Keine Investitionen

KPMG sieht Wirtschaftsstandort in Gefahr

18.11.2021
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Internationale Konzerne bemängeln die digitale Infrastruktur in Deutschland. Das hat Folgen: Sie wollen hierzulande weniger investieren.
Wenn Deutschland nicht bald seine digitale Infrastruktur auf Vordermann bringt, werden Investoren den Geldhahn zudrehen.
Wenn Deutschland nicht bald seine digitale Infrastruktur auf Vordermann bringt, werden Investoren den Geldhahn zudrehen.
Foto: Gts - shutterstock.com

Die Attraktivität Deutschlands als Wirtschaftsstandort ist in Gefahr. Zu diesem Ergebnis kommt die KPMG-Studie "Business Destination Germany 2022". Dafür wurden 360 Chief Financial Officers (CFOs) deutscher Tochtergesellschaften internationaler Konzerne aus den wichtigsten Investitionsländern befragt, wie sie den Wirtschaftsstandort Deutschland wahrnehmen.

Die Antworten fielen wenig schmeichelhaft aus. So haben sich bereits in der Vergangenheit bemängelte Schwächen weiter verschärft. Demnach hat Deutschland hinsichtlich der Standortfaktoren Steuersystem, Digitalisierung und logistische Infrastruktur im EU-Vergleich weiter an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Erschwerend kommt hinzu, dass sich grundlegende Standortstärken, für die Deutschland international bekannt ist und geschätzt wird, verschlechtert haben: Innovationsförderndes Umfeld, Prozessautomatisierung und Arbeitsproduktivität.

Digitale Infrastruktur - unzureichend

Als größtes Investitionshemmnis bezeichnen die internationalen Konzerne die unzureichende digitale Infrastruktur in Deutschland. Nur 13 Prozent der befragten CFOs stufen sie in die Top 5 der EU ein - für knapp ein Viertel zählt sie dagegen zu den fünf schlechtesten in der EU. Hinzu kommen Mängel in der logistischen Infrastruktur. Nur noch 59 Prozent der CFOs betrachten sie als eine der fünf besten in der EU. Vor vier Jahren waren es noch gut drei Viertel. Auch das hiesige Steuersystem erhält eine besonders schwache Bewertung. Lediglich jeder fünfte Befragte zählt es noch zu den Top 5 in der EU. 25 Prozent dagegen halten es für eines der fünf unattraktivsten der EU.

Vor allem die langsamen Ìnternet-Verbindungen seien immer noch ein enormes Problem in Deutschland, heißt es in dem Bericht. Das betreffe vor allem die ländlichen Gebiete abseits der großen Städte. Doch genau dort seien viele kleine und mittelgroße, innovative Betriebe zu finden. Der ungenügende Breitbandausbau hemme deren Entwicklung und damit insgesamt den Fortschritt und die Digitalisierung in Deutschland.

Deutsche Politik nicht agil genug

"Diverse Industrien befinden sich aufgrund der Megatrends Digitalisierung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie der geopolitischen Entwicklungen und dem demografischen Wandel in einem grundlegenden Transformationsprozess, konstatiert Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. "Diesem exogenen Veränderungsdruck begegnet die deutsche Politik nach Auffassung internationaler Investoren bislang zu wenig agil."

Das hat Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zwar investierten internationale Konzerne KPMG zufolge weiter in zukunftsweisende Leuchtturm-Projekte in Deutschland. Aktuell plane aber nicht einmal mehr jeder fünfte Befragte in den kommenden fünf Jahren ein Investment von mindestens zehn Millionen Euro pro Jahr in Deutschland. Vor vier Jahren hatten dies noch 34 Prozent der CFOs vor.