bei der (unsicheren) Public Cloud hingegen greifen dagegen in der Regel viele Nutzer auf ein bestimmtes, klar eingegrenztes Technologieangebot zurück.

CW: Ist die Private Cloud damit auf Unternehmensnetze beschränkt?

Rickmann: Bereits heute gibt es Anwendungen aus der Cloud, die unternehmensübergreifendes Zusammenarbeiten ermöglichen. In diesen Collaboration Services existieren klare Rollenverteilungen, Zugriffsbestimmungen und -einschränkungen, die ein sicheres Miteinander über Firmengrenzen hinweg in einer Private Cloud erlauben.

CW: Kann ich die Modelle auch hinsichtlich der Lokationen unterscheiden? Bei der Private Cloud weiß ich, wo das RZ steht, bei der Public Cloud dagegen nicht. Meine Daten könnten in China oder den USA liegen?

Rickmann: Beim Private-Cloud-Ansatz - und so verstehen wir ihn auch bei T-Systems - weiß der Anwender zu 100 Prozent, wo seine Daten gehostet werden. Er kann also die technischen Vorteile der Cloud nutzen, ohne dass gesetzliche Vorgaben wie Compliance und Datenschutz zu kurz kommen. Das sind Punkte, nach denen unsere Kunden jeden Tag in jedem Projekt fragen und die ein Muss für sie sind.

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