München und das Ende des Booms

28.10.2002
Von Helga Ballauf

Gründer mögen München

Startups, Mittelständler und Weltkonzerne decken ein breites Spektrum innovationsfreudiger Wirtschaftszweige aus dem Fertigungs- und dem Dienstleistungssektor ab. Dieser Mix ist ein stabilisierender Faktor in schwierigen Zeiten, glaubt Wirtschaftsreferent Reinhard Wieczorek: "Die ausgewogene Münchner Wirtschaftsstruktur, die lebendige Gründerszene, die Mischung von Groß-, Mittel- und Kleinunternehmen, das Potenzial gut ausgebildeter Arbeitskräfte sowie die hervorragende Infrastruktur machen den Standort im bundesweiten Vergleich widerstandsfähig."

Andererseits zeigt sich: Wenn einer der Großen schwächelt, setzen sich Auftragsrückgänge und Entlassungen in dem dichten Geflecht der Entwicklungs-, Herstellungs- und Vermarktungsunternehmen des Umfelds rasch fort. Und schlechte Nachrichten gibt es satt, die der vergangenen Monate lauteten: Der Großkonzern Siemens baut erneut Tausende von Stellen ab, das Kirch-Imperium fällt auseinander und gefährdet Arbeitsplätze im gesamten Medienbereich. Die Compaq-Beschäftigten fürchten nach der Fusion mit HP um ihre Jobs an der Isar, der Telekommunikationsanbieter Quam ist am Ende und entlässt 90 Prozent seiner Mitarbeiter.

Auch bei Intel, O2, Deutscher Telekom und Sun Microsystems kriselt es. Dazu kommen die Pleiten vieler kleiner und mittelgroßer Startups. "München hat in der Vergangenheit von der Aufbruchstimmung der New Economy außerordentlich profitiert. Die aktuelle Marktbereinigung, verbunden mit der allgemeinen Wirtschaftslage und regionalen Ereignissen wie der Kirch-Krise, trifft den Wirtschaftsraum insgesamt sehr hart", räumt Wieczorek ein.

Stadt ist pleite

Wie ein Paukenschlag wirkte der im Juli verkündete Investitionsstop der Stadt selbst. München in Zahlungsnot - das bedeutet nicht nur, dass öffentliche Dienstleistungen gestrichen, "gestreckt" oder teurer werden. Das hat ebenfalls zur Folge, dass unsicher ist, wie lange die Kommune als potenter Auftraggeber ausfällt. Keine Panik! Mit diesem Appell treten in München die Vertreter aus Wirtschaft und Politik den Hiobsbotschaften entgegen. "Die Phase der Überhitzung ist zu Ende. Zunächst wird die Auftragslage weiter zurückgehen", prognostiziert der stellvertretende IHK-Geschäftsführer in München, Peter Driessen. Allerdings werde sich der IT-Markt auf mittlere Sicht wieder erholen, erwartet der Kammervertreter. Schließlich sei der Bedarf an Informationstechnik noch längst nicht gedeckt.