Offshoring und Cloud Computing

Umbrüche im Servicemarkt

23.04.2011
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Preise für klassische IT-Dienste fallen

Paul Hermelin, CEO von Capgemini: "Der Mangel an Fachkräften wird zum größten Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa."
Paul Hermelin, CEO von Capgemini: "Der Mangel an Fachkräften wird zum größten Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa."
Foto: Sümer Cetin

Insgesamt zeigt sich, dass der Wert klassischer Dienstleistungen sinkt. Cloud Computing und Standardisierung machen immer größere Bestandteile der IT zu austauschbaren Massenprodukten. Zudem lässt sich schon seit geraumer Zeit durch das Offshoring ein anhaltender Preisverfall beobachten. "Deutsche Anbieter sollten sich mittelfristig von einigen Aufgaben verabschieden", rät Roland-Berger-Berater Rossbach. "Sie werden sich kaum in einem Markt behaupten können, in dem der Wettbewerb durch den Stundensatz eines Kodierers entschieden wird."

Die Service-Provider müssen sich stattdessen intellektuelles Kapital aneignen, das nicht ohne weiteres reproduzierbar ist. Rossbach empfiehlt den Anbietern, sich neben dem Servicevertrieb ein Produktgeschäft aufzubauen: "Die Rolle von Software und einem eigenen Kernel wird für klassische Service-Provider deutlich zunehmen. Ein auf Arbeitskraft basierendes Geschäftsmodell können Anbieter aus Niedriglohnländern ohne weiteres kopieren. Mit einem Stück Software zu Steuerung einer Fertigungsanlage geht das nicht." Geistiges Eigentum schaffe mehr Wettbewerbfähigkeit.

Viel Potenzial bieten zudem Branchen etwa im Maschinenbau und in der Prozessindustrie, wo deutsche Firmen zu Weltmarktführern zählen. In Produkte und Fertigungsprozesse integrierte IT öffnet sich allgemeinen Marktstandards wie dem Internet Protocoll (IP). Das bietet Dienstleistern enorme Entfaltungsmöglichkeiten, denn mit Risiken und Integration offener Systems haben sie jahrelange Erfahrung, die sie in derartige Projekten einbringen können.

Doch es fehlt an Informatikern und Ingenieuren, die die Brücke zwischen beiden Welten schlagen können. "In Indien verlassen jedes Jahr 350 000 IT-Spezialisten die Universität. In Deutschland nehmen zurzeit gut 38 000 Schulabgänger ein Informatik-Studium auf", bilanziert Capgemini-Chef Hermelin. "Der Mangel an Fachkräften wird zum größten Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa."