Java SE Universal Subscription

Oracle kassiert Java-Kunden ab

03.02.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Oracles neue Metrik für die Java-Lizenzierung orientiert sich an der Mitarbeiterzahl von Unternehmen. Das schafft Ordnung, kann aber auch ganz schön teuer werden.
Die richtige Java-Lizenzierung zu finden, könnte für viele IT-Verantwortliche zu einem Albtraum werden - auch finanziell.
Die richtige Java-Lizenzierung zu finden, könnte für viele IT-Verantwortliche zu einem Albtraum werden - auch finanziell.
Foto: New vision / Sukresh Manda - shutterstock.com | IDG

Oracle hat seine Java-Lizenzierung geändert. Seit dem 23. Januar 2023 gilt die "Java SE Universal Subscription". Neu ist, dass Anwenderunternehmen künftig nicht mehr nur die eigentlichen Java-User lizenzieren müssen. Vielmehr wird die Mitarbeiterzahl der Gesamtbelegschaft als Bemessungsgröße für die Berechnung der Nutzungsgebühren herangezogen. Als Mitarbeitende zählen laut Oracle alle Voll- und Teilzeitkräfte sowie befristet Beschäftigte. Hinzu kommen Angestellte von anderen Unternehmen wie Beratungsfirmen, Outsourcern oder Partnern, sofern diese das Geschäft des jeweiligen Betriebs unterstützen.

Laut Oracles Preisliste staffeln sich die Lizenzkosten für die Java SE Universal Subscription nach der Mitarbeiterzahl. Kleinere Unternehmen bis 999 Mitarbeiter müssen für eine Java-Lizenz 15 Dollar pro Kopf im Monat bezahlen. Für Großbetriebe mit 40.000 bis 49.999 Angestellten werden 5,25 Dollar je Mitarbeiter und Monat fällig. Für noch größere Konzerne dürfte der Java-Preis noch geringer ausfallen. Oracle verweist an dieser Stelle auf seinen Vertrieb, den die entsprechenden Kunden kontaktieren sollten.

In einer Beispielrechnung zieht Oracle ein Unternehmen mit 23.000 eigenen Angestellten - Vollzeit, Teilzeit und befristet - sowie 5.000 externen Zuarbeitern heran. Bei einer Gesamtzahl von 28.000 Mitarbeitern fällt dieser Betrieb in die Preisstaffel von 6,75 Dollar je Kopf und Monat. Insgesamt müsste dieses Unternehmen 2,268 Millionen Dollar für seine Java-Lizenz im Jahr an Oracle überweisen.

Oracle verspricht einfachere Lizenzverwaltung

Die Java SE Universal Subscription löst die bisherigen Lizenzmodelle "Java SE Subscription" und "Java SE Desktop Subscription" ab. Kunden dieser Modelle könnten ihr bisheriges Java-Abo noch zu den bestehenden Bedingungen verlängern, verspricht der Anbieter. Als Vorteil der Universal Subscription nennen die Oracle-Verantwortlichen die universelle Nutzung von Java über das gesamte Unternehmen hinweg, von PCs über Server bis in die Clouds von Drittanbietern. Das vereinfache die Lizenzverwaltung erheblich, hieß es. Unternehmen müssten nicht mehr explizit die Systeme identifizieren, die Java verwenden.

Darum heißt Java Java

Darüber hinaus erhielten Kunden mit der Java SE Universal Subscription d Support für ihr gesamtes Java-Portfolio, einschließlich Bibliotheken und Ablaufumgebungen von Drittanbietern. Hilfe gebe der Oracle-Support bei allgemeinen Fragen zu Java SE wie auch bei Problemen mit Lösungen von Drittanbietern, verspricht der Anbieter, der Java mit der Übernahme von Sun Microsystems 2009 unter seine Kontrolle gebracht hatte.

Java-all-inclusive - aber teuer

Welche Auswirkungen das neue Abrechnungsmodell für Unternehmen hat, wird jeder Betrieb für sich selbst berechnen müssen. Der Charme des neuen Abomodells besteht wohl darin, dass Unternehmen anhand einer leicht zu ermittelnden Kennzahl schnell ausrechnen können, wie teuer sie Java zu stehen kommt. Mit dieser Gebühr ist dann jegliche Java-Nutzung abgegolten. Die Verantwortlichen der Anwenderunternehmen müssen sich nicht mehr sorgen, dass Teile ihrer Systemlandschaft nicht lizenziertes Java verwenden könnte, und möglicherweise ein Auditor bei der nächsten Prüfung eine unangenehme Fehllizenzierung aufdeckt.

So ticken Softwareentwickler

Oracle bietet seinen Kunden für seine anderen Produkte ein ähnliches Modell: Mit einem Unlimited License Agreement können die Kunden so viel Oracle-Software nutzen, wie sie möchten. Das lässt sich Oracle allerdings gut bezahlen. Der Grund, warum solche Modelle trotzdem nachgefragt werden: Die Lizenzierung von Oracle-Software ist komplex und hat ihre Fallstricke. Außerdem ist Oracle als Anbieter bekannt, der seine Kunden gnadenlos per Audit prüfen lässt und schnell mit Nachforderungen vor der Tür steht, wenn dabei Fehllizenzierungen aufgedeckt werden.

Oracles Java-Lizenzierung sorgte für viel Ärger

Das gilt auch für Java. Oracle hatte 2018 tiefgreifende Änderungen am Java-Lizenzmodell, den Release-Zyklen und dem Support-Modell bekannt gegeben und damit viele Kunden verärgert. Betriebe, die bis dato ohne kommerziellen Support ausgekommen waren, mussten überlegen, ob sie nicht doch auf ein gebührenpflichtiges Modell wechseln sollten, weil bestimmte Technologien in neuen Releases nicht mehr zur Verfügung standen beziehungsweise eine schnellere Taktung der Releases die eigene IT überfordert hätte.

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Da viele unternehmenskritische Anwendungen Java in der einen oder anderen Form beinhalteten bissen viele Firmen in den sauren Apfel und lizenzierten Java bei Oracle. Doch damit begann oft erst der eigentliche Ärger. Um überhaupt feststellen zu können, welches Java an welchen Stellen in den eigenen IT-Systemen lief, war eine Revision erforderlich, die viel Zeit und einen hohen Aufwand erforderte. Dazu kommt, dass die Metriken hochkompliziert sind. Neben einem User-basierten Abrechnungsmodell gibt es Ansätze, die sich an Prozessoren und Prozessorkernen orientieren, wobei CPU nicht gleich CPU ist. Für Chips bestimmter Hersteller gibt es jeweils andere Umrechnungsfaktoren, die in der Preisberechnung mit zu berücksichtigen sind.

Dass Oracle mit seiner Java-Politik nicht gerade für Begeisterung in den Reihen seiner Klientel sorgt, zeigen jüngste Marktzahlen. Obwohl Oracle Java immer noch die branchenführende Distribution ist, hat sich die Anzahl der Nutzer in den vergangenen beiden Jahren halbiert. Das geht aus dem Bericht "2022 State of the Java Ecosystem" hervor, den New Relic im April vergangenen Jahres veröffentlicht hat. Unter den Java-Development-Kit-(JDK)-Distributionen hatte Oracle demnach im Jahr 2020 noch einen Marktanteil von etwa 75 Prozent. Zwei Jahre später ist dieser Wert auf nur noch 34,5 Prozent gesunken. Die Zahlen zeigten eine Abkehr von Oracle-Binärdateien, nachdem das Unternehmen seine JDK-11-Distribution restriktiver lizenziert hatte, so das Fazit der Marktbeobachter.

Teurer Java-Freibrief

Ob Oracle mit seinem vereinfachten Lizenzmodell für Java die Gunst der Anwenderunternehmen zurückgewinnen kann, ist fraglich. Wer seine Hausaufgaben gemacht hat, sprich: die Java-Nutzung im Unternehmen genau analysiert und im besten Fall gleich auch noch unter Lizenzgesichtspunkten optimiert hat, wird kaum auf das neue Modell umsteigen.

Für Betriebe, die bezüglich ihrer Java-Nutzung immer noch im Dunklen herumtappen, könnte die Java SE Universal Subscription ein Weg sein, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. Allerdings dürfte immer ein fader Beigeschmack zurückbleiben, das Gefühl nämlich, mit der Angestellten-Metrik zu viel an Oracle zu überweisen. Zudem dürfte es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen IT-Investitionen auf ihren Nutzen hin auf den Prüfstand gestellt werden, nicht leicht sein, den Finanzchef davon zu überzeugen, sich für teuer Geld eine Art Java-Freibrief zu erkaufen.