München und das Ende des Booms

28.10.2002
Von Helga Ballauf

Driessen: "Qualifizierte IT-Fachkräfte haben weiterhin gute Beschäftigungschancen, allerdings bei niedrigeren Gehältern und ohne die diversen Extraleistungen der Boomphase." Gefragt seien derzeit Spezialisten für IT-Security und Linux, berichtet der IHK-Mann. In der Zukunft könne sich gute Chancen ausrechnen, wer etwas von Web-Services und Bandbreiten-Management versteht und fähig ist, spezifische IT-Anwendungen, etwa in der Medizin, nutzerfreundlich zu gestalten. Schwierig kann es nach Driessens Branchenüberblick für Seiteneinsteiger werden: "Wenn die Firmen die Auswahl haben, bevorzugen sie IT-Fachkräfte mit dualer Ausbildung, Fachhochschul- oder Universitätsabschluss."

Die bayerische Landeshauptstadt gilt weiter als Hochburg der Existenzgründer. Am Münchner Business-Planwettbewerb im Sommer 2002 beteiligten sich 99 Teams, jedes dritte legte ein Unternehmenskonzept aus der IT-Branche vor. Die Initiatoren vermerken positiv, dass die Geschäftsmodelle der jungen Existenzgründer immer durchdachter und ausgereifter werden. Als Nadelöhr stellt sich allerdings die Finanzierung innovativer Ideen heraus: So kritisieren die Initiatoren des Business-Planwettbewerbs, dass sich die Risikokapitalgeber weiter zurückhalten: "Entgegen dem eigentlichen Charakter ihres Geschäftsmodells bemühen sie sich zunehmend, allen Risiken so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen."

Der Appell der professionellen Kapitalgeber an die Gründerteams lautet: kreativ sein, stets neue Formen der Finanzierung suchen, die Kooperation mit Geschäftspartnern, vor allem Lieferanten und Kunden suchen, jede Abhängigkeit von einem Financier vermeiden. IHK-Vertreter Driessen kennt das Problem und rät den Newcomern: "Es genügt nicht, eine gute Geschäftsidee zu verfolgen. Man muss sich bereits zu Beginn eines Existenzgründungsprozesses das nötige betriebswirtschaftliche Know-how angeeignet haben."

Neue Herausforderungen warten

Curt Winnen, Geschäftsführer von Munich Network, legt die Latte an "Hardcore-Entrepreneure" höher: "Der Vertrieb ist in Zeiten der Stagnation die Herausforderung für junge IT-Untenehmen. Da gilt: Wenn der Kunde nein sagt, muss man mit dem Verkauf erst richtig beginnen." Im Munich Network, dem früheren "Förderkreis Neue Technologien", sind potente IT-Unternehmen der Region vertreten. Ziel ist nicht nur die Unterstützung technologieorientierter Startups, Munich Network will auch die Fäden zu internationalen Hightech-Standorten knüpfen. Dabei treibt Winnen eine Sorge um: "München steht in der Gefahr, ein wichtiges industrielles Wachstumsfeld vorbeiziehen zu lassen, obwohl alle großen Spieler am Standort vertreten sind."