Gründe, warum sich Datenbrillen bislang nicht im Endkundenbereich nicht durchgesetzt haben und im Business primär in Nischenbereichen wie Logistik oder Wartung eingesetzt werden, sind schnell zu finden: Wegen der umfangreichen Elektronik und dem Akku bringen die Wearables deutlich mehr auf die Waage als normale Brillen - was wiederum mit dazu beiträgt, dass Nasenfahrräder mit Kassengestell im Vergleich zu industriellen Smart Glasses wie Designerbrillen aussehen.
Brille mit Cloud-Zugang
Hier kommt die Telekom ins Spiel, die gerade ihre Mobilfunknetze modernisiert und Anwendungsgebiete für die nächste Mobilfunkgeneration 5G sucht. Die Idee, so Christian Stangier, Senior Vice President Connected Devices bei der Deutschen Telekom: Durch Edge Computing könnte die notwendige Technik aus der Datenbrille in die Cloud ausgelagert werden. Damit würde das Gerät selbst kleiner, leichter, weniger heiß und die Batterielaufzeit erheblich verlängert.
Voraussetzung, um die Funktionen der Datenbrille verzögerungsfrei zu nutzen, seien allerdings niedrige Latzenzzeiten wie sie künftig 5G biete, fügte Stangier hinzu. Auf Nachfrage räumte der Telekom-Manager jedoch ein, dass sich die Brille - etwa in ländlichen Gebieten - auch mit 4G nutzen ließe, wenn auch nicht so glatt.
Zeiss bringt in das Joint Venture Tooz Technologies sein optisches System für vollintegrierte, leicht tragbare Brillen sowie die langjährige Erfahrung mit bildgebenden Systemen, die nah am Auge getragen werden, in die Partnerschaft ein. Die Optik für Smart Glasses wurde bereits im Developer Programm für die Entwicklung eines Prototyps verwendet, so Dr. Ulrich Simon, Leiter der Konzernforschung bei Zeiss.
Apropos Developer Programm: Um die Ansprüche der Kunden an Datenbrillen besser zu kennen, haben Zeiss und Telekom in den vergangenen Monaten in einem Prototyping Programm mit mehr als 40 Partnern aus Industrie, Handel und Wissenschaft Anwendungsfälle entwickelt. Zwei davon wurden nun - zumindest in Theorie - auf dem Mobile World Congress vorgestellt.
So kann sich etwa Thorsten Wingenter, Head of Digital Innovations bei Lufthansa, gut vorstellen, Flugbegleiter künftig als Teil der Uniform mit den Datenbrillen auszustatten. Das wäre der nächste Schritt nach der Einführung von Tablets für die Crew, erklärte Wingenter: Sie hätten die Hände frei und trotzdem Zugriff auf die Namen der einzelnen Passagiere und ihre besonderen Wünsche und könnten so einen besseren Service leisten.
Dr. Holger Sauer, Leiter des Instituts für medizinische Psychophysik, wiederum sieht in den Smart Glasses einen Weg, den Informationsfluss in Operationssälen einzudämmen und zu personalisieren. Statt Lärm bekomme jeder nur die Infos, die er wirklich braucht, erklärte Sauer: "Jahr für Jahr sterben Menschen wegen dieses Informationsüberschusses."
Auf Partnersuche
Der aktuelle Zeitplan sieht vor, dass Tooz die Brille in den nächsten Monaten aufbauend auf komplementären Technologien wie Microdisplays und Elektronik weiterentwickelt. Bis zum Marktstart soll sie dann auch in vielfältigen Designs verfügbar sein. Gleichzeitig hoffen die Anbieter, dass bis dahin eine Vielzahl von Anwendungen für private und berufliche Nutzer bereit stehen.