Office 11 glänzt mit neuen XML-Funktionen

19.12.2002
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

Die STS 2.0 liefern ein weiteres Beispiel dafür, dass der SQL Server zum Einheitsspeicher in der Microsoft-Welt wird. Sie legen dort Anwendungslogik und Benutzerdaten ab. In dieser Konstellation gibt STS einen Vorgeschmack auf Microsofts File-Server der Zukunft. Die nächste Version der hauseigenen Datenbank, die derzeit unter dem Codenamen „Yucon“ entsteht, wird nämlich die Technologie für geplante Windows-Dateisysteme liefern. Sie sollen als zentrales Repository typische Datenbank-Features wie Roll Back oder verbesserte Abfragemöglichkeiten bieten.

Derzeit steht noch nicht endgültig fest, in welcher Form Microsoft die STS 2.0 vertreiben will. Sicher scheint nur, dass sie Bestandteil des .NET Server 2003 sein sollen. Da dieser aber schon ein Quartal vor Office 11 ausgeliefert wird, schnürt Microsoft ein STS-Update-Pack für den Windows-Server. Möglicherweise finden sich die STS wie schon bisher im Büropaket selbst wieder. Zusätzlich bemüht sich Microsoft um Hosting-Partner, die mietbare STS-Installationen unterhalten, und richtet solche auch selber ein. Letztlich handelt es sich bei der Frage, wie STS zum Kunden gelangen soll, um eine reine Marketing-Entscheidung. Technisch gesehen sind die STS bereits eng mit Office verwoben. Das äußert sich nicht nur darin, dass in die Menüs der Büroanwendungen bereits Befehle zur Nutzung von Document Workspaces eingebaut sind oder VBA eine Reihe neuer Objekte kennt, mit denen sich solche gemeinsamen Dokumentablagen manipulieren lassen.

Outlook 11 auf Titanium abgestimmt

Auch hinsichtlich der Integration mit Outlook machen die STS erhebliche Fortschritte. So kann die Version 11 des Groupware-Clients lokal gespeicherte Kontakte und Kalender mit jenen zusammenführen, die unter STS eingerichtet wurden.

Die Outlook-Programmierer in Redmond müssen ihre Software nicht nur auf die STS, sondern auch auf das gleichzeitig erscheinende Exchange-Update abstimmen. Dieses firmiert unter dem Codenamen „Titanium“ und soll in der Zusammenarbeit mit Outlook 11 verbesserte Kommunikationsfunktionen bieten. Dazu zählen die Kompression der übertragenen Daten, Tunneling von RPCs durch https, sowie eine intelligentere Replikation, bei der zuerst die Mail-Header und dann erst die Inhalte übermittelt werden. Unter Outlook 11 arbeiten Benutzer standardmäßig mit lokalen Repliken der Mail-Ordner, die der Client im Hintergrund laufend aktualisiert, sobald eine Verbindung zu einem Titanium-Server besteht. Microsoft verspricht damit ein angenehmeres Offline-Arbeiten.

Keine Zukunft für VBA?

Die stark erweiterte XML-Unterstützung lässt erwarten, dass diese auch bei der Programmierung innerhalb der Office-Anwendungen ihren Niederschlag findet. Schließlich können Entwickler XML-Dokumente schwerlich über das Objektmodell für proprietäre Word-Dokumente manipulieren, sondern bedürfen dazu der Standardschnittstellen wie DOM oder Zugriffsmechanismen wie Xpath. Tatsächlich kennt Word 11 zehn neue Objekte, die das Navigieren durch den Dokumentenbaum, die Adressierung von Knoten mittels Xpath oder das Transformieren mit XSLT erlauben. Das schon aus Gründen der Abwärtskompatibilität weiterhin vorhandene Visual Basic for Applications (VBA) kann die Funktionen der neuen Objekte nutzen. Laut einem Fachartikel auf Microsofts Developer Network soll sich an der eingebauten Programmierumgebung aber sonst nichts Wesentliches ändern. Immerhin kann VBA noch mit Hilfe eines integrierten Clients UDDI-Verzeichnisse durchsuchen. Bei der Auswahl eines Soap-Servers liest der VBA-Editor WSDL-Dateien aus und generiert ein Anwendungsskelett für den Aufruf eines Web-Service.

Die Zukunft der Office-Programmierung liegt nach diversen Äußerungen aus Redmond aber nicht mehr in der integrierten VBA-Umgebung, sondern wie bei fast allen anderen Produkten in Visual Studio .NET. Microsoft kündigte für die Version 2003 ein Add-on namens „Visual Studio Tools for Office“ an, das die Programmierung mit Visual Basic .NET oder C# erlaubt. Im Gegensatz zu den „Primary Interop Assemblies“ von Office XP steuern derartige Programme Office-Anwendungen nicht von außen, sondern laufen wie VBA-Code quasi hinter den Dokumenten ab. Solche zukünftigen Makros sind Dokumenterweiterungen auf Basis von .NET und werden von der Common Language Runtime (CLR) ausgeführt. Sie können daher auch die Sicherheitsfunktionen der virtuellen Maschine nutzen. Davon erhofft sich Microsoft ein Ende der Makroviren-Plage, die mit VBA zu einer wahren Geisel für viele Anwender wurde. Für VBA-Makros gilt wie in der Version XP, dass per Voreinstellung nur signierter Code ausgeführt wird.


Als einziges Programm von Office 11 fällt Outlook durch seine grundlegend veränderte Erscheinung auf. Die neue Anordnung der Fenster, bei der die Vorschau nun rechts platziert wurde, soll angeblich auf gleichem Raum wesentlich mehr Informationen anzeigen können. Zu den auffälligsten Neuerungen zählen zudem die „Search Folder“, die anhand frei definierbarer Kriterien Sichten auf Mails bieten, die physisch über mehrere Ordner verstreut sind. Zusätzlich lassen sich Mails über Farbmarkierungen (Flags) kategorisieren und solchen Suchordnern zuweisen.

Fazit

Die engere Abstimmung von Office 11 auf das Server-Portfolio aus gleichem Haus zählt sicher zu den nennenswerten Vorteilen für gute Microsoft-Kunden. Immerhin hört die Integration nicht mit Exchange und STS auf, sondern betrifft etwa auch die Funktionen für Echtzeitkommunikation („Greenwich“), die Teil des .NET-Server werden sollen, oder die angekündigte E-Business-Suite „Jupiter“. So ist Office dank Real Time Communication an allen Ecken und Enden für Presence Awareness vorbereitet, die zeigen soll, ob eine bestimmte Person online ist. Jupiter soll unter anderem eine Komponente für das Katalog-Management enthalten, für die Word, Excel oder Xdcos als Autorenwerkzeuge vorgesehen sind. Aber unabhängig von der Verzahnung mit Backoffice-Produkten verspricht Office 11 mit seinen XML-Funktionen für professionelle Anwender nach längerer Zeit wieder einen Nutzen, der das Update wert sein könnte.