Linux profitiert vom allgemeinen Sparzwang

14.11.2002
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

„Es gibt konkrete Anfragen von Behörden und Banken“, beobachtet Christian Egle, Sprecher der Suse Linux AG. Die Nürnberger haben auf das Interesse reagiert und ein neues Angebot gebündelt: Im Januar nächsten Jahres bringt Suse einen „Linux Office Desktop“ für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Privatanwender auf den Markt. Dem wird noch im ersten Quartal 2003 ein „Linux Enterprise Desktop“ für Großunternehmen und öffentliche Verwaltungen folgen.

Das Angebot umfasst das Büropaket „Star Office 6.0“ von Sun mit Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationsprogramm und Datenbank. Darüber hinaus enthält es das Programm „Crossover Office 1.2“ von Codeweavers, mit dem sich die Microsoft-Programme „Word“, „Excel“, „Powerpoint“ und „Visio 2000“ auch ohne ein Windows-Betriebssystem nutzen lassen. Außerdem kann erstmals Lotus „Notes“ von einem Linux-Client aus verwendet werden. Das Mail-System „Evolution“ hat funktionale und optische Ähnlichkeiten mit Microsofts „Outlook“. Als Benutzeroberflächen stehen „KDE 3.0.3“ und „Gnome 2.0“ zur Auswahl.

Wer nicht sofort auf Windows 95, 98 oder ME verzichten möchte, kann über das Installations-Tool „Yast 2“ automatisch oder nach Bedarf den Festplattenplatz zwischen den Microsoft-Systemen und Linux aufteilen. Dazu ist das Partitionierungswerkzeug „Acronis OS Selector“ integriert, das den Wechsel zwischen den Betriebssystemen und einen Linux-Umstieg ohne Datenverlust auch mit vorinstalliertem Windows 2000 oder XP ermöglicht. Der Linux Office Desktop wird 129 Euro kosten - und zwar pro Arbeitsplatz. Dies begründet Suse damit, dass die Fremdprodukte keine andere als die „Per-Seat“-Lizenzform erlauben.

Damit ist Suse das erste Unternehmen, das Microsofts Office-Kunden ein konkretes und umfassendes Wechselangebot unterbreitet. Die Franken werden damit nicht lange allein stehen. Red Hat hat ein vergleichbares Office-Paket für 2003 angekündigt. Auch Sun wird im nächsten Jahr ein Hard- und Software auf der Basis von Star Office schnüren. Es wird vermutlich im Paket mit 50 Client-Rechnern und einem Server auf den Markt kommen. „Nicht nur vereinzelte, sondern viele Kunden sagen uns, Linux-Desktops seien für sie ein Thema“, begründet Sun-Manager Heinze das kommende Angebot.

„Der Kampf gegen Microsoft wird auf den Desktop-Bereich ausgeweitet“, freut sich Live-Vorstandsmitglied Riek. Allerdings solle man jetzt nicht gleich eine Revolution erwarten. Es handele sich bei den Linux-Office-Paketen lediglich um ein zu Microsoft alternatives Angebot, heißt es unisono bei Suse, Red Hat und Sun. Eigentlich könne man nur abwarten, wie die Anwenderschaft reagiere. „Das wird Microsoft nicht vom Markt fegen“, fasst Evan Leibovitch vom Linux Professional Institute (LPI) die unter Beobachtern verbreitete Meinung zusammen. „Aber langsam wird jetzt Linux auch auf dem Desktop vorankommen, vielleicht sogar demnächst Apple überholen. Linux ist endlich eine echte und gute Alternative auf dem Desktop.“