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27.09.2011
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

ERP - Investitionen müssen sich rechnen

In welche Bereiche die ERP-Budgets fließen sollen, darüber ist man indes geteilter Meinung. Die Analysten von Forrester empfehlen den Anwendern, ihre ERP-Systeme auf den Prüfstand zu stellen. Es gelte zu prüfen, inwieweit die bestehenden Anwendungen in der Lage sind, gegenwärtige und künftige Anforderungen des Business zu erfüllen. Insbesondere sollten die ERP-Systeme den Unternehmen dabei helfen, schnell auf Veränderungen im Markt reagieren zu können. Darüber hinaus müsse die Software die Firmen in ihrem Wachstumskurs unterstützen können.

Allerdings sei es nicht einfach, den richtigen ERP-Kurs zu finden, räumen die Forrester-Experten ein. Die Vielfalt an Angeboten, verschiedene Bezugsmodelle sowie eine große Zahl neuer Funktionen würden es den Anwendern oft schwermachen, den Durchblick zu behalten. Viele Anbieter überarbeiten derzeit ihre ERP-Suiten und locken die Anwender mit diversen Innovationen. Auf dem Plan stehen neu designte Benutzeroberflächen, erweiterte Analyse- und Reporting-Werkzeuge, die Einbindung mobiler Endgeräte sowie die Integration von Collaboration- und Social-Media-Tools. Die Verantwortlichen in den Anwenderunternehmen müssen in der Folge bewerten, wie relevant und nützlich diese Neuerungen für das eigene Business sein können - oft keine leichte Aufgabe.

Es verwundert daher nicht, dass in den meisten Anwenderunternehmen die Zeichen derzeit nicht auf Veränderungen stehen. Laut einer Forrester-Umfrage sind zwei Drittel der befragten ERP-Anwender der Meinung, dass die vorhandenen Systeme auch noch für die kommenden fünf Jahre ausreichten. Das liege unter anderem daran, dass sich die eingesetzten Applikationen in der Vergangenheit bewährt hätten beziehungsweise die Anwender abwarten wollten, was die neuen ERP-Produkte wirklich zu bieten hätten.

Diese Zurückhaltung bedeutet indes nicht, dass die Unternehmen ihren ERP-Systemen gar keine Beachtung mehr schenken. Beispielsweise werden die SAP-Anwenderunternehmen nach 2010 auch im laufenden Jahr wieder mehr Geld in die Hand nehmen, um ihre Anwendungslandschaft auf Vordermann zu bringen, hat eine Umfrage von Raad Research ergeben. Da jedoch weiterhin ein genereller Spardruck auf den IT-Abteilungen laste, würden 2011 ebenfalls sämtliche Projekte wie auch der Betrieb an strengen Rentabilitätsmaßstäben gemessen.

Diese Einschätzung bestätigt auch eine Umfrage der Deutschsprachigen SAP Anwendergruppe (DSAG). Demnach sollen die IT-Budgets der SAP-Kunden im laufenden Jahr hierzulande gegenüber dem Vorjahr um rund sechs Prozent steigen. Damit bewegen sich die IT-Investitionen fast wieder auf dem Niveau von vor der Krise, so die Bilanz der Anwendervertretung. Im Fokus stehen dabei konkrete Verbesserungen im Geschäftsbetrieb sowie Einsparungen. "Zurzeit sind eher klassische Themen wie Business Intelligence oder Portale beziehungsweise Kostensenkungen durch Virtualisierung an der Tagesordnung", berichtet DSAG-Vorstand Marco Lenck. Für von den Herstellern gepuschte Hype-Themen gebe es dagegen kaum konkrete Investitionspläne. Beispielsweise will sich der DSAG zufolge nur jeder fünfte SAP-Anwender über die In-Memory-Technik seines Softwarelieferanten informieren. Konkrete Investitionspläne verfolgen nur zwei der 350 befragten Unternehmen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich im Bereich Mobile ab. Dafür interessiert sich konkret ein Viertel der Befragten, dafür Geld ausgeben wollen allerdings nur sechs Prozent.

Damit stecken die Softwarehersteller in einem Dilemma. Auf der einen Seite müssen sie Innovationen vorantreiben, um ihr Renommee im Markt aufzupolieren und künftiges Geschäft zu sichern, auf der anderen Seite gilt es, nicht den Anschluss an die Kunden zu verlieren und ihnen bei konkreten Problemen unter die Arme zu greifen. In dieser Hinsicht scheinen die Anbieter jedoch dazuzulernen. Vertreter der DSAG, der Deutschen Oracle Anwendergruppe (Doag) sowie der Deutschen Baan User Group berichteten in den vergangenen Monaten, dass die Softwarehersteller den Anwenderwünschen in Sachen Erweiterung der bestehenden Lösungen sowie Neuentwicklungen mehr Gehör und Beachtung schenkten.